Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
$
&
-
1
5
A
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
X
Y
[Z]
`
£
¥
Œ
Α
Β
Γ
Δ
Ε
Ζ
Η
Θ
Ι
Κ
Λ
Μ
Ν
Ξ
Π
Ρ
Σ
Τ
Ϋ
Χ
Ω
Zunge
Zụn|ge, die; -, -n [mhd. zunge, ahd. zunga, H. u.]: 1. bes. dem Schmecken u. der Hervorbringung von Lauten (beim Menschen bes. dem Sprechen) dienendes u. an der Nahrungsaufnahme, am Kauen u. am Schlucken beteiligtes, am Boden der Mundhöhle befindliches, oft sehr bewegliches, mit Schleimhaut bedecktes, muskulöses Organ der meisten Wirbeltiere u. des Menschen: eine belegte, pelzige Z.; mir klebt [vor Durst] die Z. am Gaumen; Das Kind ... schrieb mit kratzender Füllfeder, wobei seine Z. zwischen den Lippen hervorleckte (Handke, Frau 8); jmdm. die Z. herausstrecken; zeig mal deine Z.!; ich habe mir die Z. verbrannt; der Hund lässt die Z. aus dem Maul hängen; der Pfeffer brennt auf der Z.; das Fleisch zergeht auf der Z. (emotional; ist äußerst zart); ich habe mir auf die Z. gebissen; sie schnalzte mit der Z.; er stößt mit der Z. an (ugs.; er lispelt); Die Graupen schmeckten so widerwärtig, dass er nur wenige Löffel über die Z. brachte (essen, schlucken konnte; Loest, Pistole 113); Ü sie hat eine spitze, scharfe, lose, böse o. ä. Z. (sie neigt zu spitzen, scharfen usw. Äußerungen, Bemerkungen); er hat eine glatte Z. (geh.; er ist ein Schmeichler [u. Heuchler]); er hat eine falsche Z. (geh.; ist ein Lügner); bei dem Namen bricht man sich die Z. ab/verrenkt man sich die Z. (ugs.; er ist sehr schwer auszusprechen); sie spricht mit doppelter/gespaltener Z. (geh.; sie ist unaufrichtig, doppelzüngig); Da redet der Papst mit gespaltener Z. (Stern, Mann 219); er hat eine schwere Z. (geh.; hat [infolge übermäßigen Alkoholgenusses] sichtlich Schwierigkeiten beim Artikulieren); eine feine, verwöhnte Z. (geh.; einen feinen, verwöhnten Geschmack) haben; ihm hing die Z. aus dem Hals (ugs.; er war sehr durstig); nach dem Rennen hing mir die Z. aus dem Hals (ugs.; war ich ganz außer Atem); nach und nach lösten sich die -n (geh.; wurde man redseliger); mit [heraus]hängender Z. (ugs.; ganz außer Atem) auf dem Bahnsteig ankommen; es nutzt nichts, ... wie leblos hier zu hocken mit gelähmter Z. (völlig sprachlos, nicht in der Lage zu reden) ohne die simpelste Erwiderung (Kronauer, Bogenschütze 310); sie ließ den Namen auf der Z. zergehen (sprach ihn genüsslich aus); *böse -n (boshafte Menschen, Lästerer): Böse -n werden nun von ausgleichender Gerechtigkeit sprechen (Kicker 6, 1982, 36); seine Z. hüten/im Zaum halten/zügeln (vorsichtig in seinen Äußerungen sein); seine Z. an etw. wetzen (abwertend; sich über etw. in gehässiger Weise auslassen): Einige Leute gab es immer, die sich an solchen Geschichten noch lüstern die Z. wetzten (Bastian, Brut 147); sich die Z. verbrennen (seltener; 1↑"Mund" 1 a); jmdm. die Z. lösen (jmdn. zum Sprechen, Reden bringen): der Wein hat ihm die Z. gelöst; die Folter wird ihm schon die Z. lösen; sich eher/lieber die Z. abbeißen [als etw. zu sagen] (unter keinen Umständen bereit sein, eine bestimmte Information preiszugeben); sich auf die Z. beißen (an sich halten, um etw. Bestimmtes nicht zu sagen): Gustl biss sich auf die Z. Sonst wäre ihm herausgefahren: „Sie wären damit bestimmt auch nicht zufrieden ...