Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
schaffen
schạf|fen [mhd. schaffen (st. u. sw. V.), ahd. scaffan (st. V.) u. scaffōn (sw. V., Präsensstamm zum Prät. u. 2. Part. des st. V. scepfen, 2"schöpfen"), urspr. = schnitzen, mit dem Schaber bearbeiten, verw. mit ↑"schaben"]: 1. (durch schöpferische Arbeit, schöpferisches Gestalten) neu entstehen lassen; ↑"hervorbringen" (2 b): am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde; ein Kunstwerk s.; der Künstler hat eine Plastik, ein neues Bild geschaffen; Der Dichter bildete nicht die bestehende Welt ab, sondern schuf eine neue (Woche 14. 11. 97, 41); Da baute er seine Vierzimmerwohnung zum Tonstudio um und schuf mit seinem Freund Joe Hammer einen neuen Sound (Freizeitmagazin 12, 1978, 3); Die Begründer des Klosterwesens haben eine Lebensform geschaffen (Nigg, Wiederkehr 94); Das Treppenhaus ist nach dem Vorbild der Großen Oper in Paris geschaffen (Koeppen, Rußland 72); Das Weib ist für den Mann geschaffen (gehört zum Mann), geben wir sie zusammen. Bestatten wir sie in einem Sarg (Jahnn, Geschichten 216); der schaffende (schöpferisch arbeitende) Mensch, Geist; wie er, sie geschaffen ist (veraltet verhüll. scherzh.; unbekleidet, nackt); bei verschiedenen großen Männern ..., die er durch geistvolle Gespräche von ihrem Schaffen abhält (Hildesheimer, Legenden 33); Diese spezifische Grundbegabung, die Schillers ganzes Schaffen organisierte, war sein Theatertalent (Friedell, Aufklärung 240); Seinen ersten Höhepunkt erreicht der Kupferstich im Schaffen Schongauers (Bild. Kunst III, 83); die Ausstellung gibt einen guten Überblick über Picassos plastisches, bildhauerisches Schaffen (Werk); Aber möglichst viel von seinem bisherigen Schaffen (möglichst viele von seinen schon vorliegenden Werken) zu sehen, sei ich entschlossen (Th. Mann, Krull 341); *für etw., zu etw. wie geschaffen sein (für etw. ganz besonders geeignet, tauglich, passend sein): er ist für diesen Beruf, zum Lehrer wie geschaffen; das Material ist für den Zweck wie geschaffen; Die frühere Kuhmagd schien für den Wärter wie geschaffen (Hauptmann, Thiel 5); ein schöner, wie zum Denkmal geschaffener Mann (Grass, Butt 102); für etw., zu etw. nicht geschaffen sein (mit etw. [unüberwindliche] Schwierigkeiten haben, nicht zurechtkommen): zum Leben auf dem Lande ist sie einfach nicht geschaffen; Sie waren beide für die Ehe nicht geschaffen (Fallada, Herr 255); Deine Mutter oder dein Weib aufgeben, weil sie den Teufel hat, dafür bist du nicht geschaffen (Gaiser, Jagd 157). 2. entstehen, zustande kommen lassen; zustande bringen: Platz für etw. s.; die Voraussetzungen für etw. s.; neue Stellen s.; Ohne nachhaltige Belebung der Inlandskonjunktur sind mit dem Wirtschaftswachstum keine Arbeitsplätze zu s. (Woche 31. 1. 97, 13); eine ganz neue Lage, klare Verhältnisse, eine gute Atmosphäre, günstige Rahmenbedingungen s.; bis dahin hast du dir vielleicht schon ein ansehnliches Vermögen geschaffen/geschafft; er weiß immer Rat, Hilfe zu s. (findet immer eine Lösung, eine Möglichkeit zu helfen); diese Pillen schaffen (verursachen) mir nur Beschwerden; sich etwas Bewegung s. (verschaffen); (verblasst:) Ersatz, Ausgleich, Ruhe, Frieden, Ordnung, Klarheit, Abhilfe s.; solche Ereignisse schaffen (verursachen, erzeugen) immer Unruhe; das schafft nur Verwirrung (verwirrt einen nur). 3. *sich zu s. machen (irgendeine [manuelle] Tätigkeit ausführen; hantieren): ich sah, wie sich jemand [mit einem Bolzenschneider] an dem Fahrrad zu s. machte; was machst du dir da an meinem Schreibtisch zu s.?; sie ging hinaus und machte sich im Garten, an den Rosen zu s.; jmdm. zu s. machen (1. jmdm. Schwierigkeiten, große Mühe machen: die Schule macht ihm schwer zu s.; Die Umstellung von der Schwerelosigkeit ... auf die Erdanziehungskraft hatte den ... Astronauten anfangs zu s. gemacht [MM 25. 6. 73, 3]. 2. jmdn. seelisch belasten, jmdm. Sorgen bereiten: er gibt sich ganz cool, aber im Grunde macht es ihm schon zu s., dass die Kollegen sich von ihm distanzieren; der Misserfolg hat ihm ganz schön zu s. gemacht). 