Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Bernstorf
Andreas Peter Graf von Bernstorf, königlich dänischer Staatsminister, geb. in Hannover am 28. August 1735, wo sein Vater, Landrath, beträchtliche Güter besaß. Nach Vollendung seiner Universitätsstudien und Reisen kam er 1755 als Kammerjunker in dänische Dienste, bildete sich nun unter seinem vorhergedachten Onkel zum Staatsmann und suchte seit 1767 als Mitglied der Obersteuerdirection, oder des obersten Finanzcollegiums, mit seinem Onkel und einigen andern, die Freiheit und das Eigenthumsrecht des Bauernstandes zu bewirken. Schon war er Ritter des Danebrogordens, 1767 mit seinem Vetter zugeich in dänischen Grafenstand erhoben und 1769 zum geheimen Rath ernannt worden, als auch er, bei Struenseeʼs Eintritt ins Ministerium, seine Entlassung erhielt. Allein am Ende des Jahres 1772 zurückgerufen, stieg er bald zum Minister. Er brachte die Austauschung des Gottorpischen Antheils von Holstein gegen Oldenburg und Delmenhorst, so wie die Erneuerung der freundschaftlichen Verbindung zwischen England und Dänemark zu Stande, und that im October 1778 dem schwedischen Hofe den ersten Vorschlag zur bewaffneten Neutralität. Aus Ursachen, die noch nicht hinlänglich bekannt sind, besonders aber wohl, um sich den Cabalen seiner Feinde zu entziehen, nahm er 1780 wieder seine Entlassung, wurde————
aber 1784 von neuem zurückberufen, und erhielt alle seine vorher bekleideten Stellen wieder. Nun unterstützte er nachdrücklich die Einführung eines neuen Finanzplanes, und bereitete die Aufhebung der Leibeigenschaft in Schleswig und Holstein, die nach seinem Tode wirklich erfolgte, vor. Eben so war er ein standhafter Beschützer der bürgerlichen Freiheit, und erklärte sich stets gegen Censuredicte und Einschränkung der Preßfreiheit. Ohngeachtet er kein Freund der französischen Revolution war, und ohngeachtet Dänemark gleich Anfangs zu einer Verbindung gegen Frankreich eingeladen wurde; so erklärte er doch, daß Dänemark sich nur dann in ein Bündniß einlassen wolle, wenn die Verbündeten zur ersten Grundlage ihres Bündnisses sich gegenseitig das heilige Versprechen gäben, blos zur allgemeinen Sicherheit und zur Wiederherstellung der Ruhe Europaʼs, nicht aber zu Erreichung geheimer und eigennütziger Absichten sich zu vereinigen. Da er überhaupt für den innern Wohlstand Dänemarks und eben sowohl für das Militair, als für Handel, Manufakturen, Fabriken und Schiffahrt, und ohne den Handel ausschließlich zu begünstigen, in gleichem Maaße für den Ackerbau sorgte; so ward immer mehr und mehr allgemeine Liebe und Verehrung sein Lohn. Allgemeine Bestürzung herrschte daher auch, als er 1797 aufs Krankenlager kam. Die ganze Residenz und besonders der Kron-
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prinz (der gegenwärtige König Friedrich VI.), äußerten die innigsten und lautesten Wünsche für sein längeres Leben, und letzterer war täglich an seinem Krankenbette. Bernstorf, der noch wenige Tage vor seiner Krankheit den Abschluß der Friedenspräliminarien zu Leoben (18. April 1797) erfuhr, starb nun mit der frohen – leider auch für Dänemark erst in der Folge so fehlgeschlagenen – Hoffnung, Europa in Frieden und Dänemark außer Gefahr zu verlassen, am 21. Juni 1797. Sein Begräbnißtag war wenigstens im Kleinen, was der des Washington (s. dies. Art.) im Großen war. Denn uneingeladen folgten seinem Sarge eine zahlreiche Menge von Männern aus allen Ständen, und unter ihnen auch der Kronprinz selbst, der seinen Platz unter Bernstorfs Söhnen nahm.
