Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
scharf
schạrf [mhd. scharf, scharpf, ahd. scarf, scarph, eigtl. = schneidend, zu 1"scheren"]: 1. a) gut u. leicht schneidend: ein -es Messer, Beil, Schwert; eine -e Klinge, Schneide; pass auf, die Sense ist sehr s.!; die Axt, der Hobel, die Säge muss mal wieder richtig s. gemacht werden; Spr allzu s. macht schartig (übertriebene Strenge schadet nur); b) (am Rand o. Ä.) nicht abgerundet u. glatt, sondern in eine Spitze, in einen spitzen Winkel zulaufend [u. deshalb oft verletzend]: -e Ecken, Kanten; -e Zähne, Krallen; sich an den -en Dornen, Stacheln die Haut aufreißen; die Ränder der Scherben sind s.; Ü -e Bügelfalten; Jünglinge in s. gebügelten Flanellhosen (Th. Mann, Zauberberg 105). 2. a) eine beißende, brennende Geschmacksempfindung auslösend: -er Senf; -e Gewürze; ein -er Geschmack; das Gulasch, das Essen war ziemlich s.; Der Schnaps war s. und brennend (Böll, Adam 56); er trinkt gern -e Sachen (ugs.; Schnaps); s. schmecken; eine s. gewürzte Suppe; etwas Scharfes (ugs.; Schnaps) trinken; b) (von bestimmten Chemikalien o. Ä.) ätzend, ↑"aggressiv" (2 b): -e Chemikalien, Säuren, Laugen, Reinigungsmittel; atme die -en Dämpfe möglichst nicht ein; c) stechend, streng [riechend]: der -e Raubtiergeruch der Löwenzwinger; s. riechen. 3. a) (von Tönen, Lauten, Geräuschen u. Ä.) [unangenehm] durchdringend [u. laut]: ein -er Knall; ein -es Zischen; Ilonka hat gleichzeitig mit dem Knall ein kurzes, -es Pfeifen gehört (Hartung, Junitag 40); mit -er Stimme brüllte er seine Kommandos; Sie sprang sofort darauf an. »Ja, schade, dass nicht alle so gut sind wie du!«, sagte sie s. (Thor [Übers.], Ich 40); Ü Begleitet aber werden diese Auseinandersetzungen ... durch -es Getrommel in den feindlichen kommunistischen Metropolen (Dönhoff, Ära 229); b) (von Licht) unangenehm hell u. in den Augen schmerzend: plötzlich traf ihn das -e Licht eines Scheinwerfers; in dem -en, brennenden Frühlingslicht (Langgässer, Siegel 25); auf einem staubigen Platz voll -er Sonne (Geissler, Wunschhütlein 65); c) ein als unangenehm od. sogar schmerzhaft empfundenes starkes Kältegefühl bewirkend: es wehte ein -er Ostwind; in der -en Kälte der sternklaren Winternacht; bei -em Frost. 4. a) (bes. von den Augen, vom Gehör) sehr gut funktionierend; genau wahrnehmend: er hat schärfere Augen als ich; ein -es Gehör; wir mussten s. (angestrengt u. konzentriert) hinsehen, um etwas zu erkennen; er betrachtete ihn s. (durchdringend u. aufmerksam prüfend); b) (ugs.) für gute Sehschärfe sorgend, gutes Sehen ermöglichend: eine -e Brille. 5. deutlich [sichtbar], klar [hervortretend], nicht verschwommen: -e Umrisse, Konturen; -e Kontraste; der Fernseher könnte ein etwas schärferes Bild haben; die Videokamera liefert sehr -e Bilder; das Foto ist nicht sehr s., ist gestochen s.; mit der Brille sehe ich [alles] absolut s.; die Kamera stellt automatisch s. (fokussiert automatisch); den Projektor s. einstellen (so einstellen, dass das Bild scharf ist); das Objekt hebt sich s. vom Hintergrund ab; ein s. begrenztes Dreieck; was sich zu nah vor dem Objektiv befindet, wird nicht s. abgebildet; Ü eine -e Trennung der beiden Begriffe ist kaum möglich; eine -e Grenze gibt es nicht; in -em Gegensatz zu etw. stehen; etw. s. trennen, unterscheiden, auseinander halten, abgrenzen. 