Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
versagen
ver|sa|gen [mhd. versagen, ahd. farsagēn]: 1. a) das Geforderte, Erwartete nicht tun, leisten können, nicht erreichen; an etw. scheitern: kläglich, total v.; bei einer Aufgabe, im Examen, im Leben völlig v.; die Schule, das Elternhaus, die Regierung hat versagt; hier versagte die ärztliche Kunst; Gleichzeitig jedoch versagen Bund, Länder und Gemeinden jämmerlich bei der Einführung neuer Technologien (natur 9, 1991, 82); am Himmel, auf den Dächern und in den Baumkronen versagte das Schweigegebot (wurde es gebrochen, nicht eingehalten) - das trauernde Rom war erfüllt von den millionenfachen Stimmen der Vögel (Ransmayr, Welt 134); das Versagen der Mannschaft nicht erklären können; das Unglück ist auf menschliches Versagen (menschliches Fehlverhalten) zurückzuführen; b) plötzlich aufhören zu funktionieren, nicht mehr seine Funktion erfüllen: der Motor, der Revolver versagte; in der Kurve versagten die Bremsen; ... brach ich zum dritten Mal nieder ..., denn alle Muskeln versagten den Dienst (Stern, Mann 419); seine Beine, Füße versagen (er kann seine Beine, Füße nicht mehr bewegen); vor Aufregung versagte ihre Stimme (konnte sie nicht mehr sprechen); Mehrmals hat der Kranke Injektionen ... benötigt, weil sein Herz zu v. droht und sein Kreislauf immer schwächer wird (Thorwald, Chirurgen 271); Mein Sohn Uwe ist durch Kriegsgerät getötet worden, durch, wie es heißt, technisches Versagen (Loest, Nikolaikirche 186). 2. (geh.) a) verweigern, nicht gewähren: jmdm. seine Hilfe, Unterstützung, seine Anerkennung, den Gehorsam, eine Bitte, einen Wunsch v.; dass man ihnen im Bedarfsfall die medizinische Versorgung versagt (NZZ 30. 8. 86, 4); Da gab Baldini seinem Herzen einen Stoß - er wollte einem Sterbenden den letzten Willen nicht v. (Süskind, Parfum 136); sie hat diesem Plan ihre Zustimmung versagt (hat ihm nicht zugestimmt); Kinder blieben uns versagt (konnten wir nicht bekommen), sosehr wir uns nach ihnen auch sehnten (Fallada, Trinker 9); es war uns versagt (nicht gestattet), diesen Raum zu betreten; b) auf etw. verzichten, es sich nicht gönnen, zugestehen: in dieser Zeit musste ich mir vieles, manchen Wunsch v.; Schon deswegen hat er sich in den letzten Jahren jede Eifersucht versagt (Frisch, Montauk 121); er versagte [es] sich, darauf zu antworten; c) sich für jmdn., etw. nicht zur Verfügung stellen, sich nicht zu etw. bereit finden: die Armee versagte sich dem Diktator; Weil sich die Bischöfe der Reformation versagen ... (Fraenkel, Staat 153); zunächst hatte er sich den Aufforderungen Bertaldis versagt (Andersch, Rote 140); sie versagte sich ihm (gab sich ihm nicht hin). 3. a) "versprechen" (2 c): Aus kaiserlichem Lager ... komm' ich ins Vaterland, ins undankbare, ... um ihretwillen. Ankomm' ich und ihr Vater sollte sie an einen andern eben jetzt v.? (Goethe, Tancred III, 2); b) (jmdn., etw.) ausschließlich für einen bestimmten Zweck, für ein bestimmtes Vorhaben o. Ä. vorsehen, beanspruchen: Da Sie den heutigen Abend wohl für sich zu tun haben, ich aber die morgende ganze Zeit versagt (in Beschlag genommen, anderweitig beansprucht) bin, so wäre es hübsch, wenn Sie sich einrichteten, dass wir Mittwochabends eine recht ernstliche Session halten könnten (Goethe, Brief an Riemer, 3. 1. 1814).
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