Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
Spiegel
Spie|gel, der; -s, - [mhd. spiegel, ahd. spiagal, über das Roman. < lat. speculum, ↑"Spekulum"]: 1. a) Gegenstand aus Glas od. Metall, dessen glatte Fläche das, was sich vor ihr befindet, als Spiegelbild zeigt: ein runder, ovaler, rechteckiger, gerahmter S.; ein blanker, blinder, trüber, fleckiger, beschlagener S.; in der Garderobe hängt ein großer S. an der Wand; an den Schränken mannshohe S. (Ossowski, Flatter 170); ... dass ich schreien werde und dass der S. zersplittern wird von meinem Schrei (Schwaiger, Wie kommt 119); er zog einen kleinen S. aus der Tasche; in den S. sehen, gucken; sich im S. betrachten; sie steht ständig vorm S. (betrachtet sich aus Eitelkeit häufig im Spiegel); R der S. lügt nicht (im Spiegel sieht man sich so, wie man wirklich aussieht); Ü seine Romane sind ein S. unserer Zeit, des mittelalterlichen Lebens; „Die Schule sei hier als ein getreuer S. der wilhelminischen Gesellschaft und ihrer tyrannischen Autoritäten dargestellt“ (Reich-Ranicki, Th. Mann 130); Ein schönes Jahr ... im S. der öffentlichen Berichterstattung (Th. Mann, Hoheit 79); *jmdm. den S. vorhalten (jmdn. deutlich auf seine Fehler hinweisen); sich etw. hinter den S. stecken können (ugs.; 1. etw. behalten können [weil der Sprecher es nicht haben will, es verächtlich zurückweist]. 2. etw. beherzigen müssen); sich etw. nicht hinter den S. stecken (ugs.; durch eine scharfe Kritik o. Ä., bes. in einem Schriftstück, beschämt werden; nach der verbreiteten Gewohnheit, hübsche Bildchen, liebe Briefe, Postkarten o. Ä. so hinter den Rand des Spiegels zu klemmen, dass man sie täglich vor Augen hat): das Zeugnis, die Rezension wird er sich [wohl, sicher] nicht hinter den S. stecken; b) (Med.) Spekulum. 2. a) Oberfläche eines Gewässers: der S. des Sees glänzte in der Sonne, kräuselte sich im Wind; Die S. der Teiche bedeckten sich mit Piniennadeln und Laub (Ransmayr, Welt 132); b) Wasserstand: der S. des Sees ist gesunken, ist seit gestern um 20 cm gestiegen; Mächtiger als alles, was sich jemals über den S. des Schwarzen Meeres erhoben hatte, warf dieser Berg seinen Schatten auf die Küste (Ransmayr, Welt 285). 3. (Med.) Konzentration eines Stoffs im Blut, im Plasma od. im Serum: beim Cholesterin sollte der S. zwischen 120 und 250 mg pro 100 ml [Serum] liegen; er trank so viel, dass er am nächsten Morgen noch einen S. von 0,8 Promille [Alkohol im Blut] hatte. 4. a) seidener Rockaufschlag: die S. des Fracks; b) andersfarbiger Besatz auf dem Kragen einer Uniform. 5. (Zool., Jägerspr.) a) (bei bestimmten Tieren, z. B. beim Reh-, Rot- u. Damwild) heller Fleck um den After; b) (bei bestimmten Vögeln, z. B. bei Enten) andersfarbige Zeichnung auf den Flügeln. 6. (Schiffbau) senkrecht od. schräg stehende ebene Platte, die den hinteren Abschluss des Rumpfs eines Schiffs, Boots bildet. 7. schematische Darstellung, Übersicht: die Zeitschrift veröffentlicht jährlich einen S. der Lebenshaltungskosten, der Mietpreise. 8. a) (Druckw.) Satzspiegel; b) (Buchw.) "Dublüre" (2). 9. a) (Archit.) flaches, häufig mit Fresken o. Ä. verziertes mittleres Feld des Spiegelgewölbes; b) (Tischlerei) Türfüllung. 10. (im MA.) meist in Prosa verfasstes, moralisch-religiöses, juristisches od. satirisches Werk (bes. in Titeln): die ersten deutschen S. sind Rechtsbücher. 11. innerstes Feld einer Zielscheibe. 12. hübsches, jugendlich glattes Gesicht: Mein Enkel ... sprach der schönen Annerl, wie die Leute sie ihres glatten -s wegen nannten, immer von der Ehre (Cl. Brentano, Kasperl 355).
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