Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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leben
le|ben [mhd. leben, ahd. lebēn, eigtl. wohl = übrig bleiben (im Sinne von: überleben nach einem Kampf); 3: wohl unter Einfluss von engl. to live]: 1. a) am Leben, lebendig sein; nicht tot sein: seine Großeltern leben noch; als der Arzt eintraf, lebte der Verunglückte schon nicht mehr; lebt er?; das Kind hat nur wenige Stunden gelebt; ohne dich kann ich nicht l.; nicht mehr lange zu l. haben; sie wollte nicht mehr länger l.; lass das Tier doch l. (töte es nicht)!; nicht l. und nicht sterben können (sich sehr krank u. elend fühlen); lebst du noch? (ugs. scherzh. zu jmdm., der sehr lange nichts von sich hören ließ); es stimmt, so wahr ich lebe (ugs. Beteuerungsformel); <1. Part.:> die noch lebenden Nachkommen; lebend gebärende (Zool.; lebende Junge zur Welt bringende) Tiere; lebende (echte, nicht künstliche) Blumen; lebendes Inventar (Rechtsspr.; Viehbestand ); ein lebender (über die Fähigkeit zu Stoffwechsel, Wachstum, Vermehrung verfügender) Organismus; bring mir den Mörder meines Sohnes, tot oder lebend!; die Lebenden und die Toten; Ü die Bilder dieser Künstlerin leben (wirken lebendig); der Glaube lebt (ist lebendig); in den Menschen lebt die Hoffnung (sie hoffen) auf eine bessere Welt; lebende Sprachen (Sprachen, die in der Gegenwart gesprochen werden); *es von den Lebenden nehmen (ugs.; sehr hohe, überhöhte Preise fordern; viell. zurückgehend auf den alten Rechtsbrauch, nach dem dem Lehnsherrn beim Tod seines Vasallen aus dessen Hinterlassenschaft das beste Stück Vieh zustand; ein sehr habgieriger Lehnsherr trachtete schon zu Lebzeiten des Vasallen nach dessen Besitz); jmd., etw. lebe! (Wunschformel): lang lebe der König!; es lebe die Freiheit!; sie lebe, wachse und gedeihe! (nach lat. vivat, crescat, floreat); b) auf der Welt sein, (als Lebewesen) da sein, existieren: wie viele Menschen leben auf der Erde?; Luther lebte im 16. Jahrhundert; „Wie geht es dir?“ - „Man lebt!“ (ugs.; es geht nicht gut, aber auch nicht übermäßig schlecht); er weiß zu l. (das Leben zu genießen); Im Knast lebt man nicht. Da wird man gelebt (Hörzu 21, 1977, 59); die lebende (heutige) Generation; R l. und l. lassen (man sollte jedem wie sich selbst seine eigene Existenz u. Lebensart zugestehen); so was lebt [u. Schiller musste sterben] (ugs.; Ausruf der Empörung u. Entrüstung über einen besonders einfältigen, dummen Menschen); man lebt nur einmal (Aufforderung, eine günstige Gelegenheit zu nutzen); c) fortbestehen, weiterleben: der Künstler lebt in seinen Werken; sein Andenken lebt in uns; der Name dieses Mannes wird für alle Zeiten l. 2. sein Leben in bestimmter Weise verbringen: gut, anständig, enthaltsam, flott, bürgerlich, armselig l.; Schon vor dem Ersten Weltkrieg konnte Thomas Mann in München fürstlich l. (Reich-Ranicki, Th. Mann 32); leb[e] wohl! (veraltend; formelhafter Abschiedsgruß); er lebt wie ein Fürst; hier lebt es sich gut; herrlich und in Freuden l.; wie Gott in Frankreich (ugs.; im Überfluss) leben; im Wohlstand, in glücklicher Ehe, in Scheidung l.; in der Hoffnung auf bessere Zeiten l.; er lebt in dem Wahn, dauernd verfolgt zu werden; Es hat Völker und Stämme gegeben, die in völliger Harmonie mit der Natur leben (Gruhl, Planet 39); Ich habe gelernt, mit meiner Krankheit zu l. (meine Lebensweise meiner Krankheit anzupassen; Hörzu 25, 1979, 15); Mit seriöser Kritik kann ich sehr wohl l. (ich akzeptiere sie; Spiegel 41, 1987, 216); damit kann ich l. (das ist für mich [noch] akzeptabel); damit musst du l. (musst du dich abfinden); viele Tiere leben in Herden; Rentiere leben stets in Rudeln (Brückenbauer 11. 9. 85, 17); mit seinen Freunden, einer Frau l.; nach seinem Glauben, seinen Grundsätzen l.; Auch wenn Menschen im Beruf oder im Privatleben nach einer Rolle leben (Schreiber, Krise 91); sie lebt von ihrem Mann getrennt; er hat über seine Verhältnisse gelebt (einen Lebensstil geführt, der seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt); sie lebten unter falschem Namen. 3. wohnen, seinen Wohnsitz haben: er lebt in Hamburg; sie hatten lange im Ausland gelebt; auf dem Lande, in der Großstadt l.; auf dem Land, im Wasser lebende Tiere; Affen leben auf Bäumen; Ü er lebt in einer anderen Welt (ist ein Träumer). 4. a) sich von etw. ernähren: gesund, fleischlos, Diät l.; Sie lebt streng nach Diät (Praunheim, Sex 286); von Kartoffeln l.; die Gefangenen mussten von Wasser und Brot l.; Spr der Mensch lebt nicht vom Brot allein (hat nicht nur materielle Bedürfnisse; Matth. 4, 4); b) seinen Lebensunterhalt von etw. bestreiten: von seiner Hände Arbeit l.; von diesem Gehalt kann man nicht l.; Sidonie lebte von einer Rente, die ihr ein Papierwarengroßhändler zahlen musste (Sommer, Und keiner 14); von der Wohlfahrt, von jmds. Gnade und Barmherzigkeit l.; er lebt von seinen Eltern (seine Eltern kommen für seinen Lebensunterhalt auf); R das ist zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. 5. a) verbringen, zubringen: ein glückliches, erfülltes Leben l.; er lebt sein eigenes Leben (kümmert sich nicht um das Urteil anderer); Er lebt das Leben eines höheren Offiziers (Riess, Cäsar 137); b) durchleben, vorleben, im Leben praktizieren: Demokratie, eine Weltanschauung, seinen Glauben l.; Andere lesen Romane, wir leben sie (Spiegel 22, 1979, 23); Das alles, Lust und Weh, müsse erst noch gelebt werden (Grass, Butt 308); Treue, Zuverlässigkeit und Freundschaft waren für ihn keine leeren Worte, er hat sie gelebt (Vaterland 27. 3. 85, 18); Wir glauben, dass die hier gelebte Zusammenarbeit ... und der hier entstehende Teamgeist zwar bescheidene, aber doch konkrete Schritte zur Demokratisierung des dortigen Schulsystems sind (NZZ 2. 2. 83, 45). 6. sich in einem bestimmten Verhältnis befinden: mit jmdm. im/in Frieden, im/in Streit, in einem nachbarlichen Verhältnis l. 7. sich einer Sache widmen, hingeben: ganz seiner Familie/für seine Familie l.; er lebt nur seiner Musik, für eine Idee; Der Marquis hatte ... sich auf seine Güter zurückgezogen und dort den Wissenschaften gelebt (Süskind, Parfum 178).