Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Maria
Maria, Königin von England, Tochter des Königs Heinrichs VIII. von dessen erster Gemahlin Catharina. Sie war nach dem Tode Eduards VI. (1553) die nächste Erbin der Krone. Allein ihre blinde Anhänglichkeit an die katholische Religion und der unauslöschliche Haß, mit dem sie jeden Protestanten verfolgte, hatte den protestantischen Eduard auf Betrieb des Herzogs von Northumberland veranlaßt, die Nachfolge einer entfernten Verwandtin, Johanna Gray, die sich durch Aufklärung und Gelehrsamkeit so wie durch einen vortrefflichen Charakter ausgezeichnete und selbst in der protestantischen Lehre erzogen worden war, durch ein Testament zu übertragen. Johanna wurde auch gleich nach seinem Tode zur Königin ausgerufen: allein der größte Theil des Reichs und die Armee selbst erklärten sich für Marien, deren Erbrecht näher und gegründeter war. Die unglückliche Johanna wurde nach wenigen Tagen entthront; und Maria ging in ihrer Rachsucht so weit, daß sie die unglückliche Königin nebst ihrem Gemahl und Vater, den Herzog, und mehrere ihrer Anhänger 1554 öffentlich enthaupten ließ. Dieß waren jedoch nicht die einzigen Schlachtopfer, die während ihrer Regierung fielen; sie verdammte, aufgehetzt durch den blutdürstigen und bigotten Bischof und Großkanzler, Stephan Gardiner, der sie ganz beherrschte,————
zahllose Protestanten zum Tode. Ueberall rauchten Scheiterhaufen; sogar der edle Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, der merkwürdigste unter den Reformatoren der Englischen Kirche, mußte 1556 den Scheiterhaufen besteigen. Die meisten Protestanten gingen als Märtirer mit unerschütterlicher Standhaftigkeit dem Tode entgegen. Das Reich wurde entvölkert, und der innere Wohlstand sank tief herab. Im J. 1554 vermählte sie sich mit Philipp II. Erbprinzen und nachherigen König von Spanien: eine Heirath, die dem Reiche sehr nachtheilig ward; denn Philipp verwickelte England 1557 in einen Krieg gegen Frankreich, in welchem die letzten Englischen Besitzungen in diesem Lande, unter diesen Calais (1558), gänzlich verloren gingen, und zugleich der große Einfluß, den England seit Jahrhunderten in jenem Lande behauptet hatte, auf einmahl wegfiel. Marie, die schon sein einiger Zeit kränklich war, zog sich den Verlust von Calais so zu Herzen, daß sie bald darauf starb (1558), worauf Elisabeth, die eifrigste Beschützerin der Protestanten, den Thron bestieg. Es hätte jedoch wenig gefehlt, so wäre Elisabeth selbst von Marien zum Tode verurtheilt worden; und nur Philipp, der bei der zunehmenden Schwäche seiner Gemahlin schon damahls den Vorsatz gefaßt hatte, Elisabeth dereinst seine Hand anzutragen, hielt den tödtlichen Streich von ihr ab. Hume lobt nichts an Marien als
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ihre Aufrichtigkeit und Entschlossenheit.
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