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Die Grafen von Bernstorf (öfters auch Bernsdorf): Schwerlich wird es unter den deutschen adlichen Geschlechtern viele geben, die sich rühmen könnten, in einer Folge so viele verdiente Staatsmänner als dies Geschlecht hervorgebracht zu haben. Unter ihnen zeichnen sich besonders aus:
Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorf, königlich dänischer Staatsminister, geheimer Rath und Ritter des Elephanten-Ordens, im Hannöverischen am 13. Mai 1712 geb. Durch seinen Vetter, den hannoverischen ersten Staatsminister, Andreas Gottlieb von Bernstorf († 1726) einer sehr guten Erziehung theilhaftig, kam er, ohngefähr 20 Jahre alt, in dänische Dienste, wo er zuerst in Gesandtschaften gebraucht und besonders seit 1741 zu Regensburg und Paris als Gesandter angestellt wurde. Nach einiger Zeit Kammerherr, dann (1746) Ritter des Danebrogsorden, (1750) Staatssekretair und geheimer Rath, und im folgenden Jahre in den geheimen Staatsrath eingeführt, zeigte sich seine Thätigkeit zum Besten Dänemarks und sein vortrefliches Herz immer mehr. Er war der erste, der in Dänemark seinen Bauern Freiheit und Eigenthum gab, Gemeinweiden und Frohndienste aufhob, Hebammenschulen errichtete und vorzüglich seine Vorsorge auf die Armen richtete, unter die er jährlich den vierten Theil seiner Einkünfte vertheilte
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und, auch nach seinem Weggange aus Dänemark, jährlich 3000 Thaler auszahlen ließ. Er bewirkte Dänemarks Neutralität im siebenjährigen Kriege, brachte es dahin, daß Friedrich V., König von Dänemark, nach dem Tode des letzten Herzogs von Holstein- Plön, 1761 dessen Lande mit seiner Krone vereinigte, und als der Herzog von Holstein und nachmalige russische Kaiser Peter III. sowohl deshalb, als wegen Schleswig seine Forderungen geltend machen wollte, sorgte Bernstorf für alle mögliche Zurüstungen zum Kriege. Allein er sollte das Glück haben, seinem Staate Vergrößerung zu schaffen, ohne eines Menschen Blut zu vergießen. Peters Tod (1762) hinderte den Ausbruch des Krieges, indem Catharina II. diese Streitigkeit auf gütliche Ausgleichung aussetzte, die auch durch die nachherige Vertauschung Oldenburas und Delmenhorsts gegen Holstein erfolgte. Bernstorf war auch ein großer Freund und Beförderer der Gelehrsamkeit und selbst Kenner. Es war daher nicht Glück, sondern Belohnung seiner Verdienste, daß er zu immer höhern Ehrenstellen gelangte. Auch als Friedrich V., dessen Regierung er so treflich geleitet hatte, 1766 starb, genoß er die Gnade des neuen Königs Christian VII., der ihn 1767 in den Grafenstand erhob. Allein dessen neuer Liebling Struensee (s. dies Art.) brachte es bald dahin, daß Bernstorf am 15. September 1770 durch ein eigenhändiges Schreiben
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des Königs (mit dem er nur erst von einer Reise aus Schleswig und Holstein zurückgekommen war) in Gnaden seine Entlassung, mit einem jährlichen Gehalte von 6000 Thalern, erhielt. Er ging jetzt nach Hamburg, wo er bald genug Struenseeʼs Fall erlebte, und nun die Genugthuung genoß, seine Verdienste auf die ausgezeichnetste Art anerkannt zu sehen, indem er wieder nach Dänemark zurückberufen; aber, bereit, diesen Ruf willig anzunehmen, durch seinen unvermutheten Tod (am 19. Februar 1772) daran gehindert wurde. Die Nachricht von demselben erregte in Dänemark allgemeine Betrübniß, da seine Menschenliebe, seine ungeheuchelte