Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Hastings, Warren
Warren Hastings, war Generalgouverneur der Englischen Besitzungen in Ostindien, zu welcher wichtigen Stelle er durch die Bemühungen des berühmten Lord North schon im Jahre 1774 gelangte. Da North im Jahre 1782 mit seiner Partei aus dem Englischen Ministerium verdrängt worden war, so bemühten sich seine Gegner, seinen Anhängern ein gleiches Schicksal zu bereiten. Hastings traf das Unglück, einer der ersten zu sein: er wurde zurück berufen; und der Augenblick seiner Ankunft in England war der Anfang unübersehbarer Mühseligkeiten, in die er verwickelt wurde. Die besten Redner der Oppositionspartei, ein Fox, Burke, Sheridan und Andere, befanden sich unter seinen Anklägern, und waren fest entschlossen, die ganze Fülle ihrer Beredsamkeit zu seinem Schaden wirken zu lassen. Man beschuldigte ihn, in Ostindien als Tyrann gehandelt, unmäßige Geldsummen erpreßt, den Untergang mehrerer Indianischer Fürsten befördert und Räubereien und Bedrückungen aller Art ungescheut ausgeübt zu haben. Mit eben dem Eifer, mit welchem Cicero einst den Verres wegen seiner in Sicilien verübten Schandthaten angriff, sah man jetzt die größten Redner Englands gegen Hastings auftreten. Am 17. Febr. 1786 brachte Burke die Anklage gegen ihn vor das Unterhaus, und wurde damit im Mai 1787 an das Oberhaus verwiesen. Hastings————
würde nun zur gefänglichen Haft gebracht worden sein, wenn er nicht durch eine ansehnliche Summe Geldes und durch die Beibringung einiger unverwerflichen Bürgen sich noch in Zeiten gesichert hätte. Die Feierlichkeiten, welche erfordert werden, wenn eine Sache vor dem Oberhause verhandelt werden soll, und die Langsamkeit, welcher jeder Rechtshandel vor den Parlamentern schon deßwegen unterworfen ist, weil er da nicht ununterbrochen betrieben werden kann, sondern durch das öftere Aufheben des Parlaments beständig gestört wird, ließen gleich anfänglich vermuthen, daß mehrere Jahre verstreichen könnten, ehe man in Hastings Angelegenheiten auf ein Endurtheil kommen würde; und dieß war auch wirklich der Fall. Das Oberhaus konnte während der kurzen Dauer seiner Sitzungen in dieser weitläuftigen Sache nie fertig werden. Manche Anklagepunkte erforderten eine genaue Kenntniß der Indischen Angelegenheiten; und man sah sich sogar genöthigt, gewisse Personen aus Ostindien kommen zu lassen, um gegen den Angeklagten als Zeugen aufzutreten. Die Ankläger, die alle Macht ihrer Beredsamkeit aufboten, um den Beklagten in einem ungünstigen Lichte erscheinen zu lassen, hielten ungemein lange Reden, zu welchen oft mehrere Tage erfordert wurden. Alle diese Umstände verursachten eine gewaltige Zögerung; und in der hundert und zwanzigsten Sitzung, die man deßwegen am 15.
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April 1794 im Oberhause hielt, war man immer noch nicht zu Ende. Das Publicum hatte sich unterdessen beinahe einstimmig für Hastings erklärt, und die Rückkunft des Lord Cornwallis aus Ostindien gab der Sache noch gewisser Maßen den Ausschlag. Dieser Mann, welcher die genaueste Kenntniß von Indien besaß, sprach ganz zum Vortheil des Angeklagten, und machte vorzüglich bemerklich, daß er Ostindien den Engländern zu einer Zeit erhalten habe, wo der Abfall der Amerikanischen Staaten ein gefährliches Beispiel für die außereuropäischen Besitzungen gab. Lord Thurlow, welcher die Sache beendigt zu sehen wünschte, schlug endlich zu Anfange des Jahres 1795 vor, jeder Beisitzer des Oberhauses möchte durch einen namentlichen Ausruf zu erkennen geben, ob Hastings schuldig sei oder nicht. Dieser Vorschlag fand Beifall; und am 13. April 1795 wurde Hastings endlich von aller Anklage frei gesprochen, und bloß zu den Prozeßkosten verurtheilt, welche 71,080 Pfund Sterling betrugen. Er hatte während dieses langwierigen Rechtshandels in ländlicher Einsamkeit gelebt, und die Mühe seiner Vertheidigung mehrentheils seinen Sachwaltern überlassen. Einige ansehnliche Geschenke, welche er von der Ostindischen Compagnie erhielt, und die Gunst des Königs, die er nie verloren hatte, sichern ihm auf den Rest seiner Tage ein hinlängliches Auskommen.
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