Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
$
&
-
1
5
A
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
[S]
T
U
V
W
X
Y
Z
`
£
¥
Œ
Α
Β
Γ
Δ
Ε
Ζ
Η
Θ
Ι
Κ
Λ
Μ
Ν
Ξ
Π
Ρ
Σ
Τ
Ϋ
Χ
Ω
stehen
ste|hen [mhd., ahd. stān, stēn]: 1. a) sich in aufrechter Körperhaltung befinden; aufgerichtet sein, mit seinem Körpergewicht auf den Füßen ruhen: aufrecht, gerade, krumm, schief, gebückt, breitbeinig, still, auf den Zehenspitzen, wie angewurzelt s.; sie standen dicht gedrängt, in Reih und Glied; der Zug war so voll, dass sie s. mussten (keinen Sitzplatz bekamen); sie konnte kaum noch s. (war sehr erschöpft); das Baby kann schon s. (kann schon eine aufrechte Körperhaltung einnehmen); er arbeitet stehend; der Boxer war stehend k. o.; sie schießen stehend freihändig (ohne das Gewehr auf einer Unterlage abzustützen); er trinkt den Kaffee im Stehen; *stehend freihändig (ugs.; mühelos): wenn es „flutscht“, tippt sie, „stehend freihändig“, im Tagwerk schon mal 20 Seiten voll (Spiegel 52, 1976, 123); b) sich stehend (1 a) an einem bestimmten Ort, einer bestimmten Stelle befinden: am Fenster, neben jmdm., einer Sache s.; Alte und Junge stehen andächtig vor dem entschleierten Bild (Koeppen, Rußland 65); mit den Füßen im Wasser s.; die Pferde stehen im Stall; (als Beteuerungsformel:) so wahr ich hier stehe, ...; vor dem Schaufenster stehen bleiben (nicht weitergehen); R hier stehe ich, ich kann nicht anders (nach Luthers angeblichen Schlussworten auf dem Reichstag zu Worms 1521); (verblasst:) am Herd s. (mit Kochen beschäftigt sein); jmdn. an der Tür s. lassen (ihn nicht in die Wohnung bitten); sie hatten die neue Mitschülerin einfach s. lassen (sie nicht länger beachtet, sich von ihr abgewandt); als wir ihn abholen wollten, stand er noch im Hemd (ugs.; war er noch nicht angezogen); die Mutter steht zwischen ihnen (verhindert, dass sie ein besseres Verhältnis haben); im Rentenalter s. (das Rentenalter erreicht haben); vor einer Frage, einer Entscheidung s. (mit einer Frage, Entscheidung konfrontiert sein); vor dem Bankrott s.; erst am Beginn einer Entwicklung s.; das Kind ist in der Entwicklung s. geblieben (hat sich nicht weiterentwickelt); Wo sind wir s. geblieben? (Wo hatten wir unser Gespräch, unsre Tätigkeit o.Ä. unterbrochen?); dass vor fünfzehn Jahren niemand ahnte, wo wir heute s. würden (wie unsere Situation sein würde; Dönhoff, Ära 82); c) (schweiz.) sich stellen: er befahl dem Kind, in die Ecke zu s.; d) (von Sachen) sich [in aufrechter Stellung] an einem bestimmten Ort, einer bestimmten Stelle befinden, dort [vorfindbar] sein: hoch, schief s.; das Haus steht direkt an der Straße; die Teller stehen schon auf dem Tisch; die Suppe s. lassen (nicht [ganz] aufessen); Blumen standen in der Vase; das Buch steht im Regal; die Sachen stehen vergessen in der Ecke (werden nicht mehr beachtet); sie haben einen Barockschrank im Zimmer s.; er hat die Leiter am Baum s. lassen/(seltener:) s. gelassen; wir sind dafür, das Unkraut s. zu lassen; sie mussten alles s. und liegen lassen (sie mussten überstürzt aufbrechen); ich will, dass der Gartenzwerg hier s. bleibt (an diesem Platz belassen wird); ein Koffer ist s. geblieben/wurde s. gelassen (wurde unabsichtlich stehen gelassen); (verblasst:) die