Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Marcellus, Marcus Claudius
Marcus Claudius Marcellus, einer der berühmtesten römischen Feldherren, merkwürdig durch seine Kämpfe gegen Hannibal im 2ten punischen Kriege. Schon in dem Kriege gegen die Gallier (im J. N. 531) zeigte er den höchsten Grad von Muth und Tapferkeit, indem er den einen Anführer, Viridomarus in einem Zweikampfe erlegte, wodurch die Gallier in die Flucht geschlagen und die gänzliche Bezwingung von Ober- Italien bewirkt wurde: ihm ward dafür die Ehre eines außerordentlichen Triumphs. In dem bald darauf ausgebrochenen zweiten punischen Kriege erhielt, nach der unglücklichen Schlacht bei Cannä, Marcellus als Prätor das Commando. Er warf sich mit außerordentlicher Schnelle in die Festung Nola, welche nun Hannibal zwar angriff, aber durch einen unerwarteten Ausfall mit großem Verlust zuruckgeschlagen wurde. Den Marcellus verlangte nun zwar das Volk wieder zum Consul, allein da die Auguren seine Wahl wegen eines ausgebrochenen Gewitters für ungültig erklärten, so schlug er freiwillig die angeborene Ehrenstelle aus, blieb zu Nota, und schlug bald darauf, als er für besser fand, ins Freie herauszurucken, in einer Hauptschlacht den Hannibal aufs neue. Dieselbe Ehre gegen Carthagos Feldherrn erwarb er sich im folgenden Jahre (539), wo er dennoch zum Consul mit dem berühmten Fabius Maximus Cunctator erwählt worden————
war. Bald ging er nun nach dem als Provinz erhaltenen Sicilien und machte sich hier durch die Belagerung und endliche Eroberung von Syrakus wieder aufs neue berühmt. Anfangs zwar durch die vom Archimedes (s. d. Art.) erfundenen Werkzeuge und Maschinen, wodurch alle Versuche und Belagerungswerkzeuge der Römer zurückgeschlagen und zerschmettert wurden, gehemmt, sah sich Marcellus genöthigt, die Belagerung in eine bloße Blokade zu verwandeln; allein durch List gelang es ihm endlich, durch einen Soldaten auf die Niedrigkeit einer Mauer aufmerksam gemacht, an einem der Feste der Diana in Syrakus, wo unter das Volk viel Wein ausgetheilt wurde, und die Syrakuser schläfrig geworden waren, in der Nacht die Mauern an mehreren Orten zu ersteigen. Ein Theil der Stadt wurde, ehe es die Syrakuser merkten, eingenommen, und da Marcellus die Stadt zu schonen wünschte, so ließ er die übrigen Theile zur Uebergabe auffordern. Halsstarrig genug verweigerten sie diese, und obgleich Himilco, Hippokrates, und kurz darauf auch Bomilcar zum Entsatz kamen, so wurden doch alle zuruckgeschlagen; eine Pest brachte das Unglück der Belagerten aufs höchste; innere Meuterei ließ es nicht zu Unterhandlungen kommen, die aber endlich doch ingeheim durch einen der Anführer mit den Römern angesponnen, diesen die Thore geöffnet und die Truppen nun eingelassen wurden. Es kam zur Plünderung,
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und trotz der Befehle des menschlichen Feldherrn, konnten doch die ergrimmten Soldaten nicht ganz vom Mord zurückgehalten werden. So traf dies Schicksal auch den großen Archimedes (s. d. Art.) zum höchsten Bedauern des Marcellus, der ihm ein sehr feierliches Leichenbegängniß halten ließ. Nach mehreren Eroberungen und Siegen über die Karthager, kehrte Marcellus nach Rom zurück. Im J. 543 aufs neue zum Consul erhoben, sollte er wieder das Commando in Sicilien erhalten: die Syrakuser, von seinen Feinden aufgehetzt, kamen darwider ein, indem sie sich über Marcellus Grausamkeit beschwerten; dieser vertauschte nun zwar die Provinz, allein bald bereuten die Syrakuser ihr Unrecht, baten den Consul um Verzeihung, und er verzieh ihnen großmüthig, ja er verwendete sich sogar, daß sie in ihre alte Freiheit eingesetzt und zu Bundesgenossen der Römer erklärt wurden. Dankbar erklärten sich nun die Syrakuser für Clienten des Marcellischen Hauses und faßten einen Beschluß, daß so oft einer aus dieser Familie Sicilien betreten würde, sie mit Kränzen bekrönt, den Göttern opfern wollten. Jetzt führte er nun wieder aufs neue gegen Hannibal in Italien den Krieg; mit Glück wurde auch dieser meistentheils und unter Eroberung mehrerer Städte geführt; und als im folgenden Jahre Marcellus als Proconsul die blutige Schlacht bei Cannsium gegen Hannibal verlor, so griff er den Morgen darauf
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dennoch aufs neue an, und schlug, freilich mit vielem Verluste, den Feind in die Flucht. Endlich zum fünften Male Consul, fand er doch im J. R. 545 in einem abermaligen Treffen, wo er aus einem Hinterhalte plötzlich von den Feinden überrascht wurde, seinen Tod; und er, der einzige von Hannibal wirklich gefürchtete Feldherr, der auch das Schwert Roms genannt wurde, flößte dem Hannibal eine solche Achtung ein, daß dieser sogleich bei der Nachricht seines Todes hineilte, ihm den Ring vom Finger zog, und dann unter den größten Ehrenbezeugungen den Körper verbrennen, die Asche aber in einer kostbaren Urne dem Sohne überbringen ließ.
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Ansicht: Marcellus, Marcus Claudius