Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Genua
Die Republik Genua in Italien besteht aus einem langen, schmalen Küstenlande an dem Mittelländischen Meere von 90 Quadratmeilen und 400,000 Einwohnern. Der Boden ist zwar sehr gebirgigt, aber dennoch gut gebaut, und reich an Baumöhl, Seide und Südfrüchten. Die Einwohner beschäftigen sich vorzüglich mit Verfertigung von seidenen Zeugen, Sammet und Scharlach, und treiben einen ansehnlichen Handel. Die Regierung des Staats ist in den Händen des großen und kleinen Raths, welcher aus dem Adel erwählt wird und einen Doge an seiner Spitze hat, der diese Würde nur auf zwei Jahre behält. Die Hauptstadt dieser Republik, die auch Genua heißt, liegt an dem von ihr benannten Meerbusen, welcher hier einen Hafen bildet. Sie ist von großem Umfange, hat viele prächtige Gebäude, an der Strada Balbi und Strada Nuova die schönsten Gassen in der Welt, und über 100,000 Einwohner. Man findet hier eine berühmte Zettelbank, eine Akademie der Künste, eine Universität, viele Manufacturen von seidenen Stoffen, und den Mittelpunkt des Genuesischen Handels. – Die Gründung des Genuesischen Freistaats fällt in das 12. Jahrhundert, wo sich die Genueser der ohnmächtigen Herrschaft der Deutschen Kaiser entzogen. Ihr ausgebreiteter Handel hatte sie damahls mit ungeheuern Schätzen bereichert. Sie eroberten sogar mehrere In-————
seln des Mittelländischen Meeres, die sie aber insgesammt wieder verloren haben. Nach mancherlei Veränderungen mußten sie sich der Französischen Herrschaft unterwerfen, von welcher sie aber durch Doria wiederum befreit worden sind (s. Andreas Doria). In dem gegenwärtigen Kriege kam der Staat in ein nicht geringes Gedränge.
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*Die Republik Genua (s. Th. II. S. 92. 93. u. S. 459. 60.) hatte ihre aristokratische Regierungsform, nach welcher alle Gewalt, Würden und Einkünfte in den Händen einiger adlichen Familien waren, über 269 Jahre behauptet, als sie am 14. Juni 1797 aufgehoben wurde, und die Republik selbst den Namen Ligurische Republik erhielt. Der Doge abgesetzt, der Adel gänzlich abgeschafft – wurden nun Repräsentanten des Staats eingesetzt; die gesetzgebende Gewalt zween Räthen anvertraut, dem Rath der Jüngern von 80 und dem Rath der Alten von 40 Volksrepräsentanten; und die vollziehende Gewalt einem Directorium von 5 Mitgliedern überlassen. Indessen brachen die in der neuen Republik noch immer fortdauernden Unruhen am 5. Sept. 1797 in einen völligen Aufruhr aus, der zwar durch den General Düphot gedämpft wurde; jedoch herrschte selbst zwischen der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt Uneinigkeit, in welcher diese am 31. August 1798 über jene siegte. Bei dem Kriegsglücke der Russen und Oestreicher im folgenden Jahre kam die Republik ihrem Ende nahe, da jene beiden Mächte immer weiter in Italien vordrangen, der französische General Joubert am blutigen 15. August 1799 bei Novi, auf ligurischem Gebiete, Schlacht und Leben verlor, und nach den Schlachten bei Savigliano und Genola (am 4. und 5. November 1799)
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die Franzosen ganz aus Italien vertrieben wurden. Noch blieb aber die Hauptstadt Genua selbst, deren Vertheidigung General Massena am 9. Februar 1800 übernommen hatte, in französischen Händen. Zwar suchten auch die Engländer die Eroberung dieser Stadt zu beschleunigen, und Admiral Keith unternahm am 8. Mai ein Bombardement derselben. Allein Massena setzte seinen Feinden und Belagerern den tapfersten Widerstand entgegen, und nur erst, da die Lebensmittel in der Festung ganz aufgezehrt waren, er selbst an Munition Mangel litt, und die Besatzung durch Krankheiten ganz entkräftet war, sah er sich genöthiget, am 4. Juni 1800 Genua an die Oestreicher zu übergeben. Die 10 Tage darauf erfolgte Schlacht bei Marengo brachte aber Genua von neuem in französische Hände, und die ligurische Republik wurde von neuem gegründet. Nachdem Napoleon am 26. Mai 1805 zum König von Italien gekrönt worden war, beschloß der Senat der ligurischen Republik am folgenden Tage, diese Republik dem französischen Kaiserthume einverleiben zu lassen. Dieser Wunsch wurde am 4. Juni durch eine Deputation des Volks und Senats dem Kaiser vorgetragen, und schon am 9ten die bisherige Republik durch den Minister Champagny als ein Theil des französischen Staats organisiret, von welchem sie die 28ste Militairdivision ausmachen und in drei Departements getheilt sein
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sollte. Sie behielt noch einige Jahre einen Generalgouverneur, macht aber jetzt mit den Departements Montenotte und Apenninen, welche beide vorher Theile der ligurischen Republik waren, das 107., 108. und 109. Departement von Frankreich aus.
