Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Justinianus, Flavius Anicius
Flavius Anicius Justinianus, Kaiser des Griechisch- Römischen Reichs, war 482 zu Taurisium in Illyrien geboren Er gelangte, nachdem er von seinem Großonkel, dem Kaiser Justin, 527 zum Mitregenten angenommen worden war, noch in dem nehmlichen Jahre durch dessen Tob zu dem alleinigen Besitz der Krone, und regierte bis 565. Die Nachwelt giebt ihm den Beinamen des Großen, den er aber in vieler Rucksicht nicht verdient. Er war zwar nicht ohne Einsichten und Kenntnisse; er verschaffte seinem Staat eine ganz neue, für die damahligen Zeiten musterhafte Gesetzgebung (s. Corpus Juris), beförderte Künste und Wissenschaften; er bezwang überdieß die Vandalen, die in Afrika ein weitläuftiges Reich gestiftet hatten, vertrieb die Gothen aus ganz Italien, und erweiterte dadurch die Gränzen des Reichs mehr als alle seine Nachfolger es im Stande waren: allein die wenigsten dieser großen Thaten vollführte er selbst. Die Gesetzreform wurde größten Theils durch Rechtsgelehrte besorgt; und nicht Justinian, sondern seine trefflichen Feldherren, Narses und Belisarius, deren Letztern er sogar mit dem schwärzesten Undank belohnte (s. Belisarius), gewannen jene blutigen Schlachten, durch die sein wankender Thron neue Stärke bekam. Er selbst besaß einen gränzenlosen Ehrgeitz, erschöpfte sein Land durch großen Aufwand, räumte der Geist-————
lichkeit zu große Vorrechte ein, durch die sie bald dem Staate gefährlich zu werden anfing, und zeigte überhaupt bei mehrern Gelegenheiten einen kleinlichen Geist. Endlich verleitete ihn seine allzuheftige Liebe zur Theodora, einer ausschweifenden Schauspielerin, die er zur Gemahlin nahm, zu vielen Thorheiten; sie beherrschte ihn ganz, nahm an allen Regierungsgeschäften Theil, und wurde selbst zur Mitregentin erwählt. Um ihre Herrschaft bei den Frauenzimmern in lebhaftem Andenken zu erhalten, stiftete sie viele Vorrechte des weiblichen Geschlechts, die wir noch in ihres Gemahls Gesetzbuche finden.
Flavius Anicius Justinianus, Kaiser des Griechisch- Römischen Reichs, war 482 zu Taurisium in Illyrien geboren Er gelangte, nachdem er von seinem Großonkel, dem Kaiser Justin, 527 zum Mitregenten angenommen worden war, noch in dem nehmlichen Jahre durch dessen Tob zu dem alleinigen Besitz der Krone, und regierte bis 565. Die Nachwelt giebt ihm den Beinamen des Großen, den er aber in vieler Rucksicht nicht verdient. Er war zwar nicht ohne Einsichten und Kenntnisse; er verschaffte seinem Staat eine ganz neue, für die damahligen Zeiten musterhafte Gesetzgebung (s. Corpus Juris), beförderte Künste und Wissenschaften; er bezwang überdieß die Vandalen, die in Afrika ein weitläuftiges Reich gestiftet hatten, vertrieb die Gothen aus ganz Italien, und erweiterte dadurch die Gränzen des Reichs mehr als alle seine Nachfolger es im Stande waren: allein die wenigsten dieser großen Thaten vollführte er selbst. Die Gesetzreform wurde größten Theils durch Rechtsgelehrte besorgt; und nicht Justinian, sondern seine trefflichen Feldherren, Narses und Belisarius, deren Letztern er sogar mit dem schwärzesten Undank belohnte (s. Belisarius), gewannen jene blutigen Schlachten, durch die sein wankender Thron neue Stärke bekam. Er selbst besaß einen gränzenlosen Ehrgeitz, erschöpfte sein Land durch großen Aufwand, räumte der Geist-————
lichkeit zu große Vorrechte ein, durch die sie bald dem Staate gefährlich zu werden anfing, und zeigte überhaupt bei mehrern Gelegenheiten einen kleinlichen Geist. Endlich verleitete ihn seine allzuheftige Liebe zur Theodora, einer ausschweifenden Schauspielerin, die er zur Gemahlin nahm, zu vielen Thorheiten; sie beherrschte ihn ganz, nahm an allen Regierungsgeschäften Theil, und wurde selbst zur Mitregentin erwählt. Um ihre Herrschaft bei den Frauenzimmern in lebhaftem Andenken zu erhalten, stiftete sie viele Vorrechte des weiblichen Geschlechts, die wir noch in ihres Gemahls Gesetzbuche finden.