Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Amiens
Amiens, eine feste und ehedem Hauptstadt in der Picardie, jetzt dem Departement Somme (ein Fluß, welcher in drei Armen mitten durch die Stadt geht), hat meistens schöne und wohlgebaute Straßen, ein festes Schloß, von Heinrich IV. erbaut, und eine prächtige Cathedralkirche, in welcher Ludwig XIV. gekrönt wurde. Auch befindet sich hier ein Bischof, der vor der Revolution unter dem Erzbischof zu Rheims stand, und seit 1750 eine Akademie der Künste und Wissenschaften. Die Anzahl der Einwohner, deren Erwerb besonders in Kamelotto, Tapeten-, Seiden-, Wollen- und Lederfabriken besteht, wird auf 40 000 gerechnet. – Am merkwürdigsten wurde diese Stadt durch den am 25. März 1802 zwischen Frankreich, Spanien und der batavischen Republik auf der einen und Großbritannien auf der andern Seite, abschlossenen und am 27. März unterzeichneten Frieden. Dieser Friede, welcher von Joseph Bonaparte und Lord Cornwallis abgeschlossen wurde, enthielt im Grunde nichts mehr, als eine Bestätigung der bereits am 1. Oktober 1801 zu London von Hawkesbury und Otto unterzeichneten Friedenspräliminarien, und der Hauptinhalt derselben ist folgender: 1) England giebt der französischen Republik und ihrem Bundesgenossen, dem Könige von Spanien, alle weggenommenen Besitzungen und Colonien zurück, mit Ausnahme der————
Inseln St. Trinidad und Ceylon, von denen jene die Spanier, diese die batavische Republik an England abtreten. 2) Das Vorgebirge der guten Hoffnung (s. Cap) erhalten die Holländer wieder; jedoch soll der dortige Hafen den Kaufleuten der drei übrigen contrahirenden Mächte offen stehen, und sie keine andern Abgaben, als die Bataver selbst, bezahlen. 3) Portugal tritt an Frankreich einen Theil von Guiana bis an den Arawarifluß ab. 4) Die Türkei behält alle ihre Besitzungen, wie vor dem Kriege. 5) Die Republik der sieben Inseln wird anerkannt. 6) Malta und die dazu gehörigen kleinen Inseln Gozzo und Comino werden dem Malteserorden zurückgegeben, und die Unabhängigkeit und Neutralität derselben wird von Frankreich, England, Oesireich, Spanien, Rußland und Preußen garantiret. 7) Der Johanniter-Orden bekommt eine neue Zunge (s. Johanniter-Ritter, Th. II. S. 271.), deren Mitglieder keiner Ahnenprobe unterworfen sind. 8) Nassau-Oranien soll entschädiget werden. 9) Die französischen Truppen räumen die Staaten des Königs von Neapel und die des Papstes, die Engländer hingegen Portoferrajo, und was sie sonst noch im adriatischen und mittelländischen Meere besetzt haben möchten. – In einem besondern Tractat zwischen der französischen und batavischen Republik, den man ebenfalls zu Amiens abschloß, wurde festgesetzt: daß die dem Haufe Nassau-Oranien
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zu gebende Entschädigung der batavischen Republik nicht zur Last fallen sollte. – Da nun auch kurze Zeit nach Abschluß dieses Friedens die Türkei dem Frieden zu Amiens völlig beitrat, und die Beitrittsacte öffentlich bekannt machte; so war die Hoffnung zu einem allgemeinen Frieden sehr gegründet. Allein die bald nach Abschluß dieses Friedens von Frankreich und England gegenseitig verbotene Einfuhr der Manufakturwaaren des andern Landes verrieth noch immer eine Spannung zwischen beiden Staaten, die leider schon im Jahr 1803 einen neuen Krieg nach sich zog, dessen Ende wohl bald der Wunsch des ganzen Erdkreises sein wird.
Amiens, eine feste und ehedem Hauptstadt in der Picardie, jetzt dem Departement Somme (ein Fluß, welcher in drei Armen mitten durch die Stadt geht), hat meistens schöne und wohlgebaute Straßen, ein festes Schloß, von Heinrich IV. erbaut, und eine prächtige Cathedralkirche, in welcher Ludwig XIV. gekrönt wurde. Auch befindet sich hier ein Bischof, der vor der Revolution unter dem Erzbischof zu Rheims stand, und seit 1750 eine Akademie der Künste und Wissenschaften. Die Anzahl der Einwohner, deren Erwerb besonders in Kamelotto, Tapeten-, Seiden-, Wollen- und Lederfabriken besteht, wird auf 40 000 gerechnet. – Am merkwürdigsten wurde diese Stadt durch den am 25. März 1802 zwischen Frankreich, Spanien und der batavischen Republik auf der einen und Großbritannien auf der andern Seite, abschlossenen und am 27. März unterzeichneten Frieden. Dieser Friede, welcher von Joseph Bonaparte und Lord Cornwallis abgeschlossen wurde, enthielt im Grunde nichts mehr, als eine Bestätigung der bereits am 1. Oktober 1801 zu London von Hawkesbury und Otto unterzeichneten Friedenspräliminarien, und der Hauptinhalt derselben ist folgender: 1) England giebt der französischen Republik und ihrem Bundesgenossen, dem Könige von Spanien, alle weggenommenen Besitzungen und Colonien zurück, mit Ausnahme der————
Inseln St. Trinidad und Ceylon, von denen jene die Spanier, diese die batavische Republik an England abtreten. 2) Das Vorgebirge der guten Hoffnung (s. Cap) erhalten die Holländer wieder; jedoch soll der dortige Hafen den Kaufleuten der drei übrigen contrahirenden Mächte offen stehen, und sie keine andern Abgaben, als die Bataver selbst, bezahlen. 3) Portugal tritt an Frankreich einen Theil von Guiana bis an den Arawarifluß ab. 4) Die Türkei behält alle ihre Besitzungen, wie vor dem Kriege. 5) Die Republik der sieben Inseln wird anerkannt. 6) Malta und die dazu gehörigen kleinen Inseln Gozzo und Comino werden dem Malteserorden zurückgegeben, und die Unabhängigkeit und Neutralität derselben wird von Frankreich, England, Oesireich, Spanien, Rußland und Preußen garantiret. 7) Der Johanniter-Orden bekommt eine neue Zunge (s. Johanniter-Ritter, Th. II. S. 271.), deren Mitglieder keiner Ahnenprobe unterworfen sind. 8) Nassau-Oranien soll entschädiget werden. 9) Die französischen Truppen räumen die Staaten des Königs von Neapel und die des Papstes, die Engländer hingegen Portoferrajo, und was sie sonst noch im adriatischen und mittelländischen Meere besetzt haben möchten. – In einem besondern Tractat zwischen der französischen und batavischen Republik, den man ebenfalls zu Amiens abschloß, wurde festgesetzt: daß die dem Haufe Nassau-Oranien
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zu gebende Entschädigung der batavischen Republik nicht zur Last fallen sollte. – Da nun auch kurze Zeit nach Abschluß dieses Friedens die Türkei dem Frieden zu Amiens völlig beitrat, und die Beitrittsacte öffentlich bekannt machte; so war die Hoffnung zu einem allgemeinen Frieden sehr gegründet. Allein die bald nach Abschluß dieses Friedens von Frankreich und England gegenseitig verbotene Einfuhr der Manufakturwaaren des andern Landes verrieth noch immer eine Spannung zwischen beiden Staaten, die leider schon im Jahr 1803 einen neuen Krieg nach sich zog, dessen Ende wohl bald der Wunsch des ganzen Erdkreises sein wird.