Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Johanniterritter, Die
Die Johanniterritter, welche sich von jeher durch Tapferkeit, Mäßigkeit und Tugenden allgemeine Verehrung erworben haben, und noch jetzt den berühmtesten weltlichen Ritterorden ausmachen, sind im gelobten Lande bei Gelegenheit der Wallfahrten nach dem heiligen Grabe entstanden. Es legten nehmlich im eilften Jahrhundert Kaufleute aus Amalfi in Neapel eine Kirche zu Jerusalem an, und hauten daselbst auch ein Mönchskloster, das sie Johannes dem Täufer widmeten. Die Mönche, die den Namen Johanniter oder Hospitalbrüder führten, waren verpflichtet, Wallfahrende, Kranke und Arme zu verpflegen. Dieser geistliche Orden erhielt bald viel Ländereien, und wurde zu Anfang des zwölften Jahrhunderts von dem Ordensmeister Raymund du Puy mit Beibehaltung des Mönchsordens zu einem weltlichen oder Ritterorden gemacht, dessen Pflichten außer dem Gelübde des Gehorsams, der Keuschheit und der Armuth, noch in der Vertheidigung der Kirche gegen die Ungläubigen bestehen sollten. Auch theilte Raymund die Ritter in drei Classen, in Ritter (die die Waffen führen sollten), Capellane (die Geistlichen) und Serventi dʼArmi oder Waffenträger (Verpfleger der Pilgrimme). Der Orden hielt sich lange Zeit gegen die Waffen der Saracenen und Türken, wurde aber zu Ende des zwölften Jahrhunderts aus Palästina vertrieben. Er eroberte Cypern,————
verlor es aber wieder, und setzte sich zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts auf der Insel Rhodus fest, die er über zwei hundert Jahre behauptete. Endlich vertrieb aber der Türkische Sultan Soliman II. die Rhodiserritter (so nannte sich damahls ihre Gesellschaft) nach tapferin Widerstande (1522); und sie irrten in verschiedenen Ländern umher, bis ihnen Carl V. 1529 die Insel Maltha, nebst den kleinen Insein Gozzo und Comino, eigenthümlich unter der Bedingung eines beständigen Krieges gegen die Ungläubigen und Seeräuber überließ. Sie setzen den Krieg noch jetzt zur See fort, und sie haben sich nur durch Tapferkeit in verschiedenen heftigen Streitigkeiten mit der Pforte vom Untergange gerettet; im Jahr 1760 wären sie jedoch ohne Französische Vermittelung von den Türken vielleicht ganz bezwungen worden. Jetzt halten sie diese für sehr unbedeutende Feinde, und ihre Streitigkeiten zur See sind nicht selten wahre Spiegelgefechte; auch beobachten die Johanniterritter die ihnen gegebene Vorschrift, wenigstens dreimahl in ihrem Leben gegen die Ungläubigen zu Felde zu ziehen, sehr wenig. Die innere Einrichtung dieses Ordens, der jetzt auch der Maltheserorden genannt wird, beinahe durch ganz Europa verbreitet ist und große Reichthümer besitzt, ist folgende: – An der Spitze desselben steht der Großmeister, der zu la Valetta auf der Insel Maltha residirt, fürstlichen Rang
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hat, und seine Inseln unumschränkt beherrscht, in Sachen des Ordens aber sein Capitel, das aus acht Ballivi Conventuali besteht, um Rath fragen muß. Die Ritter selbst waren nach den Nationen, bei denen sie sich befanden, in acht Bezirke oder Zungen getheilt: Provence, Auvergne, Frankreich, Italien, Arragonien, Deutschland, Castilien und England; da aber die letztere schon im sechzehnten Jahrhunderte aufhörte, und die drei erst genannten in den neuesten Zeiten durch die Französische Revolution zugleich mit dem gesammten Adel Frankreichs ihre politische Existenz verloren haben, so sind nur noch vier Zungen übrig. Aus den Zungen werden die Ballivi Conventuali gewählt; und die Ländereien dieser Zungen werden in Priorate, diese in Balleien, und die Balleien wieder in Commenden oder Commenthureien getheilt. Das Oberhaupt der Johanniterritter in Deutschland ist der Hoch- und Deutschmeister (gegenwärtig Maximilian, Churfürst von Cölln), welcher Reichsfürst und Landesherr von dem Meisterthum Mergentheim ist, und seine eigentliche Residenz daselbst auf dem Bergschlosse Neuhaus hat. Der Johannitermeister in Deutschland (jetzt ein Graf von Reichenbach Fouxmaigne), welcher die Gerichtsbarkeit über die Ländereien des Ordens in Deutschland, Ungarn, Böhmen, Dännemark, auch über das Heermeisterthum von Brandenburg (dessen Oberhaupt Herrenmeister ge-
