Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Maria Theresia, Die Kaiserin-Königin
Die Kaiserin-Königin Maria Theresia. Diese vortreffliche und große Monarchin war die älteste Tochter Kaiser Carls VI. und wurde i. J. 1717 geboren. Ihr Vater bestimmte ihr nach dem Verlust seines einzigen Sohnes alle seine Staaten, und hatte deßhalb schon früh eine Erbfolge-Ordnung errichtet, welche unter dem Namen der pragmatischen Sanction bekannt ist, und die er fast von ganz Europa, nicht ohne manche Mühe und Aufopferung, garantiren ließ; er hätte bedenken sollen, daß Staatsmacht und Armeen die beste Garantie derselben gewesen wären. Er starb 1740, und hinterließ die Oestreichische Macht durch Kriege geschwächt und in schlechten Finanzumständen. Bald sah sich Maria Theresia von allen Seiten angegriffen. Friedrich II. benutzte diese Gelegenheit i. J. 1741 und 1742, seine Ansprüche auf Schlesien geltend zu machen; und Baiern trat mit Unterstützung von Frankreich, welches letztere den Entwurf gemacht hatte, die Oestreichische Monarchie ganz zu zerstückeln, förmlich mit seinen Einsprüchen in die pragmatische Sanction auf: bald gesellten sich auch noch andre Mächte zu ihren Feinden; Maria Theresia kam in das äußerste Gedränge. Allein durch die eigne Standhaftigkeit ihres Geistes, durch die Liebe ihrer Unterthanen, endlich durch eine Geldhülfe von den Seemächten gelang es ihr, ihren Feinden Trotz zu bie-————
ten. Vorzüglich wurde sie von den Ungarn auf das edelste und thätigste unterstützt, in deren Arme sie sich warf, als sie 1741 in Wien nicht mehr sicher zu sein glaubte. Den jungen Joseph in dem Arm haltend, trat sie mit folgender (lateinisch gehaltener) Anrede unter sie: »verlassen von meinen Freunden, verfolgt von meinen Feinden, von meinen nächsten Anverwandten angefallen, bleibt mir nichts als eure Treue, eure Muth und meine Standhaftigkeit übrig. In eure Hände gebe ich die Tochter und den Sohn eurer Könige.« Von Enthusiasmus ergriffen, zogen die braven Ungarn ihre Säbel und riefen einstimmig aus: »Moriamur pro rege nostro Maria Theresia! (Wir wollen für unsre Königin Maria Theresia sterben!)« und sie hielten Wort. Der Krieg wider sie (über den man die Artikel Aachner Friede, Friedrich II. und Ludwig XV. nachzusehen hat) endigte sich im J. 1748 durch den Aachner Frieden, nach welchem es – den Verlust von Schlesien, welcher jedoch eigentlich keine Beziehung auf die pragmatische Sanction hat, und die Abtretung einiger Italiänischer Fürstenthümer an den Spanischen Infanten Philipp ausgenommen – völlig bei der pragmatischen Saction blieb, nach welcher sie die alleinige Erbin der Oestreichischen Monarchie ward. Auch hatte sie schon i. J. 1745 ihren Gemahl Franz, Großherzog von Toskana, mit dem sie sich i. J. 1736 vermählt
————
hatte, als Kaiser gekrönt gesehen. Nach dem Frieden war die Verbesserung und Beglückung ihrer Staaten ihr Hauptaugenmerk; sie machte mehrere treffliche Einrichtungen in Rücksicht auf die Justizpflege, das Militair und die Handlung, und lernte bald die Talente des großen Kaunitz erkennen, dem sie mit Recht so großen Antheil an ihrer Regierung gestattete. Aber nicht lange dauerte der Friede. Maria Theresia konnte den Verlust von Schlesien nicht vergessen: und Kannitz hatte nicht nur i. J. 1756 jenes merkwürdige Bündniß zwischen Frankreich und Oestreich – welche man von jeher nie anders denn als die heftigsten Feinde gesehen hatte – eingeleitet, das großten Theils durch die Hände der Pompadour ging (an welche Maria Theresia sich eigenhändig zu schreiben herabließ); sondern es wurden auch um eben die Zeit die geheimen Artikel der 1745 u. 1746 zwischen Oestreich und Sachsen geschlossenen Tractaten wider Preußen bekannt. Hierdurch wurde der berühmte siebenjährige Krieg veranlaßt, von welchem an seinem Orte mehr gesagt werden wird, und der sich i. J. 1763 mit dem Hubertsburger Frieden endigte. Von dieser Zeit an genoß Maria Theresia einer nur ganz kurze Zeit durch den Bayerschen Successionskrieg 1778 (s. diesen Artikel) unterbrochenen Ruhe; die wichtigste politische Unternehmung in dieser Periode, die Theilung von Pohlen (1773), welche sie zuerst veranlaßte,
————
ging ohne Schwertschlag von Statten. Sie hatte jetzt Zeit, für ihre Länder zu sorgen; und dieß that sie mit großer Einsicht und mit unermüdetem Eifer. Nachdem sie i. J. 1765 ihren Gemahl verloren hatte – seit dessen Tode sie so lange sie lebte in Trauer ging –, nahm sie bald Joseph II. welcher noch in demselben Jahre dem Vater in der Kaiserwürde folgte, zum Mitregenten ihrer Staaten an. Ihre Sorgfalt erstreckte sich über alle Zweige des Staatswohls, das sie in ihren Ländern gleichsam neu zu gründen suchte; und ihr Regiment war, wie Büsch sehr richtig bemerkt, das erste in dem Hause Oestreich, in welchem ernsthaft auf gute Staatswirthschaft gedacht worden ist. Auch die Wissenschaften wurden sehr von ihr begünstigt; der große van Switen war ihr Freund, und sie stiftete demselben ein besonderes Ehrendenkmahl. Sie war übrigens die eifrigste Katholikin: allein ihre Religiosität verblendete sie nicht gegen das Wohl ihrer Staaten; sie schaffte selbst unnütze Feiertage ab, und schränkte mehrere Mißbräuche der katholischen Kirche ein. Ueberhaupt fielen in ihre Regierung wichtige Revolution in der Römischen Kirche, unter andern die Aufhebung des Jesuiter-Ordens, in welche sie ebenfalls willigte. Ein Hauptzug ihres Charakters war endlich Mildthätigkeit gegen die Armen. Sie starb 1780.