“ (Kühn, Zeit 207); jmdm. auf der Z. liegen/schweben (1. jmdm. beinahe, aber doch nicht wirklich wieder einfallen: der Name liegt mir auf der Z. 2. beinahe von jmdm. ausgesprochen, geäußert werden: ich habe es nicht gesagt, obwohl es mir auch die ganze Zeit auf der Z. lag; der letzte ... murmelte vor sich hin, um ... den einzigen Namen nicht aussprechen zu müssen, der allen auf der Z. lag [Ransmayr, Welt 276]); etw. auf der Z. haben (1. das Gefühl haben, etw. Bestimmtes müsse einem im nächsten Moment wieder einfallen: ich habe den Namen auf der Z. 2. nahe daran sein, etw. Bestimmtes auszusprechen, zu äußern: ich hatte schon eine entsprechende Bemerkung auf der Z.); jmdm. auf der Z. brennen (jmdn. heftig drängen, etw. zu sagen, zu äußern): es brannte mir auf der Z., ihm das zu sagen; jmdm. leicht/glatt, schwer o. ä. von der Z. gehen (von jmdm. ganz leicht, nur schwer ausgesprochen, geäußert werden können): es ist immer wieder erstaunlich, wie glatt ihm solche Lügen von der Z. gehen; Es geht dem Beamten schwer von der Z.: Er soll sich von seiner Familie verabschieden ... Haftbefehl (Spoerl, Maulkorb 124). 2. (Zool.) (bei den Mundgliedmaßen der Insekten) paariger Anhang der Unterlippe. 3. (Musik) (bei der Orgel, beim Harmonium, bei bestimmten Blasinstrumenten) dünnes, längliches Plättchen aus Metall, Schilfrohr o. Ä., das in einem Luftstrom schwingt u. dadurch einen Ton erzeugt: durchschlagende od. freie -n; aufschlagende -n. 4. (bei bestimmten Waagen) Zeiger. 5. (Technik) länglicher, keilförmig sich verjüngender, beweglicher Teil einer Weiche. 6. (an Schnürschuhen) zungenförmiger mittlerer Teil des vorderen Oberleders, Obermaterials, über dem die seitlichen Teile durch den Schnürsenkel zusammengezogen werden, Lasche. 7. (Zool.) zur Familie der Seezungen gehörender Plattfisch; Seezunge. 8. etw., was in seiner Form an eine ↑"Zunge" (1) erinnert: die Blütenblätter mancher Pflanzen heißen -n; Unter uns ... Sümpfe ... dazwischen -n von Land (Frisch, Homo 20); Da seh ich durch die -n der Flammen ... eine Gestalt stehen (Imog, Wurliblume 222); der Gletscher läuft in einer langen Z. aus. 9. Fleisch von Zungen (1) (bes. vom Kalb od. Rind) als Gericht: ein Stück gepökelte, geräucherte Z.; Z. in Madeira. 10. (geh.) Sprache: so weit die deutsche Z. klingt (überall, wo man Deutsch spricht); ... tritt er, verschiedener -n mächtig, gern als amüsante Plaudertasche vor sein Auditorium (Spiegel 42, 1983, 261); Eggly ... referiert als Kommissionsberichterstatter französischer Z. (als Französisch sprechender Kommissionsberichterstatter; NZZ 21. 12. 86, 25); *in -n reden (geh., oft scherzh.; sich [hastig, überstürzt, erregt, verwirrt o. ä. u. daher] akustisch wie inhaltlich unverständlich äußern; mit diesem Ausdruck wird im N. T. an verschiedenen Stellen das ekstatische Reden bes. in den Versammlungen der christl. Urgemeinde bezeichnet: Markus 16, 17; Apostelgeschichte 2, 4; 10, 46; 19, 6; 1. Korinther 14, 2 ff.; im griech. Urtext: glṓssais laleĩn): beruhige dich erst einmal, du redest in -n; etw. mit tausend -n predigen (geh.; auf etw. nachdrücklich hinweisen).