Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
haben
ha|ben [mhd. haben, ahd. habēn, urspr. = fassen, packen, verw. mit ↑"heben"]: I. 1. a) (als Eigentum o. Ä.) besitzen, sein Eigen nennen: ein Haus, ein Auto, viele Bücher h.; einen großen Besitz, viel Geld, Eigentum, Vermögen h.; Nach acht Tagen hatte er kein Geld mehr und fuhr nach Hause (Böll, Adam 62); Immer wieder deutet er an, er habe einiges an Pfandbriefen (Chotjewitz, Friede 76); ich möchte, will das h.; Leute, die hatten, was er nicht hoffen konnte zu h. (Johnson, Ansichten 87); sie hat nichts (ugs.; hat keinerlei Besitz, ist arm); Vielleicht ist es menschlich, dass man das, was man hat, für selbstverständlich ... hält (Dönhoff, Ära 199); wir habens ja! (scherzh. od. iron.; wir haben genug Geld, um uns das leisten zu können); Großvater ... legt ein Sparbuch an, deponiert den ersten Hunderter, dreieinhalb Prozent h. und nicht h. sind sieben Mark (Bieler, Bonifaz 206); R man hats oder man hats nicht (ugs.; Begabung o. Ä. muss man mitbringen, kann man nicht erwerben od. erlernen); (scherzh. od. iron.:) wer hat, der hat; was man hat, das hat man (es ist besser, sicherer, etw. Bestimmtes [wenn auch nicht völlig Befriedigendes] zu haben als gar nichts); (in Bezug auf Personen:) Kinder, viele Freunde h.; er hat eine nette Frau; sie hat Familie; jmdn. zum Freund, zur Frau h.; b) über etw. verfügen: Zeit, Muße h.; er hat gute Beziehungen; ausgebreitete Kenntnisse h.; ihr habt Erfahrung auf diesem Gebiet; c) (als Eigenschaft o. Ä.) besitzen, aufweisen; jmdm., einer Sache als Eigenschaft o. Ä. zukommen: blaue Augen, lange Beine, schlechte Zähne h.; ein gutes Gedächtnis h.; Sie haben Manieren, wie ich sie manchem meiner Standesgenossen gönnen würde (Th. Mann, Krull 283); sie hat Geduld, Mut, Ausdauer; Lene hat auch ihre Vorzüge (Kempowski, Zeit 192); die Sachen haben wenig Wert; das hat keine Bedeutung; d) [vorübergehend] von etw. ergriffen, befallen sein; etw. [heftig] empfinden, verspüren: Hunger, Durst h.; er hatte Angst, Sorgen, Zweifel; den Wunsch h., jmdm. zu helfen; die Hoffnung h., etwas zu erreichen; was hast du denn? (was bedrückt dich?); „Ich weiß gar nicht, was Sie haben“, sagte ich. „Das ist doch auch 'ne ganz schöne Gegend“ (Bieler, Bonifaz 170); Husten, Fieber h.; ich habe kalt (landsch.; mir ist kalt); *dich hats wohl! (ugs.; du bist wohl nicht ganz bei Verstand!). 2. verblasst a) in Verbindung mit Abstrakta, drückt das Vorhandensein von etw. bei jmdm. aus: das Recht, die Pflicht, die Idee, den Einfall, den Gedanken h., etw. zu tun; er hat Schuld an dem Unfall; b) in Verbindung mit einem Adj. + „es“, charakterisiert die Umstände, den Zustand o. Ä., worin sich jmd. befindet: es gut, schwer, schön h.; Besser als hier drin konnte ich es nie wieder h. (Bieler, Bonifaz 77); Wir hatten es famos bei unserem Puffmütterchen (K. Mann, Wendepunkt 137); sie hat es eilig (ugs.; ist in Eile); ihr habt es warm hier (es ist warm in eurer Wohnung o. Ä.); c) in Verbindung mit „zu“ u. einem Inf., drückt aus, dass das im Verb Genannte in einem bestimmten Maß für jmdn. vorhanden, da ist: nichts zu essen h.; viel zu tun h.; sie haben kaum noch etwas zu hoffen, zu erwarten; d) in Verbindung mit einem Inf. u. einer Raumangabe; drückt aus, dass jmdm. etw. an einem bestimmten Ort u. in bestimmter Weise zur Verfügung steht: seine Kleider im Schrank hängen h.; (landsch., bes. berlin. mit Inf. mit „zu“:) 5 000 Mark auf der Bank zu liegen h. 3. in Verbindung mit „zu“ u. einem Inf. a) etw. Bestimmtes tun müssen: viel zu erledigen h.; noch eine Stunde zu fahren h.; du hast zu gehorchen; jetzt hat er ihm wöchentlich Rapport zu geben (Grass, Hundejahre 473); b) (verneint) etw. Bestimmtes tun dürfen, sollen; zu etw. Bestimmtem berechtigt sein: er hat hier nichts zu befehlen. 