Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Liefland
Das Herzogthum Liefland, ein an Gras und Getreide sehr fruchtbares Land, gränzt gegen Morgen an Ingermanland, gegen Abend an die Ostsee, gegen Mittag an Litthauen und Samogitien, gegen Mitternacht an den Finnischen Meerbusen, und besteht, in dem weitern Sinne des Worts, aus zwei Landschaften, Liefland und Esthland, daher es auch 1783 in die beiden Russischen (es gehört jetzt Rußland) Statthalterschaften Riga und Reval verwandelt wurde, wovon die erste Liefland, die zweite Esthland begreift. In den frühesten Zeiten war das Land mit Finnen (zu welchem Stamme auch Esthen und Liven gehörten) und mit Letten besetzt, die man wie Litthauer und Preußen als einen der halbwilden Zweige des Slavischen Stammes ansehen kann. Bremische Kaufleute, die nach Wisby auf Gothland, einem damahls sehr berühmten Handelsplatz, schiffen wollten, wurden 1158 vom Sturm nach der Küste getrieben, wo sich die Düna ins Meer ergießt. Sie fingen an, mit den dortigen Wilden zu handeln, und suchten auch die christliche Religion unter ihnen auszubreiten, indem sie Bischöfe einsetzten, die das Christenthum mit den Waffen auszubreiten suchten. Allein erst der dritte Bischof, Albrecht, der mit einem neuen Zuge von Kreuzfahrern nach der Düna kam, legte einen sichern Grund. Er erbaute i. J. 1200 Riga, verlegte den Sitz————
seines Bisthums dahin, und stiftete i. J. 1201 den Orden der Schwertritter. Um den Wilden, die sich verzweiflungsvoll wehrten, gewachsen zu sein, vereinigten sich diese Ritter i. J. 1237 mit den Deutschherren. Beide Orden standen seitdem unter Einem Oberhaupt; aber Liefland behielt doch unter seinem Heermeister seine besondre Regierung, und machte auch für sich seine eignen Erwerbungen. Sie eroberten so unter einem steten hartnäckigen Kampf mit Russen und Litthauern und den alten Landeseinwohnern Curland und Semgallien, und kauften 1347 Esthland, welches die Dänen i. J. 1219 erobert hatten, vom König von Dännemark. Seit aber der Orden nun auch Esthland vollends erworben, so führte er ein so schweres, drückendes Regiment im Lande, daß selbst die Geistlichkeit sich vielfältig darüber beschwerte. Im Jahr 1521 trennte sich der Liefländische Heermeister vom Deutschen Orden: und als sich unter Iwan Wasiljewitsch II. die Russische Macht nach Nordwesten hin mächtig zu verbreiten suchte; so kam Esthland endlich unter Schwedischen Schutz, und Liefland vereinigte sich mit Pohlen (Curland nebst Semgallien ward ein eignes Pohlnisches Lehen-Fürstenthum). Nach lange dauernden abwechselnden Kriegen zwischen Pohlen, Schweden und Rußland, wobei es fast immer auch dem Besitze dieses Landes gegolten, kam Schweden 1660 endlich zum Besitz von Lief-
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land, und behielt demnach diese schöne Provinz bis zu dem für Rußland so ehrenvollen Nystädter Frieden, durch den sie gegen zwei Millionen Rubel an Rußland abgetreten wurde.
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*Liefland – Ueber die unglückliche Lage der Leibeignen in Lief- und Ehstland und die Versuche, sie abzuschaffen, s. m. den Art. Ehstland in d. N.
Das Herzogthum Liefland, ein an Gras und Getreide sehr fruchtbares Land, gränzt gegen Morgen an Ingermanland, gegen Abend an die Ostsee, gegen Mittag an Litthauen und Samogitien, gegen Mitternacht an den Finnischen Meerbusen, und besteht, in dem weitern Sinne des Worts, aus zwei Landschaften, Liefland und Esthland, daher es auch 1783 in die beiden Russischen (es gehört jetzt Rußland) Statthalterschaften Riga und Reval verwandelt wurde, wovon die erste Liefland, die zweite Esthland begreift. In den frühesten Zeiten war das Land mit Finnen (zu welchem Stamme auch Esthen und Liven gehörten) und mit Letten besetzt, die man wie Litthauer und Preußen als einen der halbwilden Zweige des Slavischen Stammes ansehen kann. Bremische Kaufleute, die nach Wisby auf Gothland, einem damahls sehr berühmten Handelsplatz, schiffen wollten, wurden 1158 vom Sturm nach der Küste getrieben, wo sich die Düna ins Meer ergießt. Sie fingen an, mit den dortigen Wilden zu handeln, und suchten auch die christliche Religion unter ihnen auszubreiten, indem sie Bischöfe einsetzten, die das Christenthum mit den Waffen auszubreiten suchten. Allein erst der dritte Bischof, Albrecht, der mit einem neuen Zuge von Kreuzfahrern nach der Düna kam, legte einen sichern Grund. Er erbaute i. J. 1200 Riga, verlegte den Sitz————
seines Bisthums dahin, und stiftete i. J. 1201 den Orden der Schwertritter. Um den Wilden, die sich verzweiflungsvoll wehrten, gewachsen zu sein, vereinigten sich diese Ritter i. J. 1237 mit den Deutschherren. Beide Orden standen seitdem unter Einem Oberhaupt; aber Liefland behielt doch unter seinem Heermeister seine besondre Regierung, und machte auch für sich seine eignen Erwerbungen. Sie eroberten so unter einem steten hartnäckigen Kampf mit Russen und Litthauern und den alten Landeseinwohnern Curland und Semgallien, und kauften 1347 Esthland, welches die Dänen i. J. 1219 erobert hatten, vom König von Dännemark. Seit aber der Orden nun auch Esthland vollends erworben, so führte er ein so schweres, drückendes Regiment im Lande, daß selbst die Geistlichkeit sich vielfältig darüber beschwerte. Im Jahr 1521 trennte sich der Liefländische Heermeister vom Deutschen Orden: und als sich unter Iwan Wasiljewitsch II. die Russische Macht nach Nordwesten hin mächtig zu verbreiten suchte; so kam Esthland endlich unter Schwedischen Schutz, und Liefland vereinigte sich mit Pohlen (Curland nebst Semgallien ward ein eignes Pohlnisches Lehen-Fürstenthum). Nach lange dauernden abwechselnden Kriegen zwischen Pohlen, Schweden und Rußland, wobei es fast immer auch dem Besitze dieses Landes gegolten, kam Schweden 1660 endlich zum Besitz von Lief-
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land, und behielt demnach diese schöne Provinz bis zu dem für Rußland so ehrenvollen Nystädter Frieden, durch den sie gegen zwei Millionen Rubel an Rußland abgetreten wurde.
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*Liefland – Ueber die unglückliche Lage der Leibeignen in Lief- und Ehstland und die Versuche, sie abzuschaffen, s. m. den Art. Ehstland in d. N.