Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Freimaurer-Orden, Der
Der Freimaurer-Orden. Unter allen geheimen Gesellschaften, welche von den frühesten Zeiten an merkwürdig geworden sind, hat die Verbindung der Freimaurer unstreitig die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Eine große Anzahl Schriften, welche zur Enthüllung ihrer Geheimnisse und zur Bekanntmachung ihrer Absichten von Zeit zu Zeit erschienen sind, haben größten Theils nicht nur nichts enträthselt, sondern durch eine Menge von Fabeln und Mährchen, welche sie von dem angeblich hohen Alterthum des Ordens und seinen geheimen Unternehmungen verbreitet haben, nicht wenig dazu beigetragen, ihn herabzuwürdigen und den Regierungen verdächtig zu machen. Einige kurze historische Angaben über seinen Ursprung werden für den gegenwärtigen Zweck hinlänglich sein; eine weitere Erörterung seiner Absichten und eine vollständige Darstellung seines Innern gehört nicht hierher. – Die ersten Spuren der eigentlichen Freimaurer finden sich (abgerechnet, daß es zu allen Zeiten gewisse geheime Gesellschaften gegeben hat) weder in dem patriarchalischen Zeitalter der ersten Menschen, noch in Egypten (dem Vaterlande der Hieroglyphen), noch auch unter der Regierung des weisen Salomo, sondern wurden erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Großbritannien angetroffen. Man darf nicht vergessen, in welchem trau-————
rigen Zustande sich damahls die meisten Wissenschaften in Europa befanden. Aberglaube jeder Art, schädliche Vorliebe für geheime Wissenschaften, zumahl für Alchymie, und eine im Grunde verdorbene Theologie, welche entweder den Geist durch müßige Speculationen ermüdete oder das Herz durch mystische Grillen verdarb, verhinderten allgemein die Ausbreitung der wahren Aufklärung. Die wenigen Männer von ausgezeichneten Talenten, welche über ihr Zeitalter erhaben waren, durften mit der Bekanntmachung der Wahrheit nicht zu laut werden, weil sie bei den Freunden der alten Finsterniß den hartnäckigsten Widerstand fanden; viele verbanden sich daher im Geheim mit einander, und stifteten unter sich gewisse Gesellschaften, worunter die der Rosenkreuzer ums Jahr 1615 in Deutschland Aufsehen machte. In England hatte ein politischer Roman des berühmten Kanzlers Bacon um die nehmliche Zeit zu einer ähnlichen Verbindung die erste Veranlassung gegeben. Eine Gesellschaft aufgeklärter Männer verband sich daselbst zur Kenntniß der Natur der Dinge näher unter sich, und verbarg ihre wahren Absichten, welche damahls für Ketzerei gehalten worden wären, unter bildlichen Zeichen und einigen Symbolen, welche auf gewisse Dichtungen in Bacons Roman unmittelbaren Bezug hatten. Weil es in London Gebrauch war, daß jede Gesellschaft ein zunftmäßiges Ansehen
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haben mußte, und mehrere Glieder dieses neu errichteten Ordens schon ohnedieß zur Maurerzunft gehörten; so schlugen sich die übrigen auch dazu, bedienten sich der Abzeichen der Maurer, und hielten ihre Versammlungen in dem Zunfthause derselben. Dieß ist die wahre Entstehung der Feimaurer-Gesellschaft, welche in den stürmischen Zeiten von Cromwells Protectorat die Absichten der königlich Gesinnten im Stillen eifrig beförderte, und dadurch zuerst in den Verdacht kam, daß in ihrem Innern Geheimnisse abgehandelt würden. Von England aus verbreitete sie sich in das nachahmungssüchtige Frankreich, und wurde auch in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in Deutschland bekannt. Ungeachtet der mannigfaltigen Veränderungen, die sie in neuern Zelten erlitten hat, und ungeachtet der empfindlichen Bedrückungen, die ihre Mitglieder hier und da ausstehen mußten, erhält sie sich immer noch in Ansehen, und rechtfertigt durch manche edle und menschenfreundliche That die gute Meinung, welche ihr so viele würdige Männer, die sie zu ihren Mitgliedern zu zählen das Glück hat, unter den Zeitgenossen verschafft haben. Ihre unechten Söhne mögen den Namen Freimaurer zur Erreichung niedriger Absichten und hämischer Entwürfe noch so sehr gemißbraucht haben, es hat ihnen doch nicht geglückt, den Glanz des Ordens völlig zu vernichten. Daß die Gesellschaft ihre eigentlichen Ver-