4. drückt aus, dass etw., ein bestimmter Sachverhalt o. Ä. [für jmdn.] besteht, existiert; sein: heute habe ich keine Schule (heute ist keine Schule); ich hatte im Urlaub schönes Wetter; wir haben Sonntag, den 1. Juni; in Südamerika haben sie jetzt Sommer; draußen haben wir 30º im Schatten. 5. aus einer bestimmten Menge, Anzahl bestehen, sich zusammensetzen o. Ä.: ein Kilo hat 1 000 Gramm; das Mietshaus hat 20 Wohnungen. 6. bekommen, erhalten, jmdm. zuteil werden o. Ä.: kann ich mal das Handtuch h.?; als Dankesformel: hab Dank! (geh.; ich danke dir); R wie hätten Sie es/Sies [denn] gern? (wie möchten Sie bedient, behandelt o. Ä. werden?); da/jetzt hast dus!; da/jetzt haben wirs, habt ihrs! (ugs.; nun ist das, was ich befürchtet habe, eingetreten); *zu h. sein (zu kaufen, erhältlich sein): das Buch ist im Laden nicht mehr zu h. (ist vergriffen); ein echter Dürer ist für zwei Flaschen Whisky zu h. (K. Mann, Wendepunkt 112). [noch/wieder] zu h. sein (ugs.; noch nicht od. nicht mehr verheiratet sein u. darum als möglicher Partner, als mögliche Partnerin infrage kommen; aus der Kaufmannsspr., eigtl. = zu kaufen sein, erhältlich sein); für etw. zu h. sein (1. sich für etw. gewinnen lassen [häufig verneint]: für solche heiklen Unternehmungen ist er nicht zu h. 2. etw. sehr gerne mögen, sich zu etw. nicht lange bitten lassen: für ein gutes Glas Wein ist er immer zu h.; Für Byrrh-Cassis war Schoenberg nicht zu h. Rotwein war ihm lieber [Kuby, Sieg 337]). 7. (ugs.) (als Unterrichtsfach in der Schule) lernen: wir haben im Gymnasium Latein und Griechisch. 8. (ugs.; in Bezug auf etw., was in Mode, was allgemein verbreitet ist o. Ä.) verwenden, gebrauchen, tragen o. Ä.: man hat wieder längere Röcke; das, diesen Brauch hat man heute nicht mehr. 9. (ugs.) gefangen, gefasst, gefunden u. Ä. haben: die Polizei hat den Ausbrecher; Habe ich dich endlich, du Schweinehund? (Remarque, Obelisk 314); ich habs!, jetzt hab ichs (ugs.; habe es geraten, gefunden o. Ä.). 10. (salopp) mit einer Frau, mit einem Mann schlafen: er hat sie gehabt; gestern Nacht hat sie ihn endlich gehabt; *[nicht] leicht zu h. sein ([keinerlei] Bereitschaft zu sexuellem Kontakt, zum Beischlaf zeigen). 11. (landsch., bes. südd., österr.) existieren, vorhanden sein, vorkommen, geben: hier hat es, hats viele alte Häuser; heute hats draußen 30º im Schatten; Es hat Parkplätze bei Bahnhöfen; aber es ist bequemer, mit dem Auto in die Stadt zu fahren (NZZ 29. 4. 83, 28); gammelige Industriebuden habe es die Menge (Kant, Aufenthalt 155). 12. a) (ugs. abwertend) sich übermäßig aufregen über etw., viel Aufhebens machen um etw.: hab dich nicht so! (stell dich nicht so an!); die Frau Brest hatte sich vielleicht! Da durfte kein Steinchen in dem Sand sein (Kant, Impressum 24); Klaus sei ein spinnerter Hammel, er solle sich nicht so h. (M. Walser, Pferd 64); b) (ugs.) sich streiten: die haben sich vielleicht wieder gehabt! 