Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Leipzig
Leipzig, eine der wichtigsten Deutschen Handelsstädte und Universitäten, in Chursachsen, und zwar im Leipziger Kreise, in einer schönen Ebene an der Pleiße gelegen. Bis zu Anfang des 16. Jahrhunderts führte sie von den Sorben-Wenden, einer Slavischen Nation, welche zuerst das Land zwischen der Elbe und Saale anbauten, den Slavischen Namen Lipzk, welcher einen Lindenhain bezeichnet; auch sind noch jetzt zwischen der Stadt und Vorstadt die schönsten Linden-Alleen. Im 15. Jahrhunderte wurde Leipzig, welches an sich keine günstige Lage zum Handel hat, durch ein Zusammentreffen mehrerer günstiger Umstände eine Handelsstadt (seit 1337 war es schon eine Handels- Niederlage), und nahm in einer directen Verbindung mit Augsburg und Nürnberg an Venedigs unermeßlichen Geschäften Antheil; der innere Handel, welcher gegenwärtig so hoch gestiegen ist, konnte jedoch damahls nur schwach sein. Gegenwärtig kann der jährliche Meßhandel von Leipzig, wo drei Messen gehalten werden, unter denen die Oster- und Michaelismesse die wichtigsten sind, nach Hungarʼs (s. dessen Denkwürdigkeiten zur Finanz Geschichte von Sachsen) Berechnung auf die runde Summe von 18 Millionen Thaler angeschlagen werden. Ein Hauptzweig des Leipziger Handels ist der Buchhandel, der sich fast ganz hier concentrirt. Zwar stehen die Manufacturen————
in Leipzig nicht im Verhältniß mit der Größe des dasigen Handels, doch giebt es mehrere Fabriken von Bedeutung daselbst. Man verfertigt hier Sammt, seidne und halbseidne Waren, Spielkarten, Tapeten, Leder, Tobak, Wachs-Leinewand, Stickereien u. s. f. – Die i. J. 1409 von Friedrich dem Streitbaren, auf Veranlassung der Unruhen auf der Universität zu Prag, gestiftete Akademie behauptet bis jetzt den Ruf einer der ersten Akademien in Deutschland. Man hat der Leipziger Universität den Vorwurf gemacht, daß es daselbst zu viel Zerstreuungen und Vergnügen gebe: allein auf der einen Seite hat Kästner, welcher aus Leipzig ist, und gegen den man einst das nehmliche äußerte, denselben vortrefflich durch die Worte beantwortet: »on y en peut avoir, man kann deren daselbst haben;« auf der andern trägt eben dieses, so wie überhaupt die große Menge gebildeter Leute, mit denen der Student in Verbindung kommt, dazu bei, seine Sitten zu bilden und ihn vor dem Egoism und der Einseitigkeit zu bewahren, wozu er auf andern Universitäten, wo er isolirt ist, leicht verleitet werden kann. – Die Zahl der Einwohner belief sich i. J. 1789 (nach Hungar a. a. D.) auf 28,250; jetzt beläuft sie sich höher, und nach der neuesten Schrift über Leipzig (Geschichte und Beschreibung von Leipzig für Fremde und Reisende) war im Oct. 1795 die Volksmenge 31,152. Hierbei ist bemerkens-
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werth, daß Leipzig nicht nur unter den Sächsischen Städten, sondern nach den Süßemilchischen Tabellen auch gegen andre große Städte Europens die größte Mortalität hat. Eine Hauptursache hiervon ist ohne Zweifel die auf einem so kleinen Raum (denn Leipzig ist nichts weniger als groß) zusammengedrängte Menschenzahl, die überdieß in den beiden Messen ungeheuer vermehrt wird; in dieser Rücksicht wäre es vielleicht gut, nach und nach eine Art von Neustadt anzulegen. Eine andere mit der ersten zum Theil zusammenhängende Ursache, die ungesunde Lage, ist seit mehrern Jahren durch die vortrefflichen Englischen Anlagen sehr vermindert worden, welche, so wie mehrere Verschönerungen und Verbesserungen, Leipzig dem dasigen Bürgermeister, dem H. G. K. R. Müller verdankt, und wodurch die Luft ungemein verbessert worden ist. Uebrigens zeichnet sich Leipzig vor vielen volkreichen Städten durch eine gewisse unverkennbare Wohlhabenheit aus, die sich über alle Stände verbreitet, wozu außer der eignen Industrie der Einwohner vorzüglich der Handel und die Messen beitragen; nur den Leipziger Armen würde der Verfasser Hamburgs Armenanstalten wünschen, welche sich von den gewöhnlichen Anstalten dieser Art dadurch unterscheiden, daß diese die Armen zwar zu Tode füttern, jene hingegen unmittelbar auf die Vertilgung des Armuths und die Veredlung der Armen zu thätigen
