Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Abelard, Peter
Peter Abelard, nach der Lateinischen Veränderung Abelardus; ursprünglich Abeillard (sprich Abelljar). Abelard, von Geburt ein Bretagner, war einer der berühmtesten Lehrer des zwölften Jahrhunderts. Er legte sich mit vorzüglichem Erfolg auf die Disputirkunst, welche er an mehrern Orten, auch in Paris lehrte. In der Folge widmete er sich ganz der Theologie, worüber er in Paris las, und sich dadurch zu gleicher Zeit Ruhm und Einkünfte erwarb. Hier warf er seine Augen auf Heloisen, die Muhme des Domherrn Fulbert, welcher das Geld liebte, und herzlich wünschte, daß Heloise gelehrt sein möchte. »Nehmen Sie mich zu sich ins Haus,« sagte Abelard zum Domherrn, »den Preis bestimmen Sie selbst.« Fulbert that es und bildete sich nun ein, daß Heloise unter einem solchen Meister große Fortschritte in den Wissenschaften machen werde; allein er erfuhr, daß sie nichts lernte als – die Liebe. Die Liebe beider war die heftigste, die die Geschichte kennt: Abelard vergaß alles darüber; und Heloise vergaß sich bald so, daß sie als Nonne verkleidet nach Bretagne reisen mußte. Den Domherrn gut zu machen versprach Abelard sie zu heirathen. Heloise widerstrebte aus allen Kräften; sie hatte den Eigensinn, lieber die Geliebte als die Gattin Abelards sein zu wollen. Endlich gab sie ihre Einwilligung in eine heimliche Heirath, wel-————
che auch der Domherr geheim zu halten versprach; allein Fulbert hielt sein Versprechen nicht, wobei jedoch Heloise stets läugnete, daß sie Abelards Frau sei. Die übeln Begegnungen, welche Heloise deßhalb von Fulbert ausstehen mußte, brachten Abelard zu dem Entschlusse, sie von ihm wegzunehmen und zu den Nonnen zu Argenteuil zu schicken. Ihre Verwandten bildeten sich ein, Abelard spiele ihnen dadurch einen neuen Possen, und wurden über diese vermeinte Untreue so ergrimmt, daß sie Leute abschickten, die des Nachts in seine Kammer drangen und ihn entmannten. Abelard ging hierauf in die Abtei zu St. Denis und zog die Kutte an. Sein Leben daselbst war unruhig; er wählte sich die Landgüter des Grafen von Champagne zum Zufluchtsort, und legte daselbst eine Schule an. Hierauf wählten ihn die Mönche zu Ruis zu ihrem Prior; allein er fand hier eben so wenig Ruhe. Während der Zeit vertrieb der Abt zu St. Denis die Nonnen zu Argenteuil, wo Heloise Priorin worden war. Aus Mitleiden gegen Heloisen schenkte ihr Abelard seine Kapelle Paraclet, wo sie die erste Aebtissin ward, mit Freundschaft und Gütern überhäuft wurde, und einen Briefwechsel mit Abelard unterhielt. Der Rest von Abelards Leben ist noch durch einen Ketzerprozeß merkwürdig, den er mit dem Erzbischof zu Sens hatte. Der Abt zu Clugni verschaffte ihm die letzte Zuflucht. Als er zu Clugni starb, bat Heloise
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um seinen Körper, den sie zu Paraclet begraben ließ, um dereinst in dasselbe Grab gelegt zu werden. Man erzählt, daß, da man das Grab geöffnet, den Körper der Heloise hinein zu legen, ihr Abelard die Hände gereicht und sie fest umarmt habe; gleichwohl war er schon über zwanzig Jahre gestorben. Dichter und Künstler haben diesen Gegenstand bearbeitet, unter den erstern vorzüglich Pope und nach ihm Bürger, und unter den letztern Angelica Kaufmann.
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