Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Brissot, Jean Pierre
Jean Pierre Brissot, de Warwille. Dieser in der Französischen Revolutions-Geschichte so merkwürdig gewordene Mann, über den wir schon in Art. Barrere unsre Meinung gesagt haben, ist 1754 zu Beauce geboren (und war folglich Pethions Landsmann), wo sein Vater Gastwirth war. Sein erster Ausflug war zu einem Procurator, wo er fünf Jahre arbeitete, nachher aber abging, und sich ganz auf die Literatur, vorzüglich auf die Englische, legte. Er schrieb mehrere vortreffliche Werke über die Criminal-Gesetzgebung. Zu gleicher Zeit regte sich ein großer Ehrgeitz bei ihm, mit welchem sich Verschwendung verband. Sein Vater hatte zu Guarville, einem Dorfe bei Beauce, ein Bauergut: er schrieb sich, mit einer kleinen Verwandlung dieses Namens, Brissot de Warwille; wahrscheinlich weil es zum guten Tone gehörte, von irgend einer Besitzung den Namen zu führen, wiewohl er selbst sagt, es sei aus Anglomanie geschehen. Diese beiden Leidenschaften, Ehrgeitz und Verschwendung, haben ihn immer mehr und mehr beherrscht, und endlich die Oberhand über das Gute behalten, das man ihm gewiß nicht absprechen kann. Er schrieb das bekannte Buch de la Verité (Betrachtungen über die Mittel, in allen menschlichen Kenntnissen zur Wahrheit zu gelangen), wodurch er sich den Naturschwärmern, den Freunden ge-————
heimer Kenntnisse, sehr empfahl. Ein Club solcher Menschen unterstützte ihn zu einer Reise nach England, um dort gemeinschaftlich mit den Brüdern eine allgemeine Correspondenz über das, was das Glück der Menschen und der Gesellschaft betrifft, herauszugeben. Vorher ging er (1782) deßhalb nach Genf, wo alles im Aufruhr war, und wo er sich mit Claviere verband, dann nach Neufchatel. In London gab er nicht nur diese Correspondenz sondern auch noch mehrere Schriften heraus. Zu gleicher Zeit war er sehr derangirt; und da er nicht Stärke der Seele genug besaß, sich einzuschränken, so blieb ihm nichts übrig, als seine Zuflucht zu Betrügereien zu nehmen, zu welcher Art von Geschäften er ein entschiedenes Talent besaß. Im Jahr 1784 kehrte er, nach dem Tode seines Vaters, nach Paris zurück, wo man ihn in die Bastille warf, aus welcher er jedoch bald wieder befreit wurde. Er machte jetzt von neuen den Schriftsteller; im Jahr 1787 schrieb er, mit Claviere, das schätzbare Werk über Frankreichs Handelsverhältnisse mit den Nordamerikanischen Freistaaten, und deren Verfassung. Claviere brachte ihn in die Dienste des Herzogs von Orleans. Hier schrieb er die Brochüre: kein Bankerott! wegen welcher ihn Brienne in die Bastille werfen lassen wollte, welches aber Brissot erfuhr, nach Holland floh, und den Entschluß faßte, sein Leben in Amerika zu beschließen. Die emigrirten Genfer hatten
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die Idee, sich in Nordamerika anzukaufen, und gaben ihm daher Aufträge mit dahin. Er hat seine Reise durch die Nordamerikanischen Freistaaten beschrieben, welchen er soll haben Gesetze geben wollen. Allein im Jahr 1789 kehrte er schon wieder nach Frankreich zurück und schrieb. Als die Revolution ausbrach, suchte er Ehrenstellen. Er hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen; indeß gelang es ihm, wie Manuel, mit dem er sich aufs engste verband, wiewohl nicht gleich vom Anfange. Er hatte die Freude, sich zum Deputirten für die zweite legislative National-Versammlung von der Stadt Paris gewählt zu sehen. Brissots täuschende Beredsamkeit erregte von seiner Moralität die höchste Meinung; alles schien aus seinem Herzen zu kommen. Der Jacobiner-Club hatte das größte Vertrauen in ihn, da er sich für einen Gegner der Feuillants erklärte. Bekannter Maßen ward er bald eins der Häupter der Gironde. So wie er sich nun hierdurch den Haß des Berges zuzog, so wurde er mit seinen Anhängern, besonders seit dem Prozesse des Königs, bei welchem er sich für die Appellation desselben an das Volk erklärte (s. den Art. Appellanten), der Vereinigung mit der Hofpartei und geheimer Absichten gegen das Interesse der Nation beschuldigt. Schwerlich dürfte er hierbei von eigennützigen Absichten freigesprochen werden können; und was man zu seiner Entschuldigung anführen
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kann, ist, daß er wenigstens nicht ganz wider seine Ueberzeugung handelte. Die Gironde hatte lange die Oberhand, und behauptete sich, als sie schon zu sinken anfing, noch immer mit vieler Kraft. Endlich fiel sie durch die Revolution vom 31. Mai 1793, und mit ihr Brissot. Er wurde wegen eines Antheils an der Coalition der fremden Mächte gegen Frankreich und eines noch weit gefährlichern Einverständnisses mit Manuel zum Verderben seines Vaterlandes angeklagt. Er floh, wurde aber auf der Flucht arretirt, und starb den 31. Oct. unter, der Guillotine. Die Schilderung seines Charakters in der Minerva (Febr. 1794) ist ohne Zweifel zu schwarz. Er selbst hat in seinem Journal der Französische Patriot einen großen Theil seines Lebens erzählt, und gegenwärtig ist eine Geschichte seines Lebens in Paris unter der Presse. Vergl. d. folg. Art. und Girondisten.
