Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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tragen
tra|gen [mhd. tragen, ahd. tragan, H. u.]: 1. a) jmdn., etw. mit seiner Körperkraft halten, stützen u. so fortbewegen, irgendwohin bringen: ein Kind auf dem Arm, in den Armen t.; Wenn er aufs Klo muss, trägt ihn Frau Schock huckepack (Ossowski, Flatter 40); den Sack auf dem Rücken, den Korb auf dem Kopf t.; von den Männern, die die Sensen auf den Schultern trugen, wie die Zinnsoldaten das Gewehr (Alexander, Jungfrau 53); einen Koffer, jmdm. die Tasche t.; ein Einkaufsnetz in der Hand, über der Schulter t.; das Gepäck an Bord t.; ein Paket zur Post t.; der Hund trug eine Ratte im Maul; Hrubesch musste ... mit einer Gehirnerschütterung vom Platz getragen werden (Kicker 82, 1981, 18); die Sanitäter trugen den Verletzten [auf einer Trage] zum Krankenwagen; jmdm. t. helfen; wir hatten schwer zu t. (waren schwer bepackt); Ü Auf dem Boden, im Staub, den der Südwind durch die Tür trug (hereinwehte; Stern, Mann 119); das Pferd trägt den Reiter (auf ihm sitzt der Reiter); meine Beine, Knie tragen mich kaum noch (ich kann kaum noch laufen); das Auto wurde aus der Kurve getragen (kam in der Kurve von der Fahrbahn ab); laufen, so schnell die Füße tragen; *[schwer] an etw. zu t. haben (etw. als Last, Bürde empfinden; schwer unter etw. leiden): Wir haben es zusammen getragen, liebes Herz, und wer weiß, wer schwerer daran zu t. hatte, denn zuletzt hat der immer Tätige es leichter als der nur Duldende (Reich-Ranicki, Th. Mann 244); b) sich in bestimmter Weise tragen (1a) lassen: der Koffer trägt sich leicht, gut; das Gepäck lässt sich am besten auf der Schulter t. 2. a) [das volle Gewicht von] etw. von unten stützen: das Dach wird von [starken] Säulen getragen; tragende Balken, Konstruktionen; Ü die Regierung wird nicht vom Vertrauen des Volkes getragen; Verbindliche Erklärungen des Schauspieldirektoriums sind nur wirksam, wenn sie von mindestens zweien seiner Mitglieder getragen (gestützt, bejaht, gutgeheißen) werden (NJW 19, 1984, 1140); Treffpunkt in einem kleinen, kirchlich getragenen (von der Kirche unterhaltenen) Jugendheim (Woelk, Freigang 172); das Unternehmen trägt sich selbst (braucht keine Zuschüsse); Es ist sicher der Erwähnung wert, dass diese Fortbildungsveranstaltung sich selbst trägt, ohne finanzielle Zuwendung der pharmazeutischen Industrie auskommt (Nds. Ä. 22, 1985, 12); die tragende (grundlegende) Idee eines Werkes; Weder sind die mitgeteilten Gründe als tragende (als die entscheidenden) Gründe ausreichend, noch ... (NJW 19, 1984, 1139); eine tragende Rolle (Hauptrolle) spielen; b) ein bestimmtes Gewicht, eine bestimmte Last aushalten [können]: die Brücke trägt auch schwere Lastwagen; die Balken haben einige Tonnen zu t.; das Eis trägt schon; *zum Tragen kommen (wirksam werden, Anwendung finden [von etw., was zur Anwendung bereitliegt]): Hier kommt ein anderer wichtiger Gesichtspunkt zum Tragen (Nds. Ä. 22, 1985, 27); c) (vom Wasser, von der Luft) jmdn., etw. tragend (2 a) [fort]bewegen, ohne dass jmd., etw. untergeht: Salzwasser trägt; sich von den Wellen t. lassen; Der warme Aufwind über der Heide trägt ihn (= den Bussard) stundenlang (Brot und Salz 398); Ü Die Tanzenden gleiten dahin, von der Musik getragen (Remarque, Obelisk 56). 3. a) [in bestimmter Weise] etw. ertragen: sie trägt ihr Leiden mit bewundernswerter Geduld; etw. mit Fassung t.; er hat ein schweres Los zu t.; Timon und Alceste - tragen sie nicht ein weitaus leichteres Schicksal als Phädra oder Medea? (Strauß, Niemand 205); b) etw. auf sich nehmen, übernehmen [müssen]: keine Verantwortung t. wollen; die Folgen t.; Sturmschäden ... trug die Versicherung (Grass, Butt 511); Die Beweislast tragen der Patient oder seine Angehörigen (Hackethal, Schneide 37); das Risiko trägst du!; So trägt er uns (übernimmt er für uns) ... 