Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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Volk
Vọlk, das; -[e]s, Völker [mhd. volc = Leute, Volk; Kriegsschar, ahd. folc = Haufe, Kriegsschar; Volk, H. u., wahrsch. eigtl. = viele]: 1. durch gemeinsame Kultur u. Geschichte [u. Sprache] verbundene große Gemeinschaft von Menschen: ein freies, unterdrücktes V.; Die kolonialisierten Völker hatten zunächst nicht einmal Bedürfnisse, die sie zum Verkauf der Bodenschätze hätten veranlassen können (Gruhl, Planet 316); Die reichen Völker werden immer reicher, die armen immer ärmer (Dönhoff, Ära 172); Jenes Jahr 1956 hatte im polnischen V. große, überschwängliche Hoffnungen geweckt (Dönhoff, Ära 149); die Völker Afrikas; die Vorarbeit des geheimnisvollen -es der Sumerer (Ceram, Götter 321); das V. Israel (↑"Israel" 1); Das deutsche V. musste ein V. von Fliegern werden, hatte Göring verlangt (Loest, Pistole 91); er ist ein großer Sohn seines -es; *das auserwählte V. (jüd. Rel.; die Juden, das Volk Israel; nach Ps. 105, 43); das V. der Dichter und Denker (meist scherzh. od. spött.; das deutsche Volk, die Deutschen; Urheber ist wohl der Schriftsteller Johann Karl August Musäus [1735-1787], der in dem seine „Volksmärchen der Deutschen“ [1782-1786] einleitenden „Vorbericht an Herrn David Runkel ...“ schreibt: „Was wäre das enthusiastische Volk unserer Denker, Dichter, Schweber, Seher ohne die glücklichen Einflüsse der Phantasie?“; die heute geläufige Umstellung „Dichter und Denker“ wurde gepr. - allerdings ohne Bezug auf Deutschland - von Jean Paul [1763-1825]). 2. Masse der Angehörigen einer Gesellschaft, der Bevölkerung eines Landes, eines Staates: das arbeitende, werktätige, unwissende V.; das V. steht hinter der Regierung, empörte sich gegen die Gewaltherrschaft; das V. befragen; das V. aufwiegeln, aufhetzen; die Abgeordneten sind die gewählten Vertreter des -es; Das Schwurgericht verkündet das Urteil. Es lautet im Namen des -es (Formel bei der Urteilsverkündung): Der Angeklagte wird freigesprochen (Noack, Prozesse 37); ... dass die Entscheidungsbefugnis beim Parlament und nicht beim V. liegt (Dönhoff, Ära 34); im V. begann es zu gären; die Erinnerung an die eigenen revolutionären Bewegungen darf im -e nicht weiterleben (Leonhard, Revolution 203); Man musste ... die Bildung schon unters V. bringen (Zwerenz, Quadriga 284); der Bundeskanzler habe sein Mandat vom V. erhalten (Dönhoff, Ära 24); Alle Staatsgewalt geht vom -e aus (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Art. 20); zum V. sprechen; R jedes V. hat die Regierung, die es verdient. 3. die [mittlere u.] untere Schicht der Bevölkerung: ein Mann aus dem -e; dass sie dazu keinen Hut, sondern einen schwarzen Schal als Kopftuch trug, gab ihr das Aussehen einer Frau aus dem -e (Maass, Gouffé 262); *dem V. aufs Maul schauen (beobachten, wie sich die einfachen Leute ausdrücken u. von ihnen lernen; nach M. Luthers [1483-1546] „Sendbrief vom Dolmetschen“). 4. a) (ugs.) Menschenmenge; Menschen, Leute: da ist so viel verwaistes V., auch so viel richtungsloses, auch so viel verwahrlostes V. (Plievier, Stalingrad 344); das V., alles V., viel V., viel junges V. drängte sich auf dem Festplatz; Zwar jubelte das V. mir zu (Böll, Erzählungen 80); Trunzer wollte einen Elfmeter rausschinden, aber der Schiedsrichter reagierte sauer. „Eierkopp!“, brüllte das V. (Loest, Pistole 203); das junge V. (scherzh.; die jungen Leute, die Jugend); das kleine V. stürmte (scherzh.; die Kinder stürmten) herein; sich unters V. mischen; etw. unters V. bringen (verbreiten, bekannt machen); *fahrendes V. (veraltet; Artisten, Schausteller); b) Gruppe, Sorte von Menschen: dieses liederliche V. hat natürlich nicht aufgeräumt; die Künstler waren ein lustiges V.; die Sekretäre sind ein nervöses V. (Kafka, Schloß 255); Mit solchem V. gibst du dich ab, Großvater (Bobrowski, Mühle 291); Ü die Spatzen sind ein freches V. 5. a) (Fachspr.) größere, in Form einer Gemeinschaft lebende Gruppe bestimmter Insekten: drei Völker Bienen; b) (Jägerspr.) Kette, Familie von Rebhühnern.