Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Jourdan
Der General Jourdan ist aus Limoges gebürtig, und war schon unter Robespierre Befehlshaber der Nordarmee. Ob er gleich einmahl das Unglück hatte, diesem Demagogen zu mißfallen, so entging er doch der Guillotine, welche größten Theils das endliche Schicksal der abgesetzten Generale war. Er gewann im Juni 1794 die berühmte Schlacht bei Fleurus, und wurde dadurch Herr von den Niederlanden. Nachdem Pichegrü das Commando bei der Rheinarmee aufgegeben hatte, kam er an seine Stelle, und unternahm im Sommer 1796 den berühmten Ueberfall am rechten Rheinfer, wodurch er sich in den Besitz der meisten Herrschaften des Fränkischen Kreises setzte und bis Böhmen vorzudringen drohte. Dieses Unternehmen wurde bekanntlich durch die Tapferkeit der Oestreichischen Armeen, welche der Erzherzog Carl anführte, vereitelt, und Jourdan zu einem Rückzuge genöthigt, welcher für ihn selbst die üble Folge hatte, daß Bournonville an seiner Stelle das Commando übernehmen mußte. Jourdan besaß das volle Zutrauen seiner Soldaten, und war im Siege eben so bescheiden als standhaft im Mißgeschick. Die gänzliche Indisciplin, die bei seiner Armee eingerissen war, veranlaßte die Greuelthaten, welche diesen Rückzug der Franken bezeichneten; und Jourdan vermochte es nicht, die Bedrängten durch sein Ansehen vor der————
Wuth der Soldaten zu schützen. Er rechtfertigte in Paris sein Betragen, trat vom Kriegsschauplatze ab, und kehrte nach Limoges, seiner Vaterstadt, in den Privatstand zurück.
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Jourdan. Dieser schändliche Bösewicht erhielt wegen der unzähligen Mordthaten, die er mit der schamlosesten Kaltblütigkeit beging, den Beinamen des Kopfabhauers. Er hatte eigentlich das Schmiedehandwerk erlernt; nebenbei machte er aber auch den Schleichhändler mit verbotenen Waren, und trieb diese Geschäfte so lange, bis der völlige Ausbruch der Revolution in Paris (am 14. Juli 1789) ihm eine neue Laufbahn eröffnete, welche in Rauben und Morden bestand. Bei dem Aufruhr in Versailles am 5. und 6. Oct. 1789 zeigte er sich vorzüglich thätig, und spielte unter den gedungenen Meuchelmördern, welche so grausam gegen die Leibwache des Königs wütheten, eine vorzügliche Rolle. In Paris konnte er während des Jahrs 1790 seiner Mordbegier keine neuen Opfer bringen, weil die öffentliche Ruhe damahls so ziemlich gesichert war; er ging deßwegen das darauf folgende Jahr in die Grafschaft Avignon, wo sich eine Armee aus Räubern und anderm verworfenen Gesindel gebildet hatte, welche in der Gegend umher ungeschent mordete und plünderte. Jourdan ward bald der Anführer dieser Buben; und nun verging kein Tag, an welchem er sich nicht mit Blut besudelt und die Verwünschungen und den Abscheu aller Rechtschaffnen auf sich gezogen hätte. Unter dem Vorwande, die Aristokraten in Avignon zu züch-
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tigen, ließ er eine Menge Menschen einkerkern; und da die aufs äußerste gebrachten Einwohner einen seiner Mitgenossen, einen gewissen Lecüyer, ihrer gerechten Rache aufopferten, die Gefangnen umbringen und bald entseelt in ein unterirdisches Loch, die Eisgrube genannt, werfen, um den Manen seines Freundes ein Todtenopfer zu bringen. Umsonst flehten die bedrängten Einwohner bei der National-Versammlung um Hülfe gegen die Räuber. Die Jacobiner hatten ihre Gründe, warum sie die Schandthaten nicht bestraft wissen wollten; und selbst Männer wie Brissot und Vergniaud schämten sich nicht, ihnen beizustimmen. Eine allgemeine Amnestie, welche nach der Vereinigung der Grafschaften Avignon und Venaissin mit Frankreich bekannt gemacht wurde, befreite die Unmenschen von aller Strafe, und verschaffte dem Jourdan sogar die Ehre eines Bürger-Generals. Mit einem Lorberzweig bekränzt, zog er in Avignon ein, um sich zu neuen Schandthaten vorzubereiten. Im Jahre 1793 war er einer der Anführer der Revolutionsarmee, welche im Innern von Frankreich die Contrerevolutionairs aufspüren sollte, und bei dieser Gelegenheit das ganze Land mit Leichen und Trauer erfüllte. Aber in dem darauf folgenden Jahre wurde er endlich selbst durch die Guillotine hingerichtet (am 27. Mai 1794, zu Paris), vielleicht weil sich seine eignen Genossen vor ihm zu füchten anfingen. – Die Nachricht, daß ein
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Anderer gleiches Namens guillotinirt worden sei, und der Kopfabschneider Jourdan noch lebe, hat sich zum Glück für die Frankreicher nicht bestätigt; – er hieß Jouve.
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*Der General (Jean Baptiste) Jourdan, welcher 1762 zu Limoges geboren und eigentlich der Sohn eines Chirurgus war, blieb (um den Art. Th. II. S. 278 vollständig zu machen) nicht lange in seiner Vaterstadt im Ruhestand. Schon im März 1797 wurde er von dem Departement von Haute-Vienne zum Mitglied des Raths der Fünfhundert gewählt, und bei seinem Eintritt mit lautem Beifall empfangen. Unveränderlich fest hielt er an der Republik; zweimal wurde er zum Präsidenten des Raths der Fünfhundert erwählt, und machte sich auch als solcher um die Republik hochverdient: Er brachte auch das berühmte Gesetz der Conscription in Vorschlag. Bald wurde er durch ein Decret des Directoriums zum Befehlshaber der Maynzer Armee ernannt, welche nach dem Oberrhein sich hinziehen sollte. Jourdan ging (d. 1. März 1799) über den Rhein, drang in Schwaben ein, griff den Erzherzog Carl an, wurde aber den 25. März bei Stockach geschlagen, und mußte sich zurückziehen. Am 10. April wurde er durch Massena abgelöst. Jourdan, welchem das Directorium die verschiedenen Unfälle, welche in der Zeit Frankreich in ziemlich mißliche Lagen versetzt hatten, zur Last legen wollte, kam selbst nach Paris, um sich über das Directorium zu beschweren: er richtete zwar nicht viel aus, wurde aber wieder zum Mitglied des Raths der 500 erwählt.
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– Nach der großen Revolution vom 18. Brumaire (9. Nov.) ward er im Juli 1800 zu diplomatischen Geschäften in Piemont, 1802 als Staatsrath und in der Folge, 1803, wieder als Chef zur italiänischen Armee berufen, wo er dann, im folgenden Jahre zum Reichsmarschall ernannt, dem Staate sich aufs neue durch seine eifrigen Dienste wichtig machte.
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