Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
nehmen
neh|men [mhd. nemen, ahd. neman, urspr. = (sich selbst) zuteilen]: 1. a) mit der Hand greifen, erfassen u. festhalten: er nahm seinen Mantel und ging; er nimmt sie am Arm, um sie hinauszuführen; sie nahm (ergriff) die dargebotene Hand; b) [ergreifen u.] an sich, in seinen Besitz bringen: er nahm, was er bekommen konnte; sie hat zu viel, sich die besten Stücke genommen; den Läufer, den Bauern n. (Schach; schlagen); Und wenn sie sich einen anderen nimmt (sie einen anderen heiratet; Bieler, Bonifaz 143); R woher n. und nicht stehlen? 2. (etw. Angebotenes) annehmen: sie nimmt kein [Trink]geld; nehmen Sie noch eine Zigarette?; nehmen Sie meinen herzlichsten Dank (geh.; ich danke Ihnen sehr herzlich). 3. a) (fremdes Eigentum) in seinen Besitz bringen: die Einbrecher nahmen alles, was ihnen wertvoll erschien; Ü der Krieg, der Tod hat ihr den Mann genommen; b) jmdn. um etw. bringen; entziehen: jmdm. die Sicht n.; dieses Recht kann ihm niemand n.; Ü jmdm. die Hoffnung, alle Illusionen n.; das nimmt der Sache den ganzen Reiz; *sich nicht n. lassen, etw. zu tun (sich nicht davon abhalten lassen, etw. zu tun): sie ließ es sich nicht n., persönlich zu gratulieren; c) bewirken, dass sich jmd. von etw. Unangenehmem befreit fühlt: die Angst, den [Alb]druck von jmdm. n. 4. (für einen bestimmten Zweck) benutzen, verwenden: sie nimmt nur Öl zum Braten; man nehme (Zutaten): 250 g Zucker, 300 g Mehl ...; Ü einen anderen Weg n. 5. a) [ergreifen u.] an eine [bestimmte] Stelle bei sich bringen, bewegen: die Tasche unter den Arm, den Rucksack auf die Schultern n.; er hat das Kind auf den Schoß genommen; sie nahmen den Vater in die Mitte (gingen links u. rechts vom Vater); ich nahm die Sachen an mich (nahm sie, um sie aufzubewahren); das Schiff nimmt (lädt) Kohle; b) aus einem bestimmten Anlass ergreifen u. von etw. weg-, aus etw. herausbringen: Geschirr aus dem Schrank, Geld aus der Brieftasche n.; er nahm den Hut vom Kopf und wischte sich die Stirn; die Gläser vom Tisch n.; als das Baby weinte, nahm sie es aus dem Wagen; Ü sie haben das Kind aus der Schule genommen (haben es nicht länger die Schule besuchen lassen). 6. sich (einer Person od. Sache) bedienen: [sich] einen Anwalt n.; den Bus, das Auto n.; er nahm den nächsten Zug, ein Taxi; nimm eine Schere. 7. für seine Zwecke aussuchen, sich (für jmdn., etw.) entscheiden: ich nehme die broschierte Ausgabe; sie nahm die angebotene Stelle; diese Wohnung nehmen wir; er nahm ein Zimmer im besten Hotel; sie hat das Kleid doch nicht genommen (gekauft). 8. bei sich unterbringen, aufnehmen: eine Waise ins Haus n.; sie nahm ihre alte Mutter zu sich. 9. *etw. auf sich n. (etw. übernehmen): die Verantwortung, alle Schuld auf sich n.; er hat es auf sich genommen, den Plan durchzuführen; ∙ etw. über sich n. (etw. übernehmen): Saladin hat's über sich genommen, ihn zu stimmen (Lessing, Nathan V, 3). 10. in Anspruch nehmen, sich geben lassen: Unterricht, Nachhilfe[stunden] in Latein n.; Urlaub n.; ich habe mir [einen Tag] frei genommen. 11. als Preis fordern: er hat für die Fahrt zehn Mark genommen; was nehmen Sie für eine Stunde? 