Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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wild
wịld [mhd. wilde, ahd. wildi, H. u., viell. verw. mit ↑"Wald" u. eigtl. = im Wald wachsend, nicht angebaut]: 1. nicht domestiziert; nicht kultiviert, nicht durch Züchtung verändert; wild lebend; wild wachsend: -e Erdbeeren, Rosen, Pferde; -er Apfel (Holzapfel); -e Birnen (Holzbirnen); dann gab es Applaus für das Steinbuttfilet im Gemüsekleid auf Currybutter mit -em Reis (Kochk.; Wildreis; Heller, Mann 24); -e (nicht veredelte) Triebe; -er Honig (Honig von wilden Bienen); -es Tier (größeres, gefährlich wirkendes, nicht domestiziertes Tier, bes. größeres Raubtier); er stürzte sich auf sie wie ein -es Tier (völlig enthemmt u. nur dem Trieb folgend); Draußen, in der so genannten Freiheit, führten sie sich wie -e Säue auf (Fels, Sünden 38); die Himbeeren wachsen hier w.; w. wachsende Pflanzen, Arten; w. lebende Tiere, Pferde. 2. a) (veraltend, noch abwertend) nicht zivilisiert; auf niedriger Kulturstufe stehend: -e Stämme; das Fräulein, das Religion lehrte, ... wollte -e Heiden bekehren (Fels, Kanakenfauna 7); b) (abwertend) unzivilisiert, nicht gesittet: ein -er Haufen; -e Gesellen; dort herrschen -e Sitten; Sind doch ziemlich -e Typen drunter (Brot und Salz 379). 3. a) im natürlichen Zustand befindlich, belassen; vom Menschen nicht verändert; urwüchsig: eine -e Schlucht, Gegend; Ein -es, einsames Tal ging es langsam aufwärts bis nach Spoleto (Gregor-Dellin, Traumbuch 128); An der sofort eingeleiteten Suchaktion in dem -en Gewässer beteiligten sich ... Taucher der Kantonspolizei (NZZ 26. 8. 86, 5); b) wuchernd, unkontrolliert wachsend: eine -e Mähne; Männer mit -en Bärten; die Haare standen ihm w. vom Kopf; w. wucherndes Unkraut; -es (Med.; bei der Wundheilung entstandenes überschüssiges) Gewebe; c) (Bergmannsspr.) ↑"taub" (3): -es Erz, Gestein; d) (von Land) nicht urbar gemacht: -es Land. 4. unkontrolliert, nicht reglementiert [u. oft ordnungswidrig od. gesetzwidrig]; offiziell nicht gestattet: -e Streiks; -e (nicht lizenzierte) Taxis; eine -e (durch wildes Abladen von Müll entstandene) Deponie; das Verbot des -en Bauens (Bieler, Bär 116); Allerdings wird das -e Kampieren im Parkgebiet in Zukunft verboten sein (natur 4, 1991, 57); w. (an einem nicht dafür vorgesehenen Platz) baden, parken, zelten; damit nicht anschließend mehr Müll wieder w. abgelagert werde, weil Einzelne unbedingt Geld sparen wollten (Rheinpfalz 2. 6. 89, 18). 5. a) heftig, stürmisch; ungestüm, ungezügelt; durch nichts gehemmt, abgeschwächt, gemildert: eine -e Verfolgungsjagd; eine -e Flucht; -e Panik; ein -es Chaos; Von der Straße hörte er -es Autohupen (Bastian, Brut 98); Sofort brach -es Durcheinander im Innern des Wagens aus (Dönhoff, Ostpreußen 214); eine -e Leidenschaft erfüllte sie; der -e Wunsch nach Überwindung aller Hemmnisse (Lenz, Brot 132); in -em Zorn; in -er Entschlossenheit; das w. bewegte Wasser; er stach w. auf ihn ein; alles lag w. durcheinander; w. fluchend lief er durchs Haus; Es herrschte Panik. Leute rannten w. in alle Richtungen, manche gar nach draußen, woher die Schüsse kamen (Saarbr. Zeitung 28. 12. 79, 24/26); sie ist w. (ugs.; fest) entschlossen, den Aufstieg allein zu schaffen; In keiner zweiten Sportart wird so w. entschlossen (ugs.; skrupellos) gedopt wie bei den Rennradlern (Spiegel 27, 1980, 184); *w. auf jmdn., etw. sein (ugs.; versessen auf jmdn., etw. sein): w. auf Lakritzen, aufs Skilaufen sein; er ist ganz w. auf sie; ich war nicht w. auf ihren Besuch (Kemelman [Übers.], Dienstag 179); b) wütend, rasend, tobend; erregt: -e Kämpfe, Auseinandersetzungen, Wortgefechte, Debatten; Ich ... machte ihm -e Vorwürfe (Danella, Hotel 153); ein -er, w. gewordener Bulle; wenn du ihm das sagst, wird er w.; Er hat es abgestritten, und das macht mich so w. (Frings, Männer 287); mit beiden Fäusten trommelte er w. gegen die Tür; wie w. (ugs.; mit äußerster Heftigkeit, Intensität o. Ä.): das Kind schrie wie w.; Der anwesende Pressefotograf knipste wie w. (Chotjewitz, Friede 265); c) (von Tieren) in ängstliche Erregung versetzt u. scheuend: das Feuer hat die Pferde w. gemacht; d) äußerst lebhaft, temperamentvoll: eine -e Rasselbande; ein -es Kind; Sie muss eine ziemlich -e Reiterin gewesen sein (Danella, Hotel 304); seid nicht so w.!; e) (ugs.) äußerst bewegt, ereignisreich: -e Partys feiern; Das waren die -en Jahre, so habe ich mich geweigert, erwachsen zu werden (Mayröcker, Herzzerreißende 116); Carol Lehndorf hatte eine ziemlich -e Jugend hinter sich gebracht (Dönhoff, Ostpreußen 72); Auch damit gab es vor zehn oder zwölf Jahren mehr Probleme als heute, die Zeit war -er (Gregor-Dellin, Traumbuch 140). 6. das erträgliche Maß überschreitend, maßlos, übermäßig, übertrieben; wüst: die -esten Spekulationen, Behauptungen, Anschuldigungen, Verwünschungen; von diesem Gefängnisbau waren -e Gerüchte von Beamtenwillkür, schlechtem Essen und harter Unterbringung im Umlauf (Kühn, Zeit 53); er stieß -e Flüche aus; -e (ausschweifende) Orgien; Die Kollegen hielten ihn für einen -en Streber (Frisch, Stiller 269); seine Hasstiraden klangen w. und bedrohlich; *halb/nicht so w. (ugs.; nicht schlimm): Daher kam auch mein schlechter Ruf. Playboy und Verführer und alles Mögliche. Aber das ist alles halb so w. (Bravo 29, 1976, 29); „Na, gar so w. ist es nicht mit mir“, sagte er fast stimmlos, und sein Gesicht erlag dem Farbton Dunkelrot (Bastian, Brut 66).