Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Hippel, Theodor Gottlieb von
Theodor Gottlieb von Hippel, geb. 1741 zu Gerdauen in Ostpreußen, verdient als einer der originellsten Köpfe in der Reihe deutscher Schriftsteller gewiß Erwähnung. Von seinem Vater, Rector an der dortigen Schule, besonders aber dem Schulinspector Keber geleitet, zeigten sich frühzeitig seine Talente, und besonders seine Neigung für Poesie und Musik: doch widmete er sich, nach dem Willen seines Vaters, dem Studium der Theologie, ging im 15. Jahre auf die Universität zu Königsberg, gewann aber hier immer mehr Neigung zur Jurisprudenz; ging 1760 mit einem jungen Herrn (von Keyser) nach Petersburg, kehrte aber, ohne sich durch vortheilhafte Aussichten zurückhalten zu lassen, in sein Vaterland zurück, ward einige Zeit Hauslehrer bei einer angesehenen adelichen Familie, und folgte seit 1762, wo er wieder nach Königsberg ging, seinem Hange zur Rechtsgelehrsamkeit, welcher er sich nun ganz widmete, und um so ernstlicher und beharrlicher sich widmete, weil er so desto schneller emporzusteigen hoffte, da Liebe zu einer an Stand und Vermögen weit über ihn erhabenen Person jetzt den Wunsch, dieser endlich gleich zu kommen, immer lebhafter bei ihm werden ließ. Jetzt zeigte sich sein großer thätiger Geist: der Mann von Talent und Beharrlichkeit schränkte sich mit bewundernswürdiger Entsagung in vielen Dingen ein, arbeitete sich durch————
Mangel und Armuth mit gränzenlosem Fleiße hindurch, erhob sich bald, erwarb endlich Würden und Reichthum und – entsagte nun dem Besitze der Person, die er geliebt hatte, um ganz seinen politischen Planen leben zu können. 1765 ward er Advokat in Königsberg, dann Hofgerichtsadvokat; rückte immer weiter, sowohl in Stellen, als auch in Achtung und Anseher, ward dann Criminal- und Stadtrath etc. bis ihn endlich Friedrich der Große 1780 zum ersten Bürgermeister in Königsberg, und zum Policei-Director mit dem Titel eines Kriegsraths und Stadtpräsidenten ernannte; worauf auch Hippel den Adel seiner Familie, die sich dessen lange Zeit nicht mehr bedient hatte, erneuern ließ, und endlich sein thätiges Leben im 55. Jahre, 1796 endete. – Als Geschäftsmann von ausgezeichneter Betriebsamkeit, Geschicklichkeit und Pünktlichkeit machte er jedem seiner Posten vorzüglich Ehre, und Königsberg dankt ihm sehr viel seiner guten Einrichtungen: Kant selbst nannte ihn einen Plan- und Centralkopf. Dennoch vereinigten sich in diesem großen Genie auch manche Fehler der Schwärmerei, des Hanges zum Aberglauben, des Despotismus etc., und Sonderbarkeiten genug wurden in seinem Privatleben sichtbar. Zu einer gewissen ihm angebornen Verschlossenheit gehörte auch, daß er als Schriftsteller das strengste Incognito – vielleicht wohl auch aus Amtsrücksichten – beobachtete. Und doch
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wurden seine Werke selbst so berühmt und angestaunt, obgleich ihr Verfasser erst nach seinem Tode bekannt wurde. Ich darf meinen Lesern und Leserinnen unter den Werken des Geschmacks nur die Lebensläufe in aufsteigender Linie, die Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z, dann sein Buch: über die Ehe (welches schon 1794 die 4. Auflage erlebte) und das über die bürgerliche Verbesserung der Weiber nennen, um Hippeln ihr dankbares Andenken zu sichern.
Theodor Gottlieb von Hippel, geb. 1741 zu Gerdauen in Ostpreußen, verdient als einer der originellsten Köpfe in der Reihe deutscher Schriftsteller gewiß Erwähnung. Von seinem Vater, Rector an der dortigen Schule, besonders aber dem Schulinspector Keber geleitet, zeigten sich frühzeitig seine Talente, und besonders seine Neigung für Poesie und Musik: doch widmete er sich, nach dem Willen seines Vaters, dem Studium der Theologie, ging im 15. Jahre auf die Universität zu Königsberg, gewann aber hier immer mehr Neigung zur Jurisprudenz; ging 1760 mit einem jungen Herrn (von Keyser) nach Petersburg, kehrte aber, ohne sich durch vortheilhafte Aussichten zurückhalten zu lassen, in sein Vaterland zurück, ward einige Zeit Hauslehrer bei einer angesehenen adelichen Familie, und folgte seit 1762, wo er wieder nach Königsberg ging, seinem Hange zur Rechtsgelehrsamkeit, welcher er sich nun ganz widmete, und um so ernstlicher und beharrlicher sich widmete, weil er so desto schneller emporzusteigen hoffte, da Liebe zu einer an Stand und Vermögen weit über ihn erhabenen Person jetzt den Wunsch, dieser endlich gleich zu kommen, immer lebhafter bei ihm werden ließ. Jetzt zeigte sich sein großer thätiger Geist: der Mann von Talent und Beharrlichkeit schränkte sich mit bewundernswürdiger Entsagung in vielen Dingen ein, arbeitete sich durch————
Mangel und Armuth mit gränzenlosem Fleiße hindurch, erhob sich bald, erwarb endlich Würden und Reichthum und – entsagte nun dem Besitze der Person, die er geliebt hatte, um ganz seinen politischen Planen leben zu können. 1765 ward er Advokat in Königsberg, dann Hofgerichtsadvokat; rückte immer weiter, sowohl in Stellen, als auch in Achtung und Anseher, ward dann Criminal- und Stadtrath etc. bis ihn endlich Friedrich der Große 1780 zum ersten Bürgermeister in Königsberg, und zum Policei-Director mit dem Titel eines Kriegsraths und Stadtpräsidenten ernannte; worauf auch Hippel den Adel seiner Familie, die sich dessen lange Zeit nicht mehr bedient hatte, erneuern ließ, und endlich sein thätiges Leben im 55. Jahre, 1796 endete. – Als Geschäftsmann von ausgezeichneter Betriebsamkeit, Geschicklichkeit und Pünktlichkeit machte er jedem seiner Posten vorzüglich Ehre, und Königsberg dankt ihm sehr viel seiner guten Einrichtungen: Kant selbst nannte ihn einen Plan- und Centralkopf. Dennoch vereinigten sich in diesem großen Genie auch manche Fehler der Schwärmerei, des Hanges zum Aberglauben, des Despotismus etc., und Sonderbarkeiten genug wurden in seinem Privatleben sichtbar. Zu einer gewissen ihm angebornen Verschlossenheit gehörte auch, daß er als Schriftsteller das strengste Incognito – vielleicht wohl auch aus Amtsrücksichten – beobachtete. Und doch
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wurden seine Werke selbst so berühmt und angestaunt, obgleich ihr Verfasser erst nach seinem Tode bekannt wurde. Ich darf meinen Lesern und Leserinnen unter den Werken des Geschmacks nur die Lebensläufe in aufsteigender Linie, die Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z, dann sein Buch: über die Ehe (welches schon 1794 die 4. Auflage erlebte) und das über die bürgerliche Verbesserung der Weiber nennen, um Hippeln ihr dankbares Andenken zu sichern.