Sonne steht hoch am Himmel; das Wasser stand im Keller; dichter Rauch stand im Raum; Schweißperlen standen auf seiner Stirn; er will sich einen Bart s. lassen (wachsen lassen); *mit jmdm., etw. s. und fallen (von jmdm., etw. entscheidend abhängig sein); jmdm. bis zum Hals[e], bis oben/bis hier[hin] s. (ugs.; zum Überdruss werden, von jmdm. nicht mehr ertragen werden; meist von einer Handbewegung zum Hals begleitet, womit angedeutet wird, dass man kurz davor ist, sich vor Widerwillen zu erbrechen): Schmeißen Sie mich nur raus, Frau Direktor. Mir steht der Laden sowieso bis hier (Grass, Hundejahre 348). 2. a) (auf einer [Wert]skala, innerhalb eines Systems o. Ä.) eine bestimmte Stellung haben: das Barometer steht hoch, tief, steht auf Regen; das Thermometer steht auf 10º; die Ampel steht auf Rot; in Mathematik gut, schlecht s.; In Physik stand sie unumstößlich auf der Eins, die Drei vom Januar war ausgemerzt (Loest, Pistole 219); der Franc, die Aktie steht gut, schlecht; der Dollar stand bei 1,89 DM; b) (Sport) einen bestimmten Spielstand aufweisen: das Fußballspiel steht 1 : 1; im zweiten Satz steht es 5 : 3. 3. (von Kulturpflanzen) in einem bestimmten Stand des Wachstums, Gedeihens sein: der Weizen steht gut, schlecht. 4. (von Gebäuden) als Bauwerk vorhanden sein: das Haus steht seit 20 Jahren, steht noch, schon lange nicht mehr; nur wenige Gebäude sind bei dem Bombenangriff s. geblieben (der Zerstörung entgangen); von der Burg stehen nur noch ein paar Mauerreste. 5. (von Fischen) ruhig (im Wasser) verharren, sich nicht fortbewegen. 6. (Jägerspr.) (von Schalenwild) in einem bestimmten Revier seinen ständigen Aufenthalt haben. 7. (Ski, Eislauf) einen Sprung stehend, ohne Sturz zu Ende führen: einen dreifachen Rittberger sicher s.; der weiteste gestandene Sprung. 8. a) nicht [mehr] fahren, nicht [mehr] in Bewegung sein: auf einen stehenden Zug auffahren; das Auto ist vor der Ampel s. geblieben; der Triebwagen kam in letzter Sekunde zum Stehen; Ü einen Angriff zum Stehen bringen (aufhalten); b) nicht [mehr] ↑"laufen" (7 a), nicht mehr in Funktion, in Betrieb sein; ↑"stillstehen" (1): der Motor, die Uhr steht; die Räder standen (drehten sich nicht mehr); Ü das Herz ist ihr vor Schreck fast s. geblieben (sie war sehr erschrocken); es war, als wäre die Zeit s. geblieben (als hätte sich nichts verändert). 9. an einer bestimmten Stelle in schriftlicher od. gedruckter Form vorhanden sein: die Nachricht steht in der Zeitung; auf der Marmortafel steht geschrieben (geh. veraltend; kann man lesen), dass ...; unter dem Schriftstück steht sein Name; zu viele Fehler sind s. geblieben/wurden s. gelassen (sind nicht korrigiert worden); (verblasst:) das Gericht steht nicht mehr auf der Speisekarte (ist dort nicht mehr aufgeführt); etw. steht auf dem Programm, auf der Tagesordnung (ist im Programm, in der Tagesordnung vorgesehen); das Zitat steht bei Schiller (stammt aus einem Werk Schillers); das Geld steht auf dem Konto, auf dem Sparbuch (ist als Haben auf dem Konto, im Sparbuch verzeichnet); R wo steht denn das geschrieben? (es gibt keine Vorschrift, die dem eigenen Handeln entgegenstünde; nach Martin Luthers jeweils einleitender Frage für die biblische Begründung seiner Erklärungen zu Taufe, Abendmahl u. Sündenvergebung im „Kleinen Katechismus“). 