4. a) erfolgreich zum Abschluss bringen, bewerkstelligen; bewältigen: eine ganze Menge, viel, das Soll s.; er schafft diese Arbeit allein nicht mehr; ich fange sofort damit an, aber ob ich es heute noch schaffe, weiß ich nicht; das schafft er nie!; das hätten wir geschafft!; das wäre geschafft!; wenn die Straße frei ist, schaffst du es nach Köln in drei Stunden (brauchst du für die Fahrt nach Köln [nicht mehr als] drei Stunden); Meine Scheibenwischer schaffen den Regen nicht (Lindlau, Mob 256); und das Geld schafft bekanntlich alles (mit Geld lässt sich alles erreichen; R. Walser, Gehülfe 44); vielleicht schaffst (ugs.; erreichst) du noch den früheren Zug; er hat die Prüfung nicht geschafft (ugs.; ist durchgefallen); beim letzten Versuch schaffte er den neuen Rekord (gelang er ihm); er hat es geschafft, sie zu überreden; Ich begreife nicht, wie er es überhaupt schafft, nach Hause zu seiner Familie zu fahren (Thor [Übers.], Ich 28); b) (ugs.) sehr anstrengen, ↑"mitnehmen" (2), erschöpfen: die Arbeit, die Hitze hat mich heute geschafft; ich habe schon einige ziemlich brutale Kriegsfilme gesehen, aber so wie dieser hat mich noch keiner geschafft; diese Klasse schafft jeden Lehrer; sogar billigen Wermut trank er, weil Korn und Wacholder ihn nicht mehr schafften (betrunken machten; Grass, Hundejahre 288); wir waren so geschafft (müde, erschöpft) und wollten ins Bett (Hörzu 19, 1972, 54); c) (Jargon) großen Einsatz zeigen, sich verausgaben: Joy ... schafft sich auf der Bühne gewaltig, sie zerfließt geradezu (MM 12. 2. 74, 18); Er jodelt, tanzt Schuhplattler und schafft sich auf dem Schlagzeug (Hörzu 49, 1971, 24). 5. bringen, tragen, transportieren, befördern: etw. auf den Speicher, aus dem Haus, aus dem Weg, in den Keller, zur Seite s.; die Verletzten ins Krankenhaus s.; das Schwarzgeld hat er sofort ins Ausland geschafft; (ugs.:) kannst du noch schnell die Pakete zur Post s.? 6. (landsch., bes. südd.) a) "arbeiten" (1 a): schwer, unermüdlich, den ganzen Tag s.; (ugs. scherzh., oft iron:) frohes Schaffen!; *etw. mit jmdm., etw. zu s. haben (etw. mit jmdm., etw. zu tun haben): was habe ich damit zu s.?; ich habe mit der Angelegenheit nichts zu s.; ich will mit ihr, euch nichts zu s. haben; was hast du damit zu s.? (was geht dich das an?); b) "arbeiten" (1 b): nur halbtags, am Bau, bei der Bahn, im Akkord s.; er hat als Monteur geschafft; c) sich (in bestimmter Weise) ↑"arbeiten" (1 a, b) lassen: mit dem Gerät schafft es sich leichter; mit netten Kollegen schafft es sich halt besser; d) sich (in einen bestimmten Zustand) ↑"arbeiten" (4 a): du hast dich müde geschafft; e) "arbeiten" (4 b): du hast dir die Hände wund geschafft; f) sich plagen, anstrengen, ↑"arbeiten" (3 a): an dem Berg müssen die Radfahrer ganz schön s., haben sie ganz schön zu s.; g) sich (irgendwohin) ↑"arbeiten" (3 b): ich musste mich durch dichtes Unterholz s.; er hat sich durch die Menge ganz nach vorn geschafft; Ü er hat sich in der Firma, Partei ganz nach oben geschafft; h) sich in einem Prozess der Veränderung befinden: der Most, Teig schafft (gärt); das Holz schafft (verzieht sich) noch. 7. (südd., österr.) befehlen, anordnen: er tut es nur, wenn es [ihm] der Chef schafft; ∙ Nun sagt, ihr Hexen, was ihr schafft. - Ein gutes Glas von dem bekannten Saft (Goethe, Faust I, 2518 f.). ∙ 8. a) besorgen, beschaffen: Er soll Vorschläge tun, die annehmlich sind, und vor allem soll er das Geld s. (Goethe, Egmont II); Ihm fehlt's an tausend Kleinigkeiten, die zu s. eine Frau sich gern bemüht (Goethe, Torquato Tasso III, 4); Ich muss ins Feld, mein Töchterlein, und Böses dräut der Sterne Schein: Drum schaff du mir ein Notgewand (Uhland, Das Nothemd); b) "verschaffen" (b): Ich hatte, was ihm Freiheit s. konnte (Schiller, Piccolomini II, 7); c) herbeischaffen: Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder (Goethe, Faust I, 2325); schafft Wein!, rief er noch (Kleist, Kohlhaas 10).
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