Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Corpus Juris, Das
Das Corpus Juris, a. d. Lat. Man versteht darunter eine Sammlung von Gesetzen und Verordnungen, welche der Griechische Kaiser Instinianus (im 6ten Jahrh) zusammentragen ließ. Das Werk ist in lateinischer Sprache abgefaßt, hatte also gleich bei seiner Entstehung das sonderbare Schicksal, dem Volke unverständlich zu sein, für das es zunächst bestimmt war. Es besteht aus mehrern Haupttheilen: 1) aus einem Handbuche der gesammten Jurisprudenz, zum Leitfaden bei dem Unterricht (Institutionen); 2) aus einem größern Rechtssystem in 50 Büchern, welche aus den Schriften älterer Rechtslehrer gesammelt sind (Pandekten); 3) aus Verordnungen der vorhergehenden Kaiser (Codex); 4) aus spätern, nach Abfassung der genannten drei Werke, erschienenen Gesetzen Instinians (Novellen.) Mehrere Verordnungen der nachherigen Kaiser und die Longobardischen Lehnrechtsbücher machen den Anhang aus. Die heutige Form der ganzen Sammlung verdankt man den Bemühungen der Italiänischen Rechtsgelehrten des Mittelalters. Denn im 12ten Jahrhundert fing man in Italien wieder an, die Justinianeische Gesetzgebung – die, unter den gewaltsamen Erschütterungen, womit dieses Land Jahrhunderte hindurch heimgesucht wurde, beinahe vergessen worden war, – auf Universitäten vorzutragen, und verschaffte dadurch vorzüglich der Akade-————
mie zu Bologna einen ausgebreiteten Ruf. Aus allen Ländern Europens ströhmten wißbegierige Jünglinge nach diesem eröffneten Tempel der Themis, und brachten die aufgefundenen Schätze der Weisheit in ihr Vaterland zurück. Die meisten einheimischen Gesetzgebungen waren in jenen Zeiten äußerst unvollständig und mangelhaft Ganz natürlich fing man also an, die auswärts erlernten Rechtssätze bei verschiedenen juristischen Geschäften im Vaterlande anzuwenden. Die Methode fand Beifall, und wurde, namentlich in Deutschland, so allgemein, daß sie Kaiser Maximilian I. in einem Reichsgrundgesetze 1495 bestätigen, und dadurch das so genannte Römische Recht zu einer allgemeinen subsidiarischen Entscheidungsquelle für das ganze Deutsche Reich erheben konnte. Bei allen Mängeln, durch welche die Justinianeische Gesetzgebung entstellt wird, hat sie doch auch sehr viel Vortreffliches und noch jetzt Brauchbares. Und selbst bei den neuesten philosophischen Gesetzgebungen hat man sie oft zu benutzen gesucht.
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