Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Heinrich der vierte
Heinrich der vierte war der erste König aus dem Hause Bourbon, und unter allen Französischen Königen derjenige, dessen Andenken bis in die ersten Jahre der Revolution mit der entzückendsten Begeisterung geehrt wurde. Wenn man an die Vorgänger dieses Königs, an Carl IX. und Heinrich III. zurück denkt, und erwägt, wie durch die Grausamkeiten dieser Regenten Frankreich entvölkert, und durch den Lurus und die Sittenverderbniß, die während ihrer Regierungen einriß, verdorben und geschwächt wurde; so wird man bald überzeugt, daß sich Heinrich IV. den Beinamen des Großen weit leichter erwerben konnte, als wenn er verdienstvollere und edlere Fürsten zu Vorgängern gehabt hätte: dessen ungeachtet kann man ihm den Ruhm eines gerechten und weisen Beherrschers eben so wenig als die Ehre eines tapfern und glücklichen Kriegers streitig machen. Sein 1593 erfolgter Uebertritt zu der katholischen Religionspartei war sicherlich nicht das Werk der Ueberzeugung, sondern ein Schritt der Nothwendigkeit und Politik; wahrscheinlich glaubte der König, daß er den Hugenotten, deren Haupt er ehemahls gewesen war (s. Pariser Bluthochzeit) weit wichtigere Dienste würde leisten können, wenn er sich nur erst den ruhigen Besitz des Königreichs gesichert und die Häupter der Parteien völlig unterdrückt hätte. Das Edict von Nantes war————
im Jahr 1598 eine Folge davon; aber die weitern Absichten des Königs wurden durch den Meuchelmörder Ravail ac hintertrieben, welcher ihn auf der Straße in seinem eignen Wagen 1610 ermordete, nachdem ein gewisser Chastel einige Jahre vorher einen vergeblichen Angriff auf sein Leben gewagt hatte. Die Idee einer allgemeinen christlichen Weltrepublik, welche Heinrich beabsichtigt haben soll, war allerdings groß und edel genug, um in dem Kopfe dieses Königs zu entstehen: allein wahrscheinlich war es dabei zunächst auf die Schwächung der Oestreichschen Monarchie abgesehen; was weiter darauf folgen sollte, glich mehr einem schönen Ideal als einem ausführbaren Entwurfe.
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Heinrich der vierte, Deutscher Kaiser, geb. 1050, gest. 1106, ein persönlich tapferer aber schlecht erzogner, äußerst ausschweifender und seinen Lieblingen sich überlassender Fürst, unter dessen Regierung, die er in seinem sechsten Jahre unter der Vormundschaft seiner Mutter begann, die große Revolution ausbrach, welche in einem bürgerlichen Kriege wüthete, und sich mit Verringerung der kaiserlichen Macht endigte. Heinrich IV. hatte die Sachsen und Thüringer wider sich aufgereitzt und die angesehensten Deutschen Fürsten beleidigt; hierzu kamen die Bemühungen Gregor VII. (s. dies. Art.), den päpstlichen Stuhl unabhängig vom Kaiser zu machen und überhaupt die geistliche Gewalt so weit als möglich auszudehnen. Diese zwei mächtigen Triebfedern waren es, die auf diese Revolution bald wechselsweise bald zu gleicher Zeit wirkten. Gregor VII. ging so weit, daß er den Kaiser förmlich in den Bann that, so daß dieser sich genöthigt sah, i. J. 1077 in dem härtesten Winter nach Rom zu reisen, und sich zu einer höchst entehrenden persönlichen Abbitte zu entschließen. Auch seine eignen Söhne empörten sich wider ihn. Er starb 1106, nachdem er in diesem Jahre seinem Sohn Heinrich V. die Regierung förmlich abgetreten und großes Elend erdulden müssen. Man nennt ihn den Aeltern, auch den Großen; richtiger
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würde man ihn den Unglücklichen nennen.
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