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handlungen nicht bekannt macht, kann in dem Auge des Vernünftigen ihrem Werthe nichts entziehen. Haßten denn die vorzüglichsten Männer des Alterthums die Eleusynischen Geheimnisse darum, weil nicht Jeder wußte, was darin vorging? –
rigen Zustande sich damahls die meisten Wissenschaften in Europa befanden. Aberglaube jeder Art, schädliche Vorliebe für geheime Wissenschaften, zumahl für Alchymie, und eine im Grunde verdorbene Theologie, welche entweder den Geist durch müßige Speculationen ermüdete oder das Herz durch mystische Grillen verdarb, verhinderten allgemein die Ausbreitung der wahren Aufklärung. Die wenigen Männer von ausgezeichneten Talenten, welche über ihr Zeitalter erhaben waren, durften mit der Bekanntmachung der Wahrheit nicht zu laut werden, weil sie bei den Freunden der alten Finsterniß den hartnäckigsten Widerstand fanden; viele verbanden sich daher im Geheim mit einander, und stifteten unter sich gewisse Gesellschaften, worunter die der Rosenkreuzer ums Jahr 1615 in Deutschland Aufsehen machte. In England hatte ein politischer Roman des berühmten Kanzlers Bacon um die nehmliche Zeit zu einer ähnlichen Verbindung die erste Veranlassung gegeben. Eine Gesellschaft aufgeklärter Männer verband sich daselbst zur Kenntniß der Natur der Dinge näher unter sich, und verbarg ihre wahren Absichten, welche damahls für Ketzerei gehalten worden wären, unter bildlichen Zeichen und einigen Symbolen, welche auf gewisse Dichtungen in Bacons Roman unmittelbaren Bezug hatten. Weil es in London Gebrauch war, daß jede Gesellschaft ein zunftmäßiges Ansehen
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haben mußte, und mehrere Glieder dieses neu errichteten Ordens schon ohnedieß zur Maurerzunft gehörten; so schlugen sich die übrigen auch dazu, bedienten sich der Abzeichen der Maurer, und hielten ihre Versammlungen in dem Zunfthause derselben. Dieß ist die wahre Entstehung der Feimaurer-Gesellschaft, welche in den stürmischen Zeiten von Cromwells Protectorat die Absichten der königlich Gesinnten im Stillen eifrig beförderte, und dadurch zuerst in den Verdacht kam, daß in ihrem Innern Geheimnisse abgehandelt würden. Von England aus verbreitete sie sich in das nachahmungssüchtige Frankreich, und wurde auch in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in Deutschland bekannt. Ungeachtet der mannigfaltigen Veränderungen, die sie in neuern Zelten erlitten hat, und ungeachtet der empfindlichen Bedrückungen, die ihre Mitglieder hier und da ausstehen mußten, erhält sie sich immer noch in Ansehen, und rechtfertigt durch manche edle und menschenfreundliche That die gute Meinung, welche ihr so viele würdige Männer, die sie zu ihren Mitgliedern zu zählen das Glück hat, unter den Zeitgenossen verschafft haben. Ihre unechten Söhne mögen den Namen Freimaurer zur Erreichung niedriger Absichten und hämischer Entwürfe noch so sehr gemißbraucht haben, es hat ihnen doch nicht geglückt, den Glanz des Ordens völlig zu vernichten. Daß die Gesellschaft ihre eigentlichen Ver-
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handlungen nicht bekannt macht, kann in dem Auge des Vernünftigen ihrem Werthe nichts entziehen. Haßten denn die vorzüglichsten Männer des Alterthums die Eleusynischen Geheimnisse darum, weil nicht Jeder wußte, was darin vorging? –