75 % der Kosten (Delius, Siemens-Welt 54). 4. a) einen Körperteil in einer bestimmten Stellung halten: dabei trug der Hund seinen Schwanz hoch; den Kopf schief, aufrecht, gesenkt t.; b) einen Körperteil mithilfe von etw. stützend halten: den Arm in einer Schlinge, Schiene t. 5. a) mit etw. Bestimmtem bekleidet sein; etw. angezogen, aufgesetzt o. Ä. haben: ein ausgeschnittenes Kleid, einen Mantel, eine Jacke, Jeans, einen Bikini t.; viele tragen den Anorak über dem Blauhemd (Kunze, Jahre 48); Der winzige Wirt, der auch einen Schurz um die Hüfte trug (Sommer, Und keiner 159); [eine] Tracht, Uniform t.; sie trägt Trauer, Schwarz; diese Farbe kann ich nicht t. (sie steht mir nicht); das trägt man [heute] nicht mehr (das ist nicht mehr modern); man trägt wieder kurz/lang (kurze/längere Röcke sind wieder modern); getragene (bereits gebrauchte) Anzüge, Schuhe; b) etw. als [Gebrauchs]gegenstand, Schmuck o. Ä. an, auf einem Körperteil an sich haben: eine Maske, Perücke t.; eine Brille t. (Brillenträger[in] sein); [einen] Bart t. (Bartträger sein); einen Ring [am Finger], eine Kette [um den Hals] t.; Dass ich den Armreif nicht trage, den du mir geschenkt hast (Schwaiger, Wie kommt 79); eine Blume im Haar t.; c) (seltener) in bestimmter Weise gekleidet sein: sich nach der letzten Mode t.; er ... trug sich wie ein Erwachsener, mit weißem Hemd und gemusterter Krawatte (Heym, Nachruf 26); d) in bestimmter Weise frisiert sein: sie trägt ihr Haar offen, lang, kurz, gelockt, in einem Knoten; einen Mittelscheitel t.; wer weiß mit Sicherheit, auf welcher Seite der Wastl ... seinen Scheitel trägt (Sommer, Und keiner 277); e) eine bestimmte Trageeigenschaft haben: der Stoff trägt sich sehr angenehm. 6. [für einen bestimmten Zweck] bei sich haben: er trägt einen Revolver; immer einen Pass, ein Bild von den Kindern bei sich t. 7. (geh.) haben: einen Titel, einen berühmten Namen t.; dass einer seiner Vorfahren den Spitznamen „Hagen, der Schlüsselträger“ trug (Hilsenrath, Nazi 7); das Buch trägt den Titel ...; der Grabstein trägt keine Inschrift. 8. (Früchte o. Ä.) hervorbringen: der Acker trägt Roggen, Hafer, Weizen; Heute trägt der Wald nur noch Brennholz (profil 46, 1983, 50); der Baum trägt gut, wenig, noch nicht; Ü das Kapital trägt Zinsen. 9. (von weiblichen Säugetieren) trächtig sein: die Kuh trägt [ein Kalb]; ein tragendes Muttertier; (selten von Frauen:) sie trägt schon das Kind im vierten oder fünften Monat (ist schon im vierten oder fünften Monat schwanger), da soll sie sich nicht aufregen (Kühn, Zeit 80). 10. eine bestimmte Reichweite haben: das Gewehr trägt nicht so weit; eine tragende (kräftige, über eine größere Entfernung noch gut hörbare) Stimme haben; Lenas Stimme trug nicht (Grass, Butt 25). 11. (verblasst in Verbindung mit Abstrakta) drückt das Vorhandensein von etw. bei jmdm. aus: Bedenken t. (haben), etw. zu tun; nach jmdm. Verlangen, an etw. die Schuld t.; für jmdn., etw./(schweiz. auch:) jmdm., einer Sache Sorge t. (geh.; für jmdn., etw. sorgen); die Gedanken schwankten wie ägyptische Gaukler auf dem Hochseil und trugen (bargen), wie diese, die Gewissheit ihrer Gefährdung in sich (Stern, Mann 46). 12. drückt aus, dass jmd. etw. in Erwägung zieht: er trägt sich mit dem Plan, mit dem Gedanken, sein Haus zu verkaufen; Du kannst beruhigt sein, ich trage mich nicht mit Selbstmordgedanken (Danella, Hotel 265).