13. (salopp) erledigt, abgetan sein: gib mir 50 Mark dafür, und damit hat sichs/und die Sache hat sich; Bringt man'n paar Blumen mit, nicht, und denn hat sich das wieder, nicht. Ist wieder alles vergessen (Aberle, Stehkneipen 13); R hat sich was (1. ugs.; das kommt gar nicht infrage: hat sich was mit Spielengehen. Zuerst werden die Schularbeiten gemacht!; 2. das trifft nicht zu: Ich dachte, ich könnte mich auf ihn verlassen, aber hat sich was!). 14. verblasst, in Verbindung mit verschiedenen Präp.: er wird schon merken, was er an ihr gehabt hat (wie nützlich u. hilfreich sie für ihn gewesen ist); er hat einen sehr spöttischen Ton an sich (ist sehr spöttisch); das hat er so an sich (ugs.; das ist eine Angewohnheit von ihm); Was habe ich an mir, was mache ich falsch, dass man mir so leicht ... die kalte Schulter zeigt? (was habe ich für eine Eigenschaft, dass ...?; Strauß, Niemand 87); das hat nichts auf sich (die Sache hat keine Bedeutung); was hat es damit auf sich? (was bedeutet das, was steckt dahinter?); sie hatten ihren Sohn bei sich (ihr Sohn war in ihrer Begleitung); sie haben ihre Mutter bei sich (ihre Mutter lebt bei ihnen); Haben Sie einen Bleistift bei sich? (Bieler, Bonifaz 44); ich habe kein Geld bei mir (habe kein Geld mitgenommen); die Sache, der Plan hat einiges für sich (ist von Vorteil); etw. gegen jmdn., etw. h. (gegen jmdn., etw. eingestellt, eingenommen sein); er hatte alle gegen sich (alle waren gegen ihn eingenommen); Unwillkürlich hat heute jeder von uns etwas gegen den Fortschritt (Musil, Mann 1234); sie hatte nichts dagegen, wenn er Freunde mitbrachte (hatte nichts dagegen einzuwenden); er hat die Prüfung hinter sich (hat sie überstanden); in dieser Sache hat sie die ganze Partei hinter sich (die ganze Partei unterstützt sie darin); etw. hat es in sich (ugs.; etw. hat eine Eigenschaft, die man ihm von außen nicht ansieht); er hat etwas mit der Frau (ugs.; hat ein Verhältnis mit ihr); er wusste auch, dass sie bis jetzt noch nichts Schärferes, wie er das nannte, mit einem Mann gehabt hatte (Kant, Impressum 189); Der Beruf ist ungesund. Die Bäcker haben es oft mit der Lunge (sind oft lungenkrank; Nossack, Begegnung 397); er hats mit dem Fotografieren (ugs.; fotografiert mit Begeisterung); sie haben noch nie etwas miteinander gehabt (ugs.; haben noch nie miteinander Streit gehabt); der Besuch war nur zwei Tage bei uns, sodass wir nur wenig von ihm, voneinander hatten (wenig Zeit zu längerem Beieinandersein, Austausch o. Ä. hatten); er hat viel von seiner Mutter (ist seiner Mutter im Wesen od. in bestimmten Zügen sehr ähnlich); von dem Vortrag hatte ich nur wenig (hatte wenig Nutzen davon); er hat eine schwere Prüfung vor sich (sie steht ihm bevor); Sie wissen wohl nicht, wen Sie vor sich h.? (wer die vor Ihnen stehende, Respekt, Achtung o. Ä. erwartende Person ist?); „Schrei nicht so rum!“, brüllte der Mann. „Was glaubst du, wen du vor dir hast?“ (mit wem du es zu tun hast?; Fels, Sünden 14). II. dient als Hilfsverb in der Verbindung mit dem 2. Part. der Perfektumschreibung: ich habe gegessen; hat er sich das selbst ausgedacht?; Hat Mies van der Rohe den ... „Barcelona“-Sessel nicht selbst entworfen? Fachleute vermuten: Eine seiner Favoritinnen hat (Spiegel 14, 1977, 234).
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