Frömmigkeit, seine Vorsorge für Arme, Wittwen und Waisen ihm Aller Liebe erworben hatte. Ein Beweis der Liebe und Achtung, die er noch nach seinem Tode genoß, war es, daß noch im Jahr 1783 am 28. August die Bauern seines Gutes in Dänemark, wegen der von ihm ausgehobenen Leibeigenschaft und bewirkten landschaftlichen Verbesserungen, auf den Feldern seines Gutes, ohngefähr eine Meile von Kopenhagen, ihm eine Ehrensäule errichten ließen, die als ein freiwilliges Monument der Dankbarkeit merkwürdig ist. Sehr schön sagt übrigens Spittler von diesem großen Manne: »In der Reihe der treflichen Minister, die König Friedrich V. von Dänemark hatte, glänzt Graf Bernstorf als ein Mann der ersten Größe. Was irgend ein Minister in seiner Lage
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thun konnte, das hat er vollendet, und wenn er keine großen durchgreifenden Unternehmungen ausführte, sondern alles dem allmählichen Besserwerden überließ, das sich von selbst ergiebt, sobald die wichtigsten vacant werdenden Plätze mit fähigen, edlen Männern besetzt werden; so folgte er einem Reformationsplan, der hier seinen Einsichten eben so viele Ehre machte, als seinem Herzen.« – Eben so große, und in mancher Hinsicht noch größere Verdienste um den dänischen Staat erwarb sich auch der Vetter des vorigen,
aber 1784 von neuem zurückberufen, und erhielt alle seine vorher bekleideten Stellen wieder. Nun unterstützte er nachdrücklich die Einführung eines neuen Finanzplanes, und bereitete die Aufhebung der Leibeigenschaft in Schleswig und Holstein, die nach seinem Tode wirklich erfolgte, vor. Eben so war er ein standhafter Beschützer der bürgerlichen Freiheit, und erklärte sich stets gegen Censuredicte und Einschränkung der Preßfreiheit. Ohngeachtet er kein Freund der französischen Revolution war, und ohngeachtet Dänemark gleich Anfangs zu einer Verbindung gegen Frankreich eingeladen wurde; so erklärte er doch, daß Dänemark sich nur dann in ein Bündniß einlassen wolle, wenn die Verbündeten zur ersten Grundlage ihres Bündnisses sich gegenseitig das heilige Versprechen gäben, blos zur allgemeinen Sicherheit und zur Wiederherstellung der Ruhe Europaʼs, nicht aber zu Erreichung geheimer und eigennütziger Absichten sich zu vereinigen. Da er überhaupt für den innern Wohlstand Dänemarks und eben sowohl für das Militair, als für Handel, Manufakturen, Fabriken und Schiffahrt, und ohne den Handel ausschließlich zu begünstigen, in gleichem Maaße für den Ackerbau sorgte; so ward immer mehr und mehr allgemeine Liebe und Verehrung sein Lohn. Allgemeine Bestürzung herrschte daher auch, als er 1797 aufs Krankenlager kam. Die ganze Residenz und besonders der Kron-
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prinz (der gegenwärtige König Friedrich VI.), äußerten die innigsten und lautesten Wünsche für sein längeres Leben, und letzterer war täglich an seinem Krankenbette. Bernstorf, der noch wenige Tage vor seiner Krankheit den Abschluß der Friedenspräliminarien zu Leoben (18. April 1797) erfuhr, starb nun mit der frohen – leider auch für Dänemark erst in der Folge so fehlgeschlagenen – Hoffnung, Europa in Frieden und Dänemark außer Gefahr zu verlassen, am 21. Juni 1797. Sein Begräbnißtag war wenigstens im Kleinen, was der des Washington (s. dies. Art.) im Großen war. Denn uneingeladen folgten seinem Sarge eine zahlreiche Menge von Männern aus allen Ständen, und unter ihnen auch der Kronprinz selbst, der seinen Platz unter Bernstorfs Söhnen nahm.
