Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Gottsched, Johann Christoph
Johann Christoph Gottsched, geb. den 2. Februar 1700 zu Königsberg in Preußen, gest. den 12. December 1766 zu Leipzig, wo er bereits seit dem Jahre 1724 sich aufhielt und Prof. der Dichtkunst war. Ueber seine Verdienste ist so viel Streit entstanden, und der größere Theil des Publicums hat so laut gegen ihn entschieden, daß es ein äußerst gewagtes Unternehmen sein würde, wenn man eine Apologie für ihn schreiben wollte. Aber dessen ungeachtet kann nicht gelängnet werden, daß ihn seine Gegner zu unglimpflich beurtheilt haben. Er hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache, welche durch die zahllose Menge fremder Wörter, womit man sie in jenen Zeiten zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches und buntscheckiges Ansehen erhielt. Wenn er sich auch nicht selbst als Dichter auszeichnete, und durch seine dramatischen Arbeiten für das Theater mehr lange Weile als Rührung erregte; so hatte er doch das Verdienst, daß er Talente aufzumuntern und den guten Geschmack zu beleben und zu verbinden wußte. Im Jahre 1737 verbannte er den beliebten Harlekin feierlich von der dasigen Bühne; eine Handlung, welche Lessing selbst die größte Harlekinade nennt. Er würde auch unter den Gelehrten immer eine ansehnliche Stelle behauptet haben, wenn er sich mehr mit historischen und kri-————
tischen Untersuchungen über die Deutsche Sprache und die schönen Wissenschaften abgegeben, und nicht immer so genannte Originalwerke geliefert hätte. Allein zum Unglück hatte er sich nun einmahl in den Kopf gesetzt, daß er selbst ein großer Dichter wäre, und sich deßwegen zum Muster für Andere aufstellen könnte. Diese Idee verband er mit einer guten Portion von gelehrtem Stolze, und fiel daher in seinen Streitigkeiten mit Bodmer und Breitinger ziemlich tief unter den Parnaß. Seine Feinde hörten bis an seinen Tod nicht auf, ihn zu necken; und es ist zu verwundern, wie er, bei der Nothwendigkeit, immer zu einem literarischen Kampf gerüstet zu sein, noch Zeit hat gewinnen können, so manche brauchbare Schrift auszuarbeiten, und seinen Schülern durch mündlichen Unterricht nützlich zu werden. Unter den vielen Schriften, die er herausgab, hat, außer der Deutschen Sprachkunst, der Vorrath zur Geschichte der Deutschen dramatischen Dichtkunst, und die von ihm besorgte Uebersetzung des Baylischen Wörterbuchs den meisten Werth. Seine Gattin, Adelgunde Louise, geb. Kulmus, gehörte zu den gelehrtesten und gebildetsten Schriftstellerinnen Deutschlands. Sie besaß eine gründliche Kenntniß der alten und neuen Sprachen, und hatte in der Mathematik, Philosophie und Musik nicht gemeine Fortschritte gethan; dabei war sie Meisterin aller weiblichen Geschicklichkeiten, und wurde
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wegen ihres trefflichen moralischen Charakters allgemein geschätzt. Sie half ihrem Manne bei seinen schriftstellerischen Arbeiten, und lieferte auch verschiedene eigne Werke, unter denen die nach ihrem Tode von der Frau von Runkel bekannt gemachte Sammlung von Briefen am schätzbarsten ist.
Johann Christoph Gottsched, geb. den 2. Februar 1700 zu Königsberg in Preußen, gest. den 12. December 1766 zu Leipzig, wo er bereits seit dem Jahre 1724 sich aufhielt und Prof. der Dichtkunst war. Ueber seine Verdienste ist so viel Streit entstanden, und der größere Theil des Publicums hat so laut gegen ihn entschieden, daß es ein äußerst gewagtes Unternehmen sein würde, wenn man eine Apologie für ihn schreiben wollte. Aber dessen ungeachtet kann nicht gelängnet werden, daß ihn seine Gegner zu unglimpflich beurtheilt haben. Er hatte unstreitig große Verdienste um die Verbesserung der Deutschen Sprache, welche durch die zahllose Menge fremder Wörter, womit man sie in jenen Zeiten zu bereichern glaubte, ein höchst abenteuerliches und buntscheckiges Ansehen erhielt. Wenn er sich auch nicht selbst als Dichter auszeichnete, und durch seine dramatischen Arbeiten für das Theater mehr lange Weile als Rührung erregte; so hatte er doch das Verdienst, daß er Talente aufzumuntern und den guten Geschmack zu beleben und zu verbinden wußte. Im Jahre 1737 verbannte er den beliebten Harlekin feierlich von der dasigen Bühne; eine Handlung, welche Lessing selbst die größte Harlekinade nennt. Er würde auch unter den Gelehrten immer eine ansehnliche Stelle behauptet haben, wenn er sich mehr mit historischen und kri-————
tischen Untersuchungen über die Deutsche Sprache und die schönen Wissenschaften abgegeben, und nicht immer so genannte Originalwerke geliefert hätte. Allein zum Unglück hatte er sich nun einmahl in den Kopf gesetzt, daß er selbst ein großer Dichter wäre, und sich deßwegen zum Muster für Andere aufstellen könnte. Diese Idee verband er mit einer guten Portion von gelehrtem Stolze, und fiel daher in seinen Streitigkeiten mit Bodmer und Breitinger ziemlich tief unter den Parnaß. Seine Feinde hörten bis an seinen Tod nicht auf, ihn zu necken; und es ist zu verwundern, wie er, bei der Nothwendigkeit, immer zu einem literarischen Kampf gerüstet zu sein, noch Zeit hat gewinnen können, so manche brauchbare Schrift auszuarbeiten, und seinen Schülern durch mündlichen Unterricht nützlich zu werden. Unter den vielen Schriften, die er herausgab, hat, außer der Deutschen Sprachkunst, der Vorrath zur Geschichte der Deutschen dramatischen Dichtkunst, und die von ihm besorgte Uebersetzung des Baylischen Wörterbuchs den meisten Werth. Seine Gattin, Adelgunde Louise, geb. Kulmus, gehörte zu den gelehrtesten und gebildetsten Schriftstellerinnen Deutschlands. Sie besaß eine gründliche Kenntniß der alten und neuen Sprachen, und hatte in der Mathematik, Philosophie und Musik nicht gemeine Fortschritte gethan; dabei war sie Meisterin aller weiblichen Geschicklichkeiten, und wurde
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wegen ihres trefflichen moralischen Charakters allgemein geschätzt. Sie half ihrem Manne bei seinen schriftstellerischen Arbeiten, und lieferte auch verschiedene eigne Werke, unter denen die nach ihrem Tode von der Frau von Runkel bekannt gemachte Sammlung von Briefen am schätzbarsten ist.