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nannt wird, und worüber verschiedene noch nicht gehobene Streitigkeiten entstanden sind) besitzt, ist Großprior zu Heitersheim im Breisgau, und hat zu Heitersheim seine Residenz. Die Johanniter beobachten außer den angeführten Gelübden die Regel der Augustiner; die Protestanten sind jedoch nicht schuldig, ehelos zu leben. Alle Mitglieder dieser Verbindung müssen von gutem Adel sein. Ihre Kleidung besteht während des Friedens in einem langen schwarzen Mantel; auf der linken Brust hängt ein achteckiges weißes Kreuz, und mitten auf derselben ein goldnes: im Kriege tragen sie einen rothen Gürtel und ein silbernes Kreuz. Bloß in geistlichen Sachen ist dieser Orden dem Papste unterworfen; indeß ist seine Souverainität in weltlichen Dingen in den neuesten Zeiten fast ganz ohne Einfluß, zumahl da das meiste, was er besaß, in Frankreich gelegen war, und mit der Revolution wahrscheinlich unwiederbringlich verloren ist.
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*Die Johanniterritter (auch Maltheser und Rhodiser Ritter genannt, weil sie ehedem auch auf der Insel Rhodus ihren Sitz hatten), welche durch die vormaligen Güter der Jesuiten in Bayern im Jahr 1781 einen beträchtlichen Ersatz von jährlich 170,000 Fl. erhalten hatten, wurden noch im Jahr 1796 von den Türken schimpflich genug behandelt, indem drei Ritter, welche zu türkischen Sklaven gemacht worden waren, beim öffentlichen Einzuge des Capitain Pascha, der zwei Maltheser Galeeren erobert hatte, trotz der Verwendungen des spanischen Gesandten, in Fesseln aufgeführt wurden. – Im Jahr 1798 wurde Malta, nachdem Buonaparte hier gelandet war, von dem Ordensgroßmeister, Baron von Hompesch, den 12. Juni nebst Gozo und Comino durch Capitulation an die Franzosen übergeben, auch dem Großmeister bis zu anderweiter Entschädigung jährlich 300,000 Francs zugesichert. Jedoch eroberten nachher die englischen Flotten die ganze Insel, bis auf die Festung Valette, wieder. Endlich schien Maltas Schicksal durch den Frieden von Amiens entschieden zu sein: Es sollte die Insel dem Orden zurückgegeben werden und nie sollten wieder französische und englische Zungen bestehen; der Hafen sollte allen Nationen, nur nicht den Barbaresken, offen stehen. Da nun gewissermaßen die Existenz dieses Ordens vernichtet war, so sollte er im
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übrigen in Deutschland entschädiget werden, allein der 26. §. des Entschädigungsplanes und Reichsdeputationsrecesses vom 25. Febr. 1803 ist nicht in Erfüllung gegangen.
  Die russische Zunge erklärte übrigens jene Capitulation im Jahr 1798 für verrätherisch; die Maltheserritter wurden vom Kaiser Paul I. in Schutz genommen und er selbst (16. Dec.) zum Großmeister des Ordens ausgerufen. Indessen fand diese Anmaßung vielen Widerspruch, selbst vom Papste, und der neue Churfürst von Pfalzbayern, Maximilian Joseph, hob, um den Streitigkeiten mit Rußland auszuweichen, den Orden in seinen Staaten (21. Febr. 1799) gänzlich auf, und gewann dadurch jährlich 300,000 Gulden (wiewohl die Commenthure lebensl. Pensionen erhalten). Auch ist diese Aufhebung abermals durch ein Edict vom 8. Sept. 1808 in den sämmtlichen bayerischen Staaten erfolgt und die Verwaltung einer besondern Commission unter dem Namen: Königliche Central-Administration der ehemaligen Johanniter-Ordensgüter, übertragen worden.
  Der ehemalige Ordensmeister, Baron von Hompesch, starb übrigens in seinem 62. Jahre zu Montpellier 1804, und auch sein Nachfolger Tommasi, welcher den 9. Febr. 1805 die Regierung angetreten hatte, folgte ihm in demselben Jahre im Tode nach.
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