Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Boileau von Despreaux, Nicolaus
Nicolaus Boileau von Despreaux. (sprich Boalo Depreo) Dieser berühmte Französische Dichter wurde zu Crone bei Paris im J. 1636 geboren. Seine Jugend war sehr mühselig. Ein Indianischer Hahn verstümmelte ihn, wenn man dem Verfasser der Année literaire Glauben beimessen darf, so, daß er im 8. Jahre geschnitten werden mußte. Da seine Mutter todt und sein Vater in Finanzgeschäfte vertieft war, so war er einer alten Magd überlassen, die ihn sehr hart behandelte. Er trieb anfangs die Jurisprudenz; er ward auch Parlaments-Advocat; ging aber nachher zur scholastischen Theologie und von dieser zur Dichtkunst, seiner Lieblingsneigung, über. Seine ersten Satiren erschienen im J. 1666; sie wurden verschlungen. Auf die Wuth, in welche die jungen Schriftsteller, die er gegeißelt hatte, darüber geriethen, antwortete Boileau in seiner neunten Satire, welche sein Meisterstück ist. Er erhielt die Erlaubniß, Ludwig XIV. einige Stellen aus seinem Lutrin (das Pult; ein komisches Gedicht, zu welchem ihm ein Prozeß zwischen den beiden vornehmsten Geistlichen einer Kirche zu Paris Gelegenheit gab, von denen der oberste dem zweiten zum Possen ein ungeheures Pult vor seinen Sitz wollte stellen lassen) vorzulesen, worüber ihm derselbe sehr viel schmeichelhaftes sagte, ihm ein Jahrgeld von 2000 Livres aussetzte, und den Auftrag————
gab, mit Racine, seine Geschichte zu schreiben. Er wurde in die Französische Akademie und in die Akademie der Inschriften aufgenommen. Er ist als der Urheber der Kritik in der Französischen Dichtkunst zu betrachten. Sein Lehrgedicht über die Dichtkunst (lʼArt poetique) verschaffte ihm das Ansehen eines Gesetzgebers des Parnassus. Ohne Zweifel besaß Boileau einen reinen, richtigen, treffenden, gedrängten, oft auch erhabenen Ausdruck; im Ganzen genommen scheint aber doch Merciers Urtheil gegründet zu sein, welcher ihm großes dichterisches Genie abspricht. Er starb i. J. 1711.
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