Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Herzberg, Ewald Friedrich Graf von
Ewald Friedrich Graf von Herzberg, einer der berühmtesten Staatsmänner der neuern Zeit, der als Preußischer Staats- und Cabinetsminister beinahe an allen wichtigen Angelegenheiten Europens, welche von den Zeiten des siebenjährigen Krieges an vorfielen, den thätigsten Antheil nahm. Er war den 2. Sept. 1725 zu Lottin in Pommern geboren, studirte seit 1742 auf der Universität Halle, und verrieth schon damahls so ausgezeichnete staatsrechtliche und statistische Kenntnisse, daß er im Jahre 1745 als Legationssecretair bei der Preußischen Gesandtschaft nach Frankfurt zur Kaiserwahl Franz I. abgeschickt wurde. Bald darauf erhob ihn der König zum geheimen Rath im Departement der auswärtigen Angelegenheiten; und nach dem Abschluß des Hubertsburger Friedens, welchen Herzberg ganz allein unterhandelt hatte, wurde er zum zweiten Staats- und Cabinetsminister ernannt. Sein unermüdeter Fleiß, seine tiefe Kenntniß der Geschichte, des Staatsrechts und aller damit verwandten Wissenschaften, seine Geschicklichkeit in politischen Unterhandlungen und sein rastloses Bestreben, das Interesse Preußens bei jeder Gelegenheit zu befördern, verschafften ihm das volle Zutrauen Friedrichs II. und berechtigten ihn oft zu einer Freimüthigkeit, welche jedem Andern äußerst gefährlich bei dem Könige hätte werden können; aber————
Friedrich II. war zu sehr von der Rechtschaffenheit seines Ministers überzeugt, und würdigte ihn daher bis auf die letzten Augenblicke seines Lebens des innigsten Zutrauens. Alle Staatsangelegenheiten waren seiner Prüfung unterworfen (daß Friedrich II. bei der Theilung von Pohlen Westpreußen wählte, war ganz das Werk Herzbergs); und kein Plan zur Verbesserung der innern Landesökonomie wurde angenommen, wenn ihn nicht Herzberg vorher gebilligt hatte. Der Seidenbau stand unter seiner unmittelbaren Aufsicht; und man weiß, wie sehr er bemüht war, ihn immer mehr empor zu bringen. Bei der Menge von Geschäften, welchen er vorstehen mußte, sollte man kaum glauben, daß ihm Muße zu wissenschaftlichen Beschäftigungen übrig geblieben wäre; und dessen ungeachtet lieferte er von Zeit zu Zeit eine Menge gelehrter Abhandlungen für die Akademie der Wissenschaften zu Berlin, und wurde unter des jetzigen Königs Regierung Curator derselben. Zunehmendes Alter und gewisse unangenehme Verhältnisse, welche die Reichenbacher Convention von 1790 herbeiführte, bewogen ihn, seine Stelle als Minister im Jahre 1791 niederzulegen. Er verlebte den Rest seiner Tage für seine übrigen Aemter und für die Wissenschaften, und starb am 27. Mai 1795. D. Posselt hat eine Biographie von ihm angekündigt, welche zu nicht gemeinen Erwartungen berechtigt.
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