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Menschen hinarbeiten. – Unter Leipzigs gemeinnützigen Anstalten zeichne ich hier bloß die Zeichnungs-, Mahlerei- und Architectur-Akademie (an deren Spitze der berühmte Oeser steht, der sich noch unlängst durch seine Gemählde in der neuerbauten Nicolaikirche verewigt hat), das Taubstummen-Institut (in welchem, nach Heinickens Tode, jetzt Herr A. F. Petschke Unterricht ertheilt), die unlängst errichtete Bürgerschule und Sternwarte, und das ebenfalls vor kurzen etablirte Museum des Herrn Beigang aus, wo man alle Deutsche und ausländische Zeitungen und Journale, nebst einer sehr beträchtlichen Bibliothek zum Gebrauch findet; schade, daß das schöne Winklersche Gemählde-Cabinet jetzt einzeln verkauft wird! – Auch in der Nähe von Leipzig giebt es viele angenehme Oerter und Sehenswürdigkeiten; von den erstern führe ich hier nur den Englischen Garten in Machern, und von den letztern das durch Tillyʼs Niederlage berühmte Schlachtfeld bei Breitenfeld und das Schlachtfeld bei Lützen (s. Gustav Adolph) an.
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*Leipzig, dessen Einwohnerzahl jetzt auf 36,000 gesetzt wird, und das allerdings dem für alles Gute und Schöne so thätigen und verdienstvollen, leider aber schon im J. 1801 (28. Febr.) verstorbenen unvergeßlichen Müller (geh. Kriegsrath und ersten Bürgermeister) so viele trefliche gemeinnützige Anstalten verdankt, hat auch den Wunsch, welcher im Art. selbst in Betreff einer Armen-Anstalt ausgesprochen worden, nun im J. 1803 in Erfüllung gehen sehen. Gewiß würde diese Anstalt, deren Beförderung zwar schon jetzt glückliche Fortschritte gemacht, und durch die ansehnlichsten Beiträge und durch beträchtliche Vermächtnisse große Unterstützung erhalten hat, ihrem Endzwecke noch weit näher gekommen sein, wenn nicht die jetzigen Verhältnisse, die so manches Gute unterbrochen haben, auch hier in gewisser Hinsicht ihren wichtigen Einfluß zeigten! – Um den Anschein jeder Lobpreisungen zu vermeiden, darf man, ohne weiteres Wortgepränge, hier wenigstens noch des treflichen Concert- und Ball-Saales (beide mit Gemälden von Oesers Meisterhand geziert) im Gewandhause; der eben daselbst befindlichen sehr schönen und reichlich ausgestatteten Raths, sowohl als im sogenannten Paulinum befindlichen Universitäts-Bibliothek; ferner der vielen neuerlich so schön aufgeführten Gebäude (worunter das jetzige Universitäts-Gebäude
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einen sehr ausgezeichneten Platz behauptet), auch unter den Schulanstalten der so löblichen Freischule (seit 1792 gestiftet); dann des neuerlich, seit 1797 so zweckmäßig eingerichteten Lazareths oder Jakobshospitals, mit welchem zugleich ein klinisches Institut verbunden ist; der durch sogenannte Reverberes vervollkommneten Beleuchtung der Stadt, nicht minder der vielfachen hier befindlichen Manufakturen und Fabriken (unter denen die schon von Alters her so berühmte Breitkopfische, jetzt Breitkopf-Härtelsche, Buch- und Musikhandlung durch die wichtigsten Schriftgießereien, durch Buch-Noten-Kupfer- und Stein-Druck, nicht minder durch eine neuerlich angelegte vorzügliche Instrumenten-Fabrik, ingleichen die Rostische Kunstmanufaktur sich rühmlichst auszeichnen), endlich des physikalischen Magazins des M. Taubers – Erwähnung thun.
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Ansicht: Leipzig