6. stark ausgeprägt [u. deshalb streng wirkend]: sie hat -e Gesichtszüge, eine -e Nase; ein s. geschnittenes Gesicht. 7. (das Wichtige, das, worauf es ankommt) genau erfassend, wahrnehmend: Sie kennt die Menschen, sie hat einen -en Verstand und ihre Art ist misstrauischer als unsere (Funke, Drachenreiter 25); Er besaß einen -en Intellekt (Dönhoff, Ostpreußen 48); Heinrich Mann sei „nicht der schärfste politische Denker seiner Zeit“ gewesen (Reich-Ranicki, Th. Mann 139); ein -es Auge, einen -en Blick für etw. haben; ein Problem s. analysieren; denk doch mal s. nach. 8. geeignet, dem Betroffenen zu schaffen zu machen, ihn empfindlich zu treffen: eine -e Kritik, Bemerkung, Antwort, Äußerung; ein -er Verweis; -er Hohn, Spott; -e Reden führen; eine -e Zunge haben (zu scharfen Äußerungen neigen); er war, wurde sehr s. gegen sie, tadelte sie s.; ... als unkonventioneller, s. kritisierender, aber exakt argumentierender Wissenschaftler bekannt (FR 26. 1. 93, 23); jmdn. s. anfassen; sie tadelte ihn auf das Schärfste/(auch:) schärfste. 9. "massiv" (2), heftig: schärfsten Protest einlegen; -e Gegenmaßnahmen ergreifen; er ist einer der schärfsten (entschiedensten) Kritiker, Gegner der Kernenergie; etw. s. zurückweisen, verurteilen; s. [gegen jmdn., etw.] durchgreifen, vorgehen; der Kanzler ist deswegen von der Oppositon s. angegriffen worden; jmdm. s. widersprechen; s. opponieren; London reagierte mit einer ungewöhnlich s. formulierten Protestnote. 10. überaus streng u. unnachsichtig: ein -es Verhör; ein -es Urteil; er gehört zu den schärfsten Prüfern; mit schärferen Gesetzen allein ist das Problem nicht in den Griff zu kriegen; Der Ruf nach schärferen ... Kontrollen wird lauter (FR 26. 1. 93, 23); jmdn. s. bewachen, vernehmen, prüfen; er ist ein ganz -er Hund; ein ganz Scharfer (ugs.; jmd., der überaus streng nach Vorschrift seinen Dienst als Prüfer, Polizist, Ankläger o. Ä. versieht). 11. heftig, erbittert: -e Auseinandersetzungen; ein -er Konkurrenzkampf; er konnte seinen schärfsten Rivalen, Konkurrenten ausschalten. 12. a) sehr schnell; rasant: ein -er Ritt, Lauf; in -em Tempo, Galopp reiten; bei -er Autobahnfahrt liegt der Benzinverbrauch erheblich höher; Er riskierte eine -e Fahrt vor dem Wind ... und riss das Segel herum (Saarbr. Zeitung 11. 10. 79, IV); für einen Siebzigjährigen fährt er ungewöhnlich s.; er hat die Kurve etwas zu s. genommen; Deshalb sind die Anleihekurse am Freitag ... s. gefallen (NZZ 30. 8. 83, 9); und der Amüsierdoktor ... trank s. hintereinander (schnell u. ohne [längere] Unterbrechungen; Lenz, Brot 101); b) abrupt u. heftig [geschehend, verlaufend]: eine -e Kurve, Biegung; eine -e Kehrtwendung machen; Wir gingen die Treppe hoch und gelangten nach einer -en Wendung nach rechts in einen Raum, der hell erleuchtet war (Theißen, Festina 26); Die Lebenslinie bekommt einen -en Knick (Schreiber, Krise 19); s. bremsen, beschleunigen; c) stark, heftig, intensiv: das wochenlange -e Training hat sich ausgezahlt; s. exerzieren, arbeiten; wie kleine, etwas zu s. gebackene Landbrote (Schnurre, Bart 151); das gewürzte Fleisch wird zunächst s. (bei großer Hitze) angebraten. 