ten. Vorzüglich wurde sie von den Ungarn auf das edelste und thätigste unterstützt, in deren Arme sie sich warf, als sie 1741 in Wien nicht mehr sicher zu sein glaubte. Den jungen Joseph in dem Arm haltend, trat sie mit folgender (lateinisch gehaltener) Anrede unter sie: »verlassen von meinen Freunden, verfolgt von meinen Feinden, von meinen nächsten Anverwandten angefallen, bleibt mir nichts als eure Treue, eure Muth und meine Standhaftigkeit übrig. In eure Hände gebe ich die Tochter und den Sohn eurer Könige.« Von Enthusiasmus ergriffen, zogen die braven Ungarn ihre Säbel und riefen einstimmig aus: »Moriamur pro rege nostro Maria Theresia! (Wir wollen für unsre Königin Maria Theresia sterben!)« und sie hielten Wort. Der Krieg wider sie (über den man die Artikel Aachner Friede, Friedrich II. und Ludwig XV. nachzusehen hat) endigte sich im J. 1748 durch den Aachner Frieden, nach welchem es – den Verlust von Schlesien, welcher jedoch eigentlich keine Beziehung auf die pragmatische Sanction hat, und die Abtretung einiger Italiänischer Fürstenthümer an den Spanischen Infanten Philipp ausgenommen – völlig bei der pragmatischen Saction blieb, nach welcher sie die alleinige Erbin der Oestreichischen Monarchie ward. Auch hatte sie schon i. J. 1745 ihren Gemahl Franz, Großherzog von Toskana, mit dem sie sich i. J. 1736 vermählt
————
hatte, als Kaiser gekrönt gesehen. Nach dem Frieden war die Verbesserung und Beglückung ihrer Staaten ihr Hauptaugenmerk; sie machte mehrere treffliche Einrichtungen in Rücksicht auf die Justizpflege, das Militair und die Handlung, und lernte bald die Talente des großen Kaunitz erkennen, dem sie mit Recht so großen Antheil an ihrer Regierung gestattete. Aber nicht lange dauerte der Friede. Maria Theresia konnte den Verlust von Schlesien nicht vergessen: und Kannitz hatte nicht nur i. J. 1756 jenes merkwürdige Bündniß zwischen Frankreich und Oestreich – welche man von jeher nie anders denn als die heftigsten Feinde gesehen hatte – eingeleitet, das großten Theils durch die Hände der Pompadour ging (an welche Maria Theresia sich eigenhändig zu schreiben herabließ); sondern es wurden auch um eben die Zeit die geheimen Artikel der 1745 u. 1746 zwischen Oestreich und Sachsen geschlossenen Tractaten wider Preußen bekannt. Hierdurch wurde der berühmte siebenjährige Krieg veranlaßt, von welchem an seinem Orte mehr gesagt werden wird, und der sich i. J. 1763 mit dem Hubertsburger Frieden endigte. Von dieser Zeit an genoß Maria Theresia einer nur ganz kurze Zeit durch den Bayerschen Successionskrieg 1778 (s. diesen Artikel) unterbrochenen Ruhe; die wichtigste politische Unternehmung in dieser Periode, die Theilung von Pohlen (1773), welche sie zuerst veranlaßte,
————
ging ohne Schwertschlag von Statten. Sie hatte jetzt Zeit, für ihre Länder zu sorgen; und dieß that sie mit großer Einsicht und mit unermüdetem Eifer. Nachdem sie i. J. 1765 ihren Gemahl verloren hatte – seit dessen Tode sie so lange sie lebte in Trauer ging –, nahm sie bald Joseph II. welcher noch in demselben Jahre dem Vater in der Kaiserwürde folgte, zum Mitregenten ihrer Staaten an. Ihre Sorgfalt erstreckte sich über alle Zweige des Staatswohls, das sie in ihren Ländern gleichsam neu zu gründen suchte; und ihr Regiment war, wie Büsch sehr richtig bemerkt, das erste in dem Hause Oestreich, in welchem ernsthaft auf gute Staatswirthschaft gedacht worden ist. Auch die Wissenschaften wurden sehr von ihr begünstigt; der große van Switen war ihr Freund, und sie stiftete demselben ein besonderes Ehrendenkmahl. Sie war übrigens die eifrigste Katholikin: allein ihre Religiosität verblendete sie nicht gegen das Wohl ihrer Staaten; sie schaffte selbst unnütze Feiertage ab, und schränkte mehrere Mißbräuche der katholischen Kirche ein. Ueberhaupt fielen in ihre Regierung wichtige Revolution in der Römischen Kirche, unter andern die Aufhebung des Jesuiter-Ordens, in welche sie ebenfalls willigte. Ein Hauptzug ihres Charakters war endlich Mildthätigkeit gegen die Armen. Sie starb 1780.