10. (ugs.) in bestimmten (bes. finanziellen) Verhältnissen leben: er steht sich gut, nicht schlecht, besser als vorher; er steht sich auf 3 000 Mark monatlich (verdient ... 3 000 Mark). 11. ein bestimmtes Verhältnis zu jmdm. haben: schlecht mit jmdm. s.; Sie sind wohl im Bild, wie wir zueinander stehen (Brecht, Mensch 68); sich gut mit jmdm. s.; Lion Feuchtwanger ... Thomas Mann stand sich besonders nett mit ihm (Katia Mann, Memoiren 105). 12. von jmds. Entscheidung abhängen: es, die Entscheidung steht [ganz] bei dir, ob und wann mit der Sache begonnen wird. 13. (ugs.) (im Hinblick auf die Vorbereitung o. Ä. von etw.) fertig, abgeschlossen sein: Zwei Proben müssen genügen, dann muss die Nummer s. (MM 5./6.5.90, 71); der Plan, seine Rede steht (ist fertig gestellt); die Mannschaft steht (ist zusammengestellt). 14. a) für etw. einstehen, Gewähr bieten: die Marke steht für Qualität; meistens steht Irland für einen Urlaub, wie man ihn nur noch in wenigen Gegenden Europas machen kann (Gute Fahrt 4, 1974, 54); b) stellvertretend sein: dieses Beispiel, sein Name steht für viele. 15. sich zu etw. bekennen: zu seinem Wort, seinem Versprechen s.; Die drei Hersteller ... stehen zu ihrer Verpflichtung, aus der FCKW-Produktion auszusteigen (Chemische Rundschau 21.8. 91, 1); er steht zu dem, was er getan hat (steht dafür ein); wie stehst du zu der Angelegenheit? (was für eine Meinung hast du dazu?). 16. jmdm. beistehen, zu jmdm. halten: hinter jmdm., zu jmdm. s. 17. (in Bezug auf eine Straftat) mit einem bestimmten Strafmaß geahndet werden: auf Diebstahl, auf eine solche Straftat steht Gefängnis. 18. in einem bestimmten [Entwicklungs]zustand sein: die Sache steht gut; die Aussichten, Chancen stehen fifty-fifty; mit seiner Gesundheit steht es schlimm, nicht zum Besten; das verheulte Gesicht der Haushälterin sagte mir, dass es schlecht um den alten Herrn stand (Fallada, Herr 70/71); (Frage nach jmds. Ergehen:) [wie geht's] wie steht's? 19. : es steht (ist) zu erwarten, zu befürchten, zu hoffen, dass ... 20. (von Kleidungsstücken) zu jmdm. in bestimmter Weise passen; jmdn. ↑"kleiden" (1 b): der Hut, das Kleid, die Farbe steht dir gut, steht dir nicht; Ü Sie ist ganz verwirrt, aber es steht ihr (Frisch, Gantenbein 340). 21. (landsch.) ↑"leben" (3), angestellt, beschäftigt sein: er steht als Lehrer im Westerwald. 22. (ugs., bes. Jugendspr.) von jmdm., einer Sache besonders angetan sein, eine besondere Vorliebe für jmdn., etw. haben: auf jmdn., auf etw. s.; Der Rickey steht auf Country und Western (Degener, Heimsuchung 26); Dein Freund ist fast zehn Jahre älter als du. Offenbar steht er auf ganz junge Partnerinnen (Ziegler, Kein Recht 29). 23. (Seemannsspr.) (in Bezug auf den Wind) in einer bestimmten Richtung, in bestimmter Weise wehen: der Wind steht nach Norden, steht günstig; Steht dann noch der Wind auf das Land zu und weht kräftig, ... (Stern, Mann 263). 24. (ugs.) erigiert sein: Hör mal, mein Freund, es ist nicht meine Schuld, wenn er dir nicht mehr steht (Rocco [Übers.], Schweine 26). ∙ 25. : Sie stund auf, packte die Säcklein aus (Gotthelf, Spinne 11); die Tränen stunden ihm in den Augen (Goethe, Götz V).