heimer Kenntnisse, sehr empfahl. Ein Club solcher Menschen unterstützte ihn zu einer Reise nach England, um dort gemeinschaftlich mit den Brüdern eine allgemeine Correspondenz über das, was das Glück der Menschen und der Gesellschaft betrifft, herauszugeben. Vorher ging er (1782) deßhalb nach Genf, wo alles im Aufruhr war, und wo er sich mit Claviere verband, dann nach Neufchatel. In London gab er nicht nur diese Correspondenz sondern auch noch mehrere Schriften heraus. Zu gleicher Zeit war er sehr derangirt; und da er nicht Stärke der Seele genug besaß, sich einzuschränken, so blieb ihm nichts übrig, als seine Zuflucht zu Betrügereien zu nehmen, zu welcher Art von Geschäften er ein entschiedenes Talent besaß. Im Jahr 1784 kehrte er, nach dem Tode seines Vaters, nach Paris zurück, wo man ihn in die Bastille warf, aus welcher er jedoch bald wieder befreit wurde. Er machte jetzt von neuen den Schriftsteller; im Jahr 1787 schrieb er, mit Claviere, das schätzbare Werk über Frankreichs Handelsverhältnisse mit den Nordamerikanischen Freistaaten, und deren Verfassung. Claviere brachte ihn in die Dienste des Herzogs von Orleans. Hier schrieb er die Brochüre: kein Bankerott! wegen welcher ihn Brienne in die Bastille werfen lassen wollte, welches aber Brissot erfuhr, nach Holland floh, und den Entschluß faßte, sein Leben in Amerika zu beschließen. Die emigrirten Genfer hatten
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die Idee, sich in Nordamerika anzukaufen, und gaben ihm daher Aufträge mit dahin. Er hat seine Reise durch die Nordamerikanischen Freistaaten beschrieben, welchen er soll haben Gesetze geben wollen. Allein im Jahr 1789 kehrte er schon wieder nach Frankreich zurück und schrieb. Als die Revolution ausbrach, suchte er Ehrenstellen. Er hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen; indeß gelang es ihm, wie Manuel, mit dem er sich aufs engste verband, wiewohl nicht gleich vom Anfange. Er hatte die Freude, sich zum Deputirten für die zweite legislative National-Versammlung von der Stadt Paris gewählt zu sehen. Brissots täuschende Beredsamkeit erregte von seiner Moralität die höchste Meinung; alles schien aus seinem Herzen zu kommen. Der Jacobiner-Club hatte das größte Vertrauen in ihn, da er sich für einen Gegner der Feuillants erklärte. Bekannter Maßen ward er bald eins der Häupter der Gironde. So wie er sich nun hierdurch den Haß des Berges zuzog, so wurde er mit seinen Anhängern, besonders seit dem Prozesse des Königs, bei welchem er sich für die Appellation desselben an das Volk erklärte (s. den Art. Appellanten), der Vereinigung mit der Hofpartei und geheimer Absichten gegen das Interesse der Nation beschuldigt. Schwerlich dürfte er hierbei von eigennützigen Absichten freigesprochen werden können; und was man zu seiner Entschuldigung anführen
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kann, ist, daß er wenigstens nicht ganz wider seine Ueberzeugung handelte. Die Gironde hatte lange die Oberhand, und behauptete sich, als sie schon zu sinken anfing, noch immer mit vieler Kraft. Endlich fiel sie durch die Revolution vom 31. Mai 1793, und mit ihr Brissot. Er wurde wegen eines Antheils an der Coalition der fremden Mächte gegen Frankreich und eines noch weit gefährlichern Einverständnisses mit Manuel zum Verderben seines Vaterlandes angeklagt. Er floh, wurde aber auf der Flucht arretirt, und starb den 31. Oct. unter, der Guillotine. Die Schilderung seines Charakters in der Minerva (Febr. 1794) ist ohne Zweifel zu schwarz. Er selbst hat in seinem Journal der Französische Patriot einen großen Theil seines Lebens erzählt, und gegenwärtig ist eine Geschichte seines Lebens in Paris unter der Presse. Vergl. d. folg. Art. und Girondisten.