Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
Himmel
Hịm|mel, der; -s, - [mhd. himel, ahd. himil, viell. urspr. = Decke, Hülle (dann verw. mit ↑"Hemd") od. urspr. = Stein (nach der alten Vorstellung des Himmels als Steingewölbe, dann verw. mit ↑"Hammer"]: 1. scheinbar über dem Horizont liegendes, halbkugelähnliches Gewölbe (an dem die Gestirne erscheinen): ein blauer, wolkenloser, bewölkter H.; Der westliche H. stand in Flammen (Plievier, Stalingrad 74); der H. ist bedeckt, trübe, (geh.:) verhangen; der H. klärt sich auf, bezieht sich; eher stürzt der H. ein, als dass ... (ugs.; es ist vollkommen ausgeschlossen, dass ...); deine Mutter hat getan, als sei der H. eingestürzt (ugs.; sie hat sich sehr aufgeregt; Fels, Sünden 35); so weit der H. reicht (so weit man sehen kann, überall); die Sonne steht hoch am H., scheint vom H. herab; Was hat die Sowjets veranlasst, ... die Zivilmaschine vom H. zu holen (salopp; abzuschießen; Spiegel 37, 1983, 130); den Blick gen H. (geh.; zum Himmel) richten; in den H. ragen; unter [Gottes] freiem H. (im Freien) übernachten; Rauch steigt zum H.; zwischen H. und Erde (frei in der Luft) schweben; Ü der H. grollt (dichter.; es donnert); der H. lacht (dichter.; die Sonne scheint); der H. hat seine Schleusen geöffnet, (auch:) die Schleusen des -s haben sich geöffnet (dichter.; es regnet in Strömen); unter griechischem H., unter dem H. Griechenlands (dichter.; in Griechenland), unter südlichem H. (im Süden) leben; *H. und Erde (Gericht aus Kartoffel- u. Apfelpüree mit gebratener Blut- u. Leberwurst; nach den Kartoffeln in der „Erde“ u. den Äpfeln im „Himmel“): Samstags gab es ... H. und Erde mit gebratener Blutwurst (Alexander, Jungfrau 146); H. und Menschen (landsch.; sehr viele Menschen): H. und Menschen waren unterwegs; den H. für eine Bassgeige/einen Dudelsack ansehen (landsch.; völlig betrunken sein); aus heiterem H. (ugs. [in Bezug auf unerfreuliche, plötzliche, nicht vorauszusehende Veränderungen] ganz wider Erwarten); jmdn., etw. in den H. heben (ugs.; jmdn., etw. übermäßig loben): Ich habe Mrs. Schreier ... besucht ... Sie hat Sie in den H. gehoben und dies und das gesagt (Singer [Übers.], Feinde 190); nicht [einfach] vom H. fallen (seine Vorbedingungen haben; etwas tun müssen für das Zustandekommen von etw.): Fortschritte fallen nicht einfach vom H. 2. a) der Hölle od. der Erde als dem Diesseits gegenübergestellter Aufenthalt Gottes (der Engel u. der Seligen): sie gelobte sich dem H. an (geh.; wurde Nonne); in den H. kommen (bes. christl. Rel.; nach dem Tode nicht verdammt werden, sondern die Seligkeit erlangen); Der hat ein gutes Herz und kommt bestimmt in den Himmel (Hörzu 39, 1978, 22); im H. sein (verhüll. bes. im Gespräch mit Kindern; tot sein); Herrgott im H., was soll ich denn tun? (Frisch, Cruz 59); *H. und Hölle (1. Kinderspiel, bei dem jeder Teilnehmer auf einem Bein durch eine am Boden aufgezeichnete Figur aus Vierecken [u. darüber gezeichnetem Halbkreis] hüpfen muss [von der zwei Felder oft als „Himmel“ u. als „Hölle“ bezeichnet werden]: die Stimmen der Kinder, die H. und Hölle spielten auf dem Bürgersteig [v. d. Grün, Glatteis 235]. 2. Faltspiel für Kinder mit einem Stück Papier, das so gefaltet wird, dass die gefaltete Figur nach zwei Seiten geöffnet werden kann u. dem Ratenden je nach seiner Entscheidung Himmel od. Hölle weist); jmdm./für jmdn. hängt der H. voller Geigen (geh.; jmd. ist schwärmerisch glücklich u. blickt froh in die Zukunft; wahrsch. nach Gemälden der späten Gotik od. der Frührenaissance, auf denen der Himmel mit musizierenden Engeln belebt dargestellt war); H. und Hölle/Erde in Bewegung setzen (alles versuchen [andere zu aktivieren], um etw. zu ermöglichen): Inzwischen hatte meine Frau H. und Hölle in Bewegung gesetzt, um mich ausfindig zu machen (Hörzu 16, 1978, 78); den H. offen sehen (geh.; sich am Ziel aller Wünsche glauben u. sehr glücklich sein; nach Joh. 1, 51); den H. auf Erden haben (geh.; es sehr gut haben); jmdm. den H. [auf Erden] versprechen (emotional; jmdm. das angenehmste Leben versprechen); aus allen -n fallen, stürzen, gerissen werden (tief enttäuscht, ernüchtert, desillusioniert werden; nach Jes. 14, 12); im sieb[en]ten H. sein, schweben; sich [wie] im sieb[en]ten H. fühlen (ugs.; voll Überschwang, über die Maßen glücklich sein; nach der aus jüd. Tradition stammenden Vorstellung, dass der siebte u. oberste Himmel der Sitz Gottes sei): Klotz, der schwäbische Mittelstürmer ..., schwebte im siebten H. (Kicker 6, 1982, 39); zum H. schreien ([durch sein Ausmaß] ein empörendes Unrecht sein; nach 1. Mos. 4, 10): Oberschlesien ..., wo die größten Industrie- und Ackerbarone leben und wo das Elend der Landarbeiter zum H. schreit (Tucholsky, Werke II, 367); zum H. stinken (salopp; [durch sein Übermaß] Abscheu erregend, skandalös sein): Das Fehlverhalten der Unteroffiziere ... stinkt zum H. (Spiegel 20/21, 1976, 10); b) (verhüll.) Gott, Schicksal, Vorsehung: der H. bewahre, behüte uns davor!; dem H. sei Dank [dafür]!; „Geht es besser, junger Herr?“ „O ja, viel besser!“ „Dem H. sei Dank!“ (Sacher-Masoch, Parade 188); etw. als ein Zeichen, eine Fügung des -s betrachten; *gerechter/gütiger/[ach] du lieber H.! (ugs.; Ausruf der Verwunderung, Bestürzung, