Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Gustav III
Gustav III.. Dieser unglückliche König der Schweden wurde 1746 geboren. Da seine Erziehung dem eben so gelehrten als rechtschaffnen Grafen Teßin anvertraut worden war, und Gustav von der frühesten Jugend an ausgezeichnete Talente und Fähigkeiten blicken ließ, so war es nicht zu verwundern, daß er in der Erlernung nützlicher Wissenschaften und Kenntnisse große Fortschritte machte, und seinen Verstand mit Ideen bereicherte, welche nicht immer bis zu den Köpfen erlauchter Personen zu dringen pflegen. Um die Welt genauer kennen zu lernen, unternahm er als Kronprinz eine Reise nach den vornehmsten Europäischen Reichen: allein der Tod seines Vaters rief ihn, da er eben in Paris war, im Jahre 1771 nach Schweden zurück; und er mußte die Befriedigung seiner Wißbegierde bis in das Jahr 1783 aufschieben, worin er eine zweite Reise durch Deutschland nach Italien und Frankreich machte. Die Thronbesteigung, welche jeder weniger muthige und geistvolle Prinz als Gustav mit Recht gefürchtet haben würde, weil die Macht und das Ansehn der Schwedischen Könige in jenem Zeitpunkte ganz herabgewürdigt war, gab ihm eine erwünschte Gelegenheit, seine Talente in ihrem schönsten Lichte zu zeigen, und seine längst entworfenen Plane, wodurch den Schweden eine bestimmte und neue Regierungsverfassung gesichert werden sollte,————
endlich in Ausführung zu bringen. In Schweden hatten bisher mehrere Parteien mit einander gekämpft, und unter dem Namen der Mützen oder Hüthe bald den Bestechungen des Französischen bald des Russischen Cabinets Gehör gegeben. Die Reichstage waren die Schauplätze der ärgerlichsten Zwistigkeiten und der schamlosesten Parteisucht; man verkaufte beinahe öffentlich Stimmen für Geld, und war bloß dann eines Sinnes, wenn es darauf ankam, der königlichen Gewalt einen Stoß zu geben. Schweden würde diesen Unruhen unstreitig endlich untergelegen und mit Pohlen vielleicht ein gleiches Schicksal getheilt haben, wenn nicht Gustav durch die Revolution vom 19. Aug. 1772 dem Reichsrath seine übermäßige Macht benommen und seine Mitglieder zu bloßen Regierungsräthen herabgesetzt hätte. Der Adel hatte, in der Hoffnung eines größern Einflusses und unmittelbaren Antheils an der Regierung, die Absichten des Königs begünstigt; da er aber bald gewahr wurde, daß der König nur seine eigne Macht vergrößern wollte, so ward er aufs neue mißvergnügt, und widersetzte sich auf den nachfolgenden Reichstagen seinen Vorschlägen. Das Volk war anfangs mit der neuen Ordnung der Dinge zufrieden: sobald jedoch der König das Brautweinbrennen zum Regal erklärte, so fing es auch an zu murren; und es wäre vielleicht zu einer abermahligen Revolution gekommen, wenn nicht der
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König durch persönliche Standhaftigkeit und Klugheit jeden Versuch dazu unmöglich gemacht hätte. In dem Kriege mit Rußland (1788) zeigten sich neue Spuren des Mißvergnügens; und der König konnte seiner erschütterten Macht bloß dadurch aufhelfen, daß er auf dem Reichstag zu Stockholm 1789 den dritten Stand gegen den Adel begünstigte. Allein das Ungewitter, das sich über ihn zusammen gezogen hatte, breitete sich im Stillen immer weiter aus, und er fiel endlich (am 26. März 1792) als Opfer desselben durch die Hand des Meuchelmörders Ankarström (m. s. dies. Art.). Gustav hatte immer allein geherrscht, und sich von dem Einflüstern der Höflinge und anderer unberufener Rathgeber frei erhalten. Um die Cultur des Landes, die Verbesserung der Finanzen und die Beförderung des allgemeinen Wohlstandes hatte er unläugbare Verdienste; aber die Sonderbarkeit, noch größer zu scheinen als er wirklich war, und alles durch sich selbst schaffen zu wollen, verleitete ihn zu willkührlichen und auffallenden Einrichtungen, welche die Herzen einer großen Anzahl seiner Unterthanen von ihm entfernten. Die unter der Regierung des Herzogs Regenten beabsichtigte Verschwörung Armfelds beweist, daß immer noch viel Mißvergnügen unter den Schweden herrscht, und daß besonders der Adel und die Vornehmen mit der jetzigen Lage der Dinge unzufrieden sind.
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