Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Eon de Beaumont, Der Ritter d'
Der Ritter dʼ Eon de Beaumont, geb. i. J. 1728 zu Tonnerre in Frankreich. Er studirte zu Paris, und machte in den Wissenschaften sehr große Fortschritte, wodurch es ihm in der Folge möglich wurde, auch als Schriftsteller Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine nicht gemeinen Kenntnisse in der Staatswissenschaft verschafften ihm schon im Jahr 1755 die Stelle eines geheimen Geschäftsführers am Russischen Hofe, wo er zur gänzlichen Zufriedenheit des Versailler Cabinets arbeitete. Im siebenjährigen Kriege erwarb er sich durch persönliche Tapferkeit ungemeinen Ruhm, und rettete bey mehrern Gelegenheiten die Ehre der Französischen Waffen. Nach wieder hergestelltem Frieden wurde er wieder bey der Englischen Gesandschaft in London angestellt; allein hier gerieth er bald mit dem Grafen Guerchy, dessen Gesandschaftssecretair er war, in Mißhelligkeiten; wurde dem Hofe zu Versailles verhaßt, verlor deswegen seine Würden und lebte nachher in London als Privatmann, nicht ohne heimliche Nachstellungen. Ludwig XVI. der unter den Papieren seines Großvaters eine geheime Correspondenz des Ritters dʼEon gefunden hatte, hielt sich verbunden, ihn wieder nach Frankreich zu berufen. Lange konnte er sich nicht entschließen, diesem Rufe zu folgen; endlich aber trat er doch im Jahr 1777 die Reise an. Er wurde sehr gut aufge-————
nommen, mußte jedoch auf ausdrücklichen Befehl des Königs seinen ritterlichen Schmuck mit Frauenzimmerkleidern vertauschen. Die Gründe dieses seltsamen Gebots scheinen weniger sonderbar, wenn man bedenkt, daß über das eigentliche Geschlecht des dʼEon schon in London Zweifel erhoben wurden, und der Ritter sich einmahl genöthigt sah, vor einem Haufen versammelter Menschen zu erklären, daß er jedem mit dem Degen oder dem Stocke seine Mannheit zu beweisen erbötig sei. Zahlreiche über diesen Punkt angestellte Wetten blieben unentschieden, und man kann selbst jetzt noch nicht ganz gewiß behaupten, wie viel Wahres in dieser Sage liege. Genug Ritter dʼEon führte seitdem den Namen der Chevaliere dʼEon, den er auch nicht abgelegt hat, nachdem er 1785 nach England zurück gekehrt ist. Anacharsis Cloots, der berühmte Redner des Menschengeschlechts, forderte 1792 den dʼEon auf, für die Sache der Freiheit zu fechten, und dieser antwortete in einem verbindlichen Handschreiben, daß er diesem ehrenvollen Rufe sehr gern folgen würde, wenn ihm der König der Franzosen nur erlauben wollte, seine jetzige weibliche Kleidung mit der ehemahligen ritterlichen zu vertauschen.
Der Ritter dʼ Eon de Beaumont, geb. i. J. 1728 zu Tonnerre in Frankreich. Er studirte zu Paris, und machte in den Wissenschaften sehr große Fortschritte, wodurch es ihm in der Folge möglich wurde, auch als Schriftsteller Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Seine nicht gemeinen Kenntnisse in der Staatswissenschaft verschafften ihm schon im Jahr 1755 die Stelle eines geheimen Geschäftsführers am Russischen Hofe, wo er zur gänzlichen Zufriedenheit des Versailler Cabinets arbeitete. Im siebenjährigen Kriege erwarb er sich durch persönliche Tapferkeit ungemeinen Ruhm, und rettete bey mehrern Gelegenheiten die Ehre der Französischen Waffen. Nach wieder hergestelltem Frieden wurde er wieder bey der Englischen Gesandschaft in London angestellt; allein hier gerieth er bald mit dem Grafen Guerchy, dessen Gesandschaftssecretair er war, in Mißhelligkeiten; wurde dem Hofe zu Versailles verhaßt, verlor deswegen seine Würden und lebte nachher in London als Privatmann, nicht ohne heimliche Nachstellungen. Ludwig XVI. der unter den Papieren seines Großvaters eine geheime Correspondenz des Ritters dʼEon gefunden hatte, hielt sich verbunden, ihn wieder nach Frankreich zu berufen. Lange konnte er sich nicht entschließen, diesem Rufe zu folgen; endlich aber trat er doch im Jahr 1777 die Reise an. Er wurde sehr gut aufge-————
nommen, mußte jedoch auf ausdrücklichen Befehl des Königs seinen ritterlichen Schmuck mit Frauenzimmerkleidern vertauschen. Die Gründe dieses seltsamen Gebots scheinen weniger sonderbar, wenn man bedenkt, daß über das eigentliche Geschlecht des dʼEon schon in London Zweifel erhoben wurden, und der Ritter sich einmahl genöthigt sah, vor einem Haufen versammelter Menschen zu erklären, daß er jedem mit dem Degen oder dem Stocke seine Mannheit zu beweisen erbötig sei. Zahlreiche über diesen Punkt angestellte Wetten blieben unentschieden, und man kann selbst jetzt noch nicht ganz gewiß behaupten, wie viel Wahres in dieser Sage liege. Genug Ritter dʼEon führte seitdem den Namen der Chevaliere dʼEon, den er auch nicht abgelegt hat, nachdem er 1785 nach England zurück gekehrt ist. Anacharsis Cloots, der berühmte Redner des Menschengeschlechts, forderte 1792 den dʼEon auf, für die Sache der Freiheit zu fechten, und dieser antwortete in einem verbindlichen Handschreiben, daß er diesem ehrenvollen Rufe sehr gern folgen würde, wenn ihm der König der Franzosen nur erlauben wollte, seine jetzige weibliche Kleidung mit der ehemahligen ritterlichen zu vertauschen.