12. (geh.) a) (eine Mahlzeit o. Ä.) einnehmen: wir werden das Frühstück um neun Uhr [auf der Terrasse] n.; das Abendmahl n. (das Altarsakrament empfangen); b) (Speisen, Getränke o. Ä.) dem Körper zuführen: einen Kaffee, einen Kognak n.; nehmen wir noch ein Dessert?; ich habe heute noch nichts zu mir genommen; *einen n. (ugs.; etw. Alkoholisches trinken). 13. (ein Medikament) [regelmäßig, über einen bestimmten Zeitraum] einnehmen: seine Arznei n.; sie nimmt die Pille. 14. a) als etw. ansehen, auffassen, verstehen: etw. als gutes Zeichen n.; nehmen wir den guten Willen für die Tat; b) in einer bestimmten Weise betrachten, auffassen, bewerten, einschätzen: etw. [sehr] ernst, [zu] leicht, schwer, (ugs.:) tragisch n.; sie nimmt dich nicht ernst; du nimmst alles zu wörtlich; von weitem habe ich dich für Hans genommen (landsch.; gehalten); R wie mans nimmt (ugs.; man kann die Sache verschieden, auch anders auffassen); *jmdn. nicht für voll n. (ugs.; jmdn. u. das, was er sagt od. tut, gering einschätzen). 15. in seiner Art akzeptieren, ↑"hinnehmen" (1): eine Sache so n., wie sie ist; er nimmt die Dinge, wie sie kommen; du musst den Menschen n., wie er ist. 16. sich vorstellen, denken: nehmen wir den Fall, dass alles misslingt, alles misslänge; nehmen wir einmal eine Gestalt wie Caesar. 17. (mit jmdm.) auf eine bestimmte Weise umgehen; (auf jmdn.) auf eine bestimmte Art reagieren: jmdn. zu n. wissen; Soll man denn Kinder wie Erwachsene n.? (Fr. Wolf, Menetekel 117); Ü langsam merke ich, wie ihre Bälle (= beim Pingpong) zu n. sind (Frisch, Homo 103). 18. a) sich (über etw.) hinwegbewegen, (ein Hindernis o. Ä.) überwinden: wir nahmen die Kurve, die Steigung im dritten Gang; das Pferd hat den Graben [ohne Fehler] genommen; Er nahm die Treppe in fünf Sätzen (H. Mann, Unrat 6); b) (Milit.) erobern, einnehmen: eine Stadt n. 19. (mit einer Frau) koitieren: er nahm sie mit Gewalt; sie will nicht genommen werden (Rocco [Übers.], Schweine 152). 20. a) "aufnehmen" (10 c): ein Konzert auf Band n.; b) "aufnehmen" (10 b): dazu wieder Sonnenuntergang, den ich auf Farbfilm nahm (Frisch, Homo 41). 21. (Ballspiele) grob foulen: der Stürmer wurde hart genommen. 22. (Ballspiele) "annehmen" (12): Der nimmt den Ball aus der Luft, schießt (Welt 28. 4. 65, 8). 23. (Boxen) (Schläge u. Treffer) hinnehmen [müssen]: er musste mehrere Haken n. 24. (verblasst) den, seinen Abschied n. (geh.; entlassen werden, aus dem Amt scheiden); Abschrift n. (Papierdt.; abschreiben); etw. in Arbeit n. (beginnen, an etw. zu arbeiten); einen steilen Aufschwung n. (bes. Wirtsch.; sich lebhaft fortentwickeln); etw. in Betrieb, in Dienst n. (beginnen, etw. zu benutzen, einzusetzen); in etw. Einsicht, Einblick n. (etw. einsehen); auf jmdn., etw. Einfluss n. (jmdn., etw. beeinflussen); eine beachtliche Entwicklung n. (sich gut entwickeln); seinen Fortgang n. (fortgeführt werden); in Gebrauch n. (beginnen, etw. zu gebrauchen, zu verwenden); seinen Rücktritt n. ([von einem Amt] zurücktreten); jmdn. ins Verhör n. (verhören); Wohnung n. (geh.; sich einmieten). 25. sich benehmen: Grimbart wusste sich schon in solchen Fällen zu n. (Goethe, Reineke Fuchs 3, 392); wie Assad ... sich an meiner Stelle genommen hätte (Lessing, Nathan IV, 4).
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