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Genua. Dieser Staat wurde während des Französischen Krieges sowohl von Oestreich als von England, und von dem letzten unter Drohungen und Beleidigungen, unausgesetzt angegangen, seiner Neutralität zu entsagen; allein er beharrte fest auf derselben. – Daß derselbe nach der Gründung der Cispadanischen und vorzüglich der Cisaipinischen Republik und bei den durch ganz Italien herrschenden demokratischen Gesinnungen sich ebenfalls republikanisiren würde, war wohl vorauszusehen. Die Demokraten gesellten sich (schon im Mai 1797) zusammen; sie hielten Versammlungen: die von allem, was vorging, unterrichtete Regierung suchte durch Unterhandlungen Zeit zu gewinnen, und erklärte sich (d. 22. Mai) bereit, in alle Forderungen des Volks einzuwilligen, während sie insgeheim feindliche Anstalten gegen die Revolutionairs traf. Diese zogen anfangs den kürzern; viele derselben, und mit ihnen auch viele Franken, wurden erschossen, und der Französische Gesandte Faypoult, der als Guarant des erwähnten Vertrags zwischen der Regierung und dem Volke zu Genua aufgerufen war, wurde von den Aristokraten genöthigt, an Buonaparte zu schreiben, daß eine Gegenrevolution Statt gehabt habe, und es jetzt keiner Französischen Truppen mehr bedürfe. Es dauerte jedoch nicht lange, so wußten sich nicht nur die Revolutionairs ein größeres Ge-
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wicht zu verschaffen, sondern Buonaparte schickte auch (d. 26. Mai) einen seiner Adjutanten an den Doge, dessen Antrag vorläufiger Bedingungen im Voraus auf weitere Forderungen schließen ließen. Bei dieser Gelegenheit erklärten sich die Genueser laut für die Freiheit. Die Regierung glaubte nun, den General Buonaparte nicht schnell genug beruhigen zu können, besonders da man sagte, daß bereits ein Fränkisches Truppencorps im Anzuge sei; sie ließ daher dem Französischen Gesandten durch drei Abgeordnete erklären, daß sie die erwähnte Erklärung vom 22. Mai vollziehen wolle, und schickte die nehmlichen Gesandten in Faypoults Begleitung zu Buonaparte nach Montebello, wo den 5. u. 6. Juni eine Convention zu Stande kam, wodurch für Genua eine neue Regierungsform nach dem Muster der Französischen festgesetzt wurde.
seln des Mittelländischen Meeres, die sie aber insgesammt wieder verloren haben. Nach mancherlei Veränderungen mußten sie sich der Französischen Herrschaft unterwerfen, von welcher sie aber durch Doria wiederum befreit worden sind (s. Andreas Doria). In dem gegenwärtigen Kriege kam der Staat in ein nicht geringes Gedränge.