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Die Grafen von Bernstorf (öfters auch Bernsdorf): Schwerlich wird es unter den deutschen adlichen Geschlechtern viele geben, die sich rühmen könnten, in einer Folge so viele verdiente Staatsmänner als dies Geschlecht hervorgebracht zu haben. Unter ihnen zeichnen sich besonders aus:
Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorf, königlich dänischer Staatsminister, geheimer Rath und Ritter des Elephanten-Ordens, im Hannöverischen am 13. Mai 1712 geb. Durch seinen Vetter, den hannoverischen ersten Staatsminister, Andreas Gottlieb von Bernstorf († 1726) einer sehr guten Erziehung theilhaftig, kam er, ohngefähr 20 Jahre alt, in dänische Dienste, wo er zuerst in Gesandtschaften gebraucht und besonders seit 1741 zu Regensburg und Paris als Gesandter angestellt wurde. Nach einiger Zeit Kammerherr, dann (1746) Ritter des Danebrogsorden, (1750) Staatssekretair und geheimer Rath, und im folgenden Jahre in den geheimen Staatsrath eingeführt, zeigte sich seine Thätigkeit zum Besten Dänemarks und sein vortrefliches Herz immer mehr. Er war der erste, der in Dänemark seinen Bauern Freiheit und Eigenthum gab, Gemeinweiden und Frohndienste aufhob, Hebammenschulen errichtete und vorzüglich seine Vorsorge auf die Armen richtete, unter die er jährlich den vierten Theil seiner Einkünfte vertheilte
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und, auch nach seinem Weggange aus Dänemark, jährlich 3000 Thaler auszahlen ließ. Er bewirkte Dänemarks Neutralität im siebenjährigen Kriege, brachte es dahin, daß Friedrich V., König von Dänemark, nach dem Tode des letzten Herzogs von Holstein- Plön, 1761 dessen Lande mit seiner Krone vereinigte, und als der Herzog von Holstein und nachmalige russische Kaiser Peter III. sowohl deshalb, als wegen Schleswig seine Forderungen geltend machen wollte, sorgte Bernstorf für alle mögliche Zurüstungen zum Kriege. Allein er sollte das Glück haben, seinem Staate Vergrößerung zu schaffen, ohne eines Menschen Blut zu vergießen. Peters Tod (1762) hinderte den Ausbruch des Krieges, indem Catharina II. diese Streitigkeit auf gütliche Ausgleichung aussetzte, die auch durch die nachherige Vertauschung Oldenburas und Delmenhorsts gegen Holstein erfolgte. Bernstorf war auch ein großer Freund und Beförderer der Gelehrsamkeit und selbst Kenner. Es war daher nicht Glück, sondern Belohnung seiner Verdienste, daß er zu immer höhern Ehrenstellen gelangte. Auch als Friedrich V., dessen Regierung er so treflich geleitet hatte, 1766 starb, genoß er die Gnade des neuen Königs Christian VII., der ihn 1767 in den Grafenstand erhob. Allein dessen neuer Liebling Struensee (s. dies Art.) brachte es bald dahin, daß Bernstorf am 15. September 1770 durch ein eigenhändiges Schreiben
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des Königs (mit dem er nur erst von einer Reise aus Schleswig und Holstein zurückgekommen war) in Gnaden seine Entlassung, mit einem jährlichen Gehalte von 6000 Thalern, erhielt. Er ging jetzt nach Hamburg, wo er bald genug Struenseeʼs Fall erlebte, und nun die Genugthuung genoß, seine Verdienste auf die ausgezeichnetste Art anerkannt zu sehen, indem er wieder nach Dänemark zurückberufen; aber, bereit, diesen Ruf willig anzunehmen, durch seinen unvermutheten Tod (am 19. Februar 1772) daran gehindert wurde. Die Nachricht von demselben erregte in Dänemark allgemeine Betrübniß, da seine Menschenliebe, seine ungeheuchelte Frömmigkeit, seine Vorsorge für Arme, Wittwen und Waisen ihm Aller Liebe erworben hatte. Ein Beweis der Liebe und Achtung, die er noch nach seinem Tode genoß, war es, daß noch im Jahr 1783 am 28. August die Bauern seines Gutes in Dänemark, wegen der von ihm ausgehobenen Leibeigenschaft und bewirkten landschaftlichen Verbesserungen, auf den Feldern seines Gutes, ohngefähr eine Meile von Kopenhagen, ihm eine Ehrensäule errichten ließen, die als ein freiwilliges Monument der Dankbarkeit merkwürdig ist. Sehr schön sagt übrigens Spittler von diesem großen Manne: »In der Reihe der treflichen Minister, die König Friedrich V. von Dänemark hatte, glänzt Graf Bernstorf als ein Mann der ersten Größe. Was irgend ein Minister in seiner Lage
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thun konnte, das hat er vollendet, und wenn er keine großen durchgreifenden Unternehmungen ausführte, sondern alles dem allmählichen Besserwerden überließ, das sich von selbst ergiebt, sobald die wichtigsten vacant werdenden Plätze mit fähigen, edlen Männern besetzt werden; so folgte er einem Reformationsplan, der hier seinen Einsichten eben so viele Ehre machte, als seinem Herzen.« – Eben so große, und in mancher Hinsicht noch größere Verdienste um den dänischen Staat erwarb sich auch der Vetter des vorigen,