Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Choiseul Amboise, Franz Stephan, Herzog von
Franz Stephan, Herzog von Choiseul Amboise. Dieser merkwürdige Mann, dessen Geschichte die Staatsgeschichte von Europa in einem langen sehr interessanten Zeitpunkte ist, wurde 1719 geboren, und starb 1785. Er war von mittelmäßiger, doch mehr kleiner Statur, etwas untersetzt, mit rothen Haaren, großen funkelnden Augen, und einer Haltung des Körpers, welche sogleich Größe verkündigte. Seine Lebhaftigkeit war außerordentlich; er liebte den Scherz, und hatte selbst Witz. Stolz war ein Hauptzug seines Charakters; daß er denselben gegen die Du Barri nicht verläugnete, beförderte seinen Fall – aber man kann sich hierbei der Frage nicht enthalten, warum er der Pompadour schmeichelte? Choiseul regierte Frankreich, wie ehedem Richelieu, nur mit dem Unterschiede, sagt Mercier, daß dieser die Großen demüthigte, um den Thron zu erheben, Choiseul hingegen mit den großen gleichsam in ein Bündniß trat, jedem derselben einen besondern Despotismus erlaubte, um sich zum Könige derselben zu machen, und so dazu beitrug, die Nichtigkeit des Monarchen zu bewirken, und das System der stolzen alles verzehrenden Aristokratie einzuführen. Choiseul war anfangs Soldat; seinen Eintritt in die politische Laufbahn hatte er dem Cardinal von Bernis zu danken, der ihm die Gunst der Pompadour verschaffte, und die Stelle————
eines Gesandten in Rom ausmachte. Choiseul, der damals noch Stainville hieß, blieb bis 1756 in Rom, wo er zuerst einen tiefen Blick in die Verfassung des Jesuiter-Ordens that, dessen Aufhebung eine der wichtigsten Begebenheiten seiner Ministerschaft ward; wiewohl nicht eigentlich er, sondern Campomanes in Spanien den Plan dazu angelegt haben soll. Von Rom ging er bis 1758 als Ambassadeur nach Wien, als ihm der zur Cardinalwürde erhobene Bernis die Ministerstelle der auswärtigen Angelegenheiten überließ. Der Mangel einer hinlänglichen Seemacht und großer Generale zu Land war Ursache, daß der Krieg von 1755 bis 1762 für Frankreich so unglücklich geführt wurde. Indeß verschaffte Choiseul durch seinen Vetter, den nachherigen Herzog von Praslin, den er mit ins Ministerium brachte, und mit dem er in der Folge so zu sagen Frankreich regierte, einen leidlichern Frieden, als man erwartet hatte. Im J. 1761 brachte er den berühmten Familien-Tractat der Bourbonischen Höfe zu Stande: er wendete die größte und glücklichste Sorgfalt auf die Verstärkung der Französischen Seemacht; er unterwarf der Französischen Krone Corsica; er bewerkstelligte endlich die Vermählung des Dauphins mit Marien Antoinetten, die er noch als Minister vollziehen sah. Allein nur sieben Monathe nach dieser Verbindung war er noch Minister; der Herzog von Aiguillon und der Canzler Meaupon stürzten ihn d. 24.
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Dec. 1770 durch die Du Barri, deren Eitelkeiter beleidigt hatte. Dieses gelang ihnen nach vielen vergeblichen Versuchen dadurch, daß man den König durch aufgefangene Briefe überzeugte, Choiseul suche gegen den Wunsch des friedliebenden Königs Spanien und damit Frankreich zu einem Kriege gegen England zu bewegen. Choiseul fiel also zugleich durch seine eigne Schuld. Der König sprach jedoch noch stets mit Achtung von ihm.
Franz Stephan, Herzog von Choiseul Amboise. Dieser merkwürdige Mann, dessen Geschichte die Staatsgeschichte von Europa in einem langen sehr interessanten Zeitpunkte ist, wurde 1719 geboren, und starb 1785. Er war von mittelmäßiger, doch mehr kleiner Statur, etwas untersetzt, mit rothen Haaren, großen funkelnden Augen, und einer Haltung des Körpers, welche sogleich Größe verkündigte. Seine Lebhaftigkeit war außerordentlich; er liebte den Scherz, und hatte selbst Witz. Stolz war ein Hauptzug seines Charakters; daß er denselben gegen die Du Barri nicht verläugnete, beförderte seinen Fall – aber man kann sich hierbei der Frage nicht enthalten, warum er der Pompadour schmeichelte? Choiseul regierte Frankreich, wie ehedem Richelieu, nur mit dem Unterschiede, sagt Mercier, daß dieser die Großen demüthigte, um den Thron zu erheben, Choiseul hingegen mit den großen gleichsam in ein Bündniß trat, jedem derselben einen besondern Despotismus erlaubte, um sich zum Könige derselben zu machen, und so dazu beitrug, die Nichtigkeit des Monarchen zu bewirken, und das System der stolzen alles verzehrenden Aristokratie einzuführen. Choiseul war anfangs Soldat; seinen Eintritt in die politische Laufbahn hatte er dem Cardinal von Bernis zu danken, der ihm die Gunst der Pompadour verschaffte, und die Stelle————
eines Gesandten in Rom ausmachte. Choiseul, der damals noch Stainville hieß, blieb bis 1756 in Rom, wo er zuerst einen tiefen Blick in die Verfassung des Jesuiter-Ordens that, dessen Aufhebung eine der wichtigsten Begebenheiten seiner Ministerschaft ward; wiewohl nicht eigentlich er, sondern Campomanes in Spanien den Plan dazu angelegt haben soll. Von Rom ging er bis 1758 als Ambassadeur nach Wien, als ihm der zur Cardinalwürde erhobene Bernis die Ministerstelle der auswärtigen Angelegenheiten überließ. Der Mangel einer hinlänglichen Seemacht und großer Generale zu Land war Ursache, daß der Krieg von 1755 bis 1762 für Frankreich so unglücklich geführt wurde. Indeß verschaffte Choiseul durch seinen Vetter, den nachherigen Herzog von Praslin, den er mit ins Ministerium brachte, und mit dem er in der Folge so zu sagen Frankreich regierte, einen leidlichern Frieden, als man erwartet hatte. Im J. 1761 brachte er den berühmten Familien-Tractat der Bourbonischen Höfe zu Stande: er wendete die größte und glücklichste Sorgfalt auf die Verstärkung der Französischen Seemacht; er unterwarf der Französischen Krone Corsica; er bewerkstelligte endlich die Vermählung des Dauphins mit Marien Antoinetten, die er noch als Minister vollziehen sah. Allein nur sieben Monathe nach dieser Verbindung war er noch Minister; der Herzog von Aiguillon und der Canzler Meaupon stürzten ihn d. 24.
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Dec. 1770 durch die Du Barri, deren Eitelkeiter beleidigt hatte. Dieses gelang ihnen nach vielen vergeblichen Versuchen dadurch, daß man den König durch aufgefangene Briefe überzeugte, Choiseul suche gegen den Wunsch des friedliebenden Königs Spanien und damit Frankreich zu einem Kriege gegen England zu bewegen. Choiseul fiel also zugleich durch seine eigne Schuld. Der König sprach jedoch noch stets mit Achtung von ihm.