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*Die Republik Genua (s. Th. II. S. 92. 93. u. S. 459. 60.) hatte ihre aristokratische Regierungsform, nach welcher alle Gewalt, Würden und Einkünfte in den Händen einiger adlichen Familien waren, über 269 Jahre behauptet, als sie am 14. Juni 1797 aufgehoben wurde, und die Republik selbst den Namen Ligurische Republik erhielt. Der Doge abgesetzt, der Adel gänzlich abgeschafft – wurden nun Repräsentanten des Staats eingesetzt; die gesetzgebende Gewalt zween Räthen anvertraut, dem Rath der Jüngern von 80 und dem Rath der Alten von 40 Volksrepräsentanten; und die vollziehende Gewalt einem Directorium von 5 Mitgliedern überlassen. Indessen brachen die in der neuen Republik noch immer fortdauernden Unruhen am 5. Sept. 1797 in einen völligen Aufruhr aus, der zwar durch den General Düphot gedämpft wurde; jedoch herrschte selbst zwischen der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt Uneinigkeit, in welcher diese am 31. August 1798 über jene siegte. Bei dem Kriegsglücke der Russen und Oestreicher im folgenden Jahre kam die Republik ihrem Ende nahe, da jene beiden Mächte immer weiter in Italien vordrangen, der französische General Joubert am blutigen 15. August 1799 bei Novi, auf ligurischem Gebiete, Schlacht und Leben verlor, und nach den Schlachten bei Savigliano und Genola (am 4. und 5. November 1799)
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die Franzosen ganz aus Italien vertrieben wurden. Noch blieb aber die Hauptstadt Genua selbst, deren Vertheidigung General Massena am 9. Februar 1800 übernommen hatte, in französischen Händen. Zwar suchten auch die Engländer die Eroberung dieser Stadt zu beschleunigen, und Admiral Keith unternahm am 8. Mai ein Bombardement derselben. Allein Massena setzte seinen Feinden und Belagerern den tapfersten Widerstand entgegen, und nur erst, da die Lebensmittel in der Festung ganz aufgezehrt waren, er selbst an Munition Mangel litt, und die Besatzung durch Krankheiten ganz entkräftet war, sah er sich genöthiget, am 4. Juni 1800 Genua an die Oestreicher zu übergeben. Die 10 Tage darauf erfolgte Schlacht bei Marengo brachte aber Genua von neuem in französische Hände, und die ligurische Republik wurde von neuem gegründet. Nachdem Napoleon am 26. Mai 1805 zum König von Italien gekrönt worden war, beschloß der Senat der ligurischen Republik am folgenden Tage, diese Republik dem französischen Kaiserthume einverleiben zu lassen. Dieser Wunsch wurde am 4. Juni durch eine Deputation des Volks und Senats dem Kaiser vorgetragen, und schon am 9ten die bisherige Republik durch den Minister Champagny als ein Theil des französischen Staats organisiret, von welchem sie die 28ste Militairdivision ausmachen und in drei Departements getheilt sein
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sollte. Sie behielt noch einige Jahre einen Generalgouverneur, macht aber jetzt mit den Departements Montenotte und Apenninen, welche beide vorher Theile der ligurischen Republik waren, das 107., 108. und 109. Departement von Frankreich aus.
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Genua. Dieser Staat wurde während des Französischen Krieges sowohl von Oestreich als von England, und von dem letzten unter Drohungen und Beleidigungen, unausgesetzt angegangen, seiner Neutralität zu entsagen; allein er beharrte fest auf derselben. – Daß derselbe nach der Gründung der Cispadanischen und vorzüglich der Cisaipinischen Republik und bei den durch ganz Italien herrschenden demokratischen Gesinnungen sich ebenfalls republikanisiren würde, war wohl vorauszusehen. Die Demokraten gesellten sich (schon im Mai 1797) zusammen; sie hielten Versammlungen: die von allem, was vorging, unterrichtete Regierung suchte durch Unterhandlungen Zeit zu gewinnen, und erklärte sich (d. 22. Mai) bereit, in alle Forderungen des Volks einzuwilligen, während sie insgeheim feindliche Anstalten gegen die Revolutionairs traf. Diese zogen anfangs den kürzern; viele derselben, und mit ihnen auch viele Franken, wurden erschossen, und der Französische Gesandte Faypoult, der als Guarant des erwähnten Vertrags zwischen der Regierung und dem Volke zu Genua aufgerufen war, wurde von den Aristokraten genöthigt, an Buonaparte zu schreiben, daß eine Gegenrevolution Statt gehabt habe, und es jetzt keiner Französischen Truppen mehr bedürfe. Es dauerte jedoch nicht lange, so wußten sich nicht nur die Revolutionairs ein größeres Ge-
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wicht zu verschaffen, sondern Buonaparte schickte auch (d. 26. Mai) einen seiner Adjutanten an den Doge, dessen Antrag vorläufiger Bedingungen im Voraus auf weitere Forderungen schließen ließen. Bei dieser Gelegenheit erklärten sich die Genueser laut für die Freiheit. Die Regierung glaubte nun, den General Buonaparte nicht schnell genug beruhigen zu können, besonders da man sagte, daß bereits ein Fränkisches Truppencorps im Anzuge sei; sie ließ daher dem Französischen Gesandten durch drei Abgeordnete erklären, daß sie die erwähnte Erklärung vom 22. Mai vollziehen wolle, und schickte die nehmlichen Gesandten in Faypoults Begleitung zu Buonaparte nach Montebello, wo den 5. u. 6. Juni eine Convention zu Stande kam, wodurch für Genua eine neue Regierungsform nach dem Muster der Französischen festgesetzt wurde.