13. (von Hunden) dazu abgerichtet, [auf Befehl] Menschen od. Tiere anzugreifen: ein -er [Wach]hund; ein -er Jagdhund (Jägerspr.; Jagdhund, der auf Befehl Wild stellt u. verbellt, angreift od. tötet); Vorsicht, der Köter ist s.!; der Hund beißt nur, wenn er s. gemacht wurde; Ü das ist reine Propaganda mit dem Zweck, die Leute s. zu machen (ugs.; sie durch Aufhetzen gegen jmdn. od. etwas aufzubringen). 14. (bei entsprechendem Einsatz) eine zerstörende Wirkung habend: -e Patronen; mit -er Munition schießen; einen -en Schuss abgeben; eine Bombe, Mine, Sprengladung s. machen; die Waffe ist s. [geladen]; hier wird s. (mit scharfer Munition) geschossen. 15. (Ballspiele) (von einem Wurf, Schuss o. Ä.) kraftvoll, wuchtig: ein -er Schuss aus der zweiten Reihe, ins linke untere Eck brachte den Ausgleich; da seine Bälle ziemlich s. kommen (Frisch, Montauk 122). 16. deutlich, stark akzentuiert: Mit der ... -en Aussprache eines Schauspielers schrie er in den Apparat ... (A. Zweig, Grischa 152); s. artikulieren; ein Wort mit -em (stimmlosem) S aussprechen; ein Wort mit -em S (mit Eszett) schreiben. 17. (Schiffbau) (von Bootsformen) spitz zulaufend: ein -es Heck. 18. (ugs.) a) sehr eindrucksvoll u. Begeisterung auslösend: ein echt -er Typ; Der sieht gut aus, fährt ein -es Auto (Degener, Heimsuchung 148); Aber die sah s. aus ... Auf die standen alle (Stadt-Zeitung 12, 1984, 14); b) in seiner Unerhörtheit, Unglaublichkeit kaum noch zu überbieten: ganz schön s., was einem so alles zugemutet, geboten wird; Die Schwerelosigkeit, das war das Schärfste, was ich in meinem ganzen Leben gefühlt habe (Woche 7. 3. 97, 44). 19. (ugs.) a) vom Sexualtrieb beherrscht; geil; sinnlich: ein -er Bursche; der Pornofilm machte ihn s.; Wenn ich daran dachte, dass ich am Mittwochnachmittag zu Frau L. gehen würde, war ich am Montag schon s. (Ziegler, Kein Recht 24); so was Scharfes wie die ist mir schon lange nicht mehr begegnet; b) sexuell erregend: ein -er Sexfilm, Porno; ein unheimlich -er Striptease; Er hätte so gern diese Bücher, die so s. sein sollen und wegen denen der Verlagschef ... doch nun vor Gericht stände (Szene 6, 1983, 11); -e Sachen (Pornographie). 20. *s. auf jmdn., etw. sein (ugs.; von einem heftigen Verlangen nach jmdm., etw. erfüllt sein): Scharf war ich eigentlich immer nur auf deine Piepen (Freizeitmagazin 26, 1978, 10); Vogl wartet auf den Hagelalarm. Er ist ganz s. darauf, in die Maschine zu steigen und der verdammten Wolke, die im raschen Anflug auf sein Schutzgebiet ist, das Silberjodid in die Zirren zu jagen (Woche 21. 8. 98, 43); Na, Bine ... Die ist doch s. auf dich, das weißt du ganz genau (Danella, Hotel 35); nicht s. auf etw. sein (ugs. untertreibend; etw. vermeiden wollen, lieber nicht haben, machen wollen): ich bin nicht s. darauf, mir die Finger zu verbrennen; auf diese Art von Tätigkeit bin ich nicht gerade s. 21. ganz nahe, dicht: -es Rechtsfahren; die Autos fuhren s. rechts heran; das Geschoss flog s. am Ziel vorbei, schlug s. neben dem Ziel ein; Ü s. (knapp) kalkulierte Preise.
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