Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Erfurt
Erfurt, eine große und etwas feste Stadt in Thüringen, zu deren schönen und überaus fruchtbaren Gebiete etliche siebzig umher liegende Dörfer gehören, war im 15. und dem folgenden Jahrhunderte, vorzüglich durch ihren Handel, sehr blühend – Erfurt gehörte zu den Hansestädten, hatte die Stapelgerechtigkeit und große Vortheile von den Speditionen und dem Landhandel in Deutschland, da es gerade in der Mitte desselben liegt, – und zählte zu Ende des 16. Jahrhunderts gegen 60000 Einwohner. Allein durch den veränderten Gang des Handels, welcher sich nach Leipzig zog, durch die Deutschen Kriege und die Streitigkeiten mit und unter den Deutschen Fürsten um den Besitz dieser Stadt und Landschaft – in welchem seit 1663 Churmainz ist, welches dieselbe durch einen Statthalter regieren läßt; bekannter Maßen bekleidet gegenwärtig der berühmte Coadjutor Freiherr von Dalberg diese Stelle – ist dieselbe so gesunken, daß die Stadt Erfurt noch vor einigen Jahren nicht über 14000 Einwohner zählte, welche Anzahl jedoch seit der Französischen Revolution durch eine große Anzahl Ausgewanderter aus mehrern Gegenden, von denen jedoch die Französischen Emigrés sich wieder hinweg begeben müssen, beträchtlich gestiegen ist. Nicht leicht hat eine Stadt in Deutschland mit ihrem Gebiet so viel Cultur und Handel mit Gartengewäch-————
sen aller Art als Erfurt. Der Hauptzweig des Stadtgewerbes sind indeß die Wollmanufacturen. Die Einwohner dieser Stadt nebst dem Rathe und der daselbst befindlichen Universität sind theils katholisch – es giebt auch mehrere Klöster in Erfurt – theils lutherisch; doch sind unter den Einwohnern die meisten lutherisch. Uebrigens hat die Stadt Erfurt noch folgende Sehenswürdigkeiten: die Citadelle auf dem Petersberge, nebst dem Benedictinerkloster, in welchem der Graf von Gleichen mit seinen beiden Gemahlinnen begraben liegt; den Dom, mit der großen 275 Centner schweren Glocke, Maria genannt; das ehemahlige Augustiner-Kloster, in welchem jetzt das lutherische Gymnasium ist, mit D. Luthers Zelle. die er von 1505 bis 1512 bewohnte; das jedesmahlige Frohnleichnamsfest, welches mit großem Pomp gefeiert wird und eine große Menge Fremde nach Erfurt zieht.
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Erfurt: diese Hauptstadt Thüringens wurde mit ihrem Gebiete von 16 Quadratmeilen zugleich mit dem Eichsfelde (zwischen Thüringen, Hessen und dem Fürstenth. Grubenhagen und Calenberg gelegen) im J. 1802 zur Entschädigung für die an Frankreich abgetretenen Besitzungen von Preußen in Besitz genommen; allein die schon ziemlich gesunkene Stadt schien dadurch noch mehr an Sitten und Wohlstand zu leiden. Durch den unglücklichen französisch-preuß. Krieg i. J. 1806 und nach der unglücklichen Schlacht vom 14. Oct. bei Jena und Auerstädt ging Erfurt den 16. Oct. durch Capitulation über, wobei unter mehreren Generalen der Feldmarschall Möllendorf, der Prinz von Oranien etc. zu Kriegsgefangenen gemacht wurden. Das Eichsfeld wurde in der Folge zu Westphalen geschlagen: Erfurts Schicksal ist bis jetzt noch unentschieden geblieben. – Berühmt wurde der Ort neuerlich wieder durch die merkwürdige Zusammenkunst im Oct. 1808 zwischen dem russischen und französischen Kaiser, den Königen von Sachsen, Bayern etc. und so vielen andern hohen Personen, obgleich die segensreichen Folgen, die man sich von diesem merkwürdigen Congreß versprach, wenigstens bis jetzt noch nicht ihre Wirkung gezeigt haben.
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Ansicht: Erfurt