Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Camoens, Luis de
Luis de Camoens (spr. Camöeng), ein berühmter portugiesischer Dichter und eine merkwürdige Erscheinung des 16ten Jahrhunderts. Geboren ungefähr 1524 zu Lissabon, und zwar aus adelicher Familie – sein Vater war See-Capitain – genoß er eine sehr angemessene Erziehung zu einer Zeit, wo gerade sein Vaterland auf der höchsten Stufe seines Flors stand. Die damaligen Entdeckungen und Heldenthaten der Portugiesen in Indien begeisterten auch den jungen Comoens, welcher auf der eben damals gestifteten Universität Coimbra einer der ersten Zöglinge war. Hang zur Poesie erhielt bald bei ihm das Uebergewicht; seine Schwärmereien fanden eben so bald, als er von der Universität nach Lissabon zurück kam, noch mehr Nahrung durch einen Liebeshandel, von dem nur so viel bekannt ist, daß unser Dichter darüber aus Lissabon verwiesen wurde. Jetzt ging er mit einer Expedition gegen die Ungläubigen als Volontair nach Afrika, wo er mit vieler Bravour focht, aber in einem Seegefechte in der Meerenge von Gibraltar ein Auge verlor; dennoch setzte er seine Feldzüge mit fort, und blieb immerfort Dichter so gut wie Soldat. Bei seiner Zurückkunft nach Lissabon, die ihm endlich wieder verstattet war, machte er dennoch kein Glück, und da auch sein in einem Sturme umgekommener Vater kein Vermögen hinterließ, so ging Ca-————
moens im Jahr 1553 mit einer Escadre nach Ostindien ab. Zwar blieb das Schiff, auf dem er sich befand, einzig von den vier abgesegelten Schiffen vom Sturme übrig; aber dennoch schien auch in Asien kein Glück seiner zu warten. Er hielt sich meistentheils in Goa auf, wo er im dritten Jahre seines Aufenthalts in Indien (1556) wegen einiger Satyren von dem neuen Vicekönig auf die Insel Macao verwiesen wurde; einen einzigen getreuen Gefährten hatte er in seinem Sklaven Johann, der ihm lebenslang treu blieb. Camoens erhielt in diesem seinen Exil – ein Amt, nemlich als Administrator der Gelder der Verstorbenen und Abwesenden. Nach fünf Jahren machte der Tod des Vicekönigs seinem Exil ein Ende; er kam nach Goa, wurde aber bald der Veruntreuung bei jener Verwaltung beschuldigt und in Arrest gebracht, aus dem man ihn jedoch nachher ehrenvoll und als unschuldig entließ, da er besonders die letzte Zeit durch seine Verse den neuen Vicekönig sich zum Freunde gemacht hatte. Alle diese Unglücksfälle erregten bei ihm die höchste Sehnsucht nach seinem Vaterlande: die Gelegenheit zur Rückkehr zeigte sich, indem ihn der Statthalter von Sofala an der Ostküste von Afrika mit hieher nahm und das Reisegeld ihm vorschoß; allein da sie nun hier angelangt waren, und Camoens diese Summe nicht bezahlen konnte, ward seine Lage noch trauriger. Er schmachtete einen Monat lang in Sofala:
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da kam endlich ein europäisches Schiff mit mehreren angesehenen Portugiesen, die für ihn bezahlten, und so gelangte er nach sechzehnjähriger Abwesenheit endlich 1569 in seiner Vaterstadt wieder an, in welche er statt aller indischen Schätze nichts als – seine in Indien vollendete Lusiade mitbrachtet ein National-Heldengedicht, an welchem er 30 Jahre gearbeitet hatte, und wodurch er eben so berühmt und der Homer seiner Nation ward, welche dies Gedicht eben so heilig, wie die Griechen ihre Ilias, hielten. Dennoch schmachtete der Dichter dieses von seiner Nation mit so lautem Beifall ausgenommenen Gedichts, das zwei Jahre nach seiner Zurückkunft zum erstenmale gedruckt erschien, in der bittersten Armuth. König Sebastian, dem er es zueignete, gab ihm eine elende Pension, und unser Dichter mußte sogar den Hof zu dem Feldzug gegen Marocco begleiten – sein treuer Johann soll sogar des Nachts für sich und seinen Herrn Almosen gebettelt haben – und da dieser durch eine fürchterliche Schlacht höchst unglücklich ausfiel und Sebastian selbst verschwand, so blieb der arme Dichter ganz verlassen, bis er endlich im 55 Jahre seines Alters 1579 – und wie einige wollen, gar im Hospital! – starb. Nach seinem Tode machte man die Ungerechtigkeiten gegen diesen Dichter dadurch gut, daß man ihm den Beinamen des Großen gab, und ein Denkmal in der Kirche, wo er liegt, errichtete!
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»Wenn auch das ganze Gedicht der Lusiade« – dies ist das Urtheil eines competenten Richters, Bouterwek (N. Vesta, 3. Bd.), von welchem diese Nachrichten entlehnt sind – »vor der unbestechlichen Kritik keineswegs bestehen kann, so muß doch jeder, wer irgend Empfänglichkeit für wahre Poesie hat, hingerissen werden von der Schönheit einzelner Parthien des großen Gemäldes, in dem die ganze Seele des schwärmerischen Dichters lebt, und das von Patriotismus glüht. Camoens ist nichts weniger als correcter Dichter; aber alle seine Gedichte tragen das Gepräge der lebendigsten, nur zu leidenschaftlichen Anschauung. – In den schönsten Stellen seiner Gedichte ist jeder Zug voll Herz und Leben.«
moens im Jahr 1553 mit einer Escadre nach Ostindien ab. Zwar blieb das Schiff, auf dem er sich befand, einzig von den vier abgesegelten Schiffen vom Sturme übrig; aber dennoch schien auch in Asien kein Glück seiner zu warten. Er hielt sich meistentheils in Goa auf, wo er im dritten Jahre seines Aufenthalts in Indien (1556) wegen einiger Satyren von dem neuen Vicekönig auf die Insel Macao verwiesen wurde; einen einzigen getreuen Gefährten hatte er in seinem Sklaven Johann, der ihm lebenslang treu blieb. Camoens erhielt in diesem seinen Exil – ein Amt, nemlich als Administrator der Gelder der Verstorbenen und Abwesenden. Nach fünf Jahren machte der Tod des Vicekönigs seinem Exil ein Ende; er kam nach Goa, wurde aber bald der Veruntreuung bei jener Verwaltung beschuldigt und in Arrest gebracht, aus dem man ihn jedoch nachher ehrenvoll und als unschuldig entließ, da er besonders die letzte Zeit durch seine Verse den neuen Vicekönig sich zum Freunde gemacht hatte. Alle diese Unglücksfälle erregten bei ihm die höchste Sehnsucht nach seinem Vaterlande: die Gelegenheit zur Rückkehr zeigte sich, indem ihn der Statthalter von Sofala an der Ostküste von Afrika mit hieher nahm und das Reisegeld ihm vorschoß; allein da sie nun hier angelangt waren, und Camoens diese Summe nicht bezahlen konnte, ward seine Lage noch trauriger. Er schmachtete einen Monat lang in Sofala:
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da kam endlich ein europäisches Schiff mit mehreren angesehenen Portugiesen, die für ihn bezahlten, und so gelangte er nach sechzehnjähriger Abwesenheit endlich 1569 in seiner Vaterstadt wieder an, in welche er statt aller indischen Schätze nichts als – seine in Indien vollendete Lusiade mitbrachtet ein National-Heldengedicht, an welchem er 30 Jahre gearbeitet hatte, und wodurch er eben so berühmt und der Homer seiner Nation ward, welche dies Gedicht eben so heilig, wie die Griechen ihre Ilias, hielten. Dennoch schmachtete der Dichter dieses von seiner Nation mit so lautem Beifall ausgenommenen Gedichts, das zwei Jahre nach seiner Zurückkunft zum erstenmale gedruckt erschien, in der bittersten Armuth. König Sebastian, dem er es zueignete, gab ihm eine elende Pension, und unser Dichter mußte sogar den Hof zu dem Feldzug gegen Marocco begleiten – sein treuer Johann soll sogar des Nachts für sich und seinen Herrn Almosen gebettelt haben – und da dieser durch eine fürchterliche Schlacht höchst unglücklich ausfiel und Sebastian selbst verschwand, so blieb der arme Dichter ganz verlassen, bis er endlich im 55 Jahre seines Alters 1579 – und wie einige wollen, gar im Hospital! – starb. Nach seinem Tode machte man die Ungerechtigkeiten gegen diesen Dichter dadurch gut, daß man ihm den Beinamen des Großen gab, und ein Denkmal in der Kirche, wo er liegt, errichtete!
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»Wenn auch das ganze Gedicht der Lusiade« – dies ist das Urtheil eines competenten Richters, Bouterwek (N. Vesta, 3. Bd.), von welchem diese Nachrichten entlehnt sind – »vor der unbestechlichen Kritik keineswegs bestehen kann, so muß doch jeder, wer irgend Empfänglichkeit für wahre Poesie hat, hingerissen werden von der Schönheit einzelner Parthien des großen Gemäldes, in dem die ganze Seele des schwärmerischen Dichters lebt, und das von Patriotismus glüht. Camoens ist nichts weniger als correcter Dichter; aber alle seine Gedichte tragen das Gepräge der lebendigsten, nur zu leidenschaftlichen Anschauung. – In den schönsten Stellen seiner Gedichte ist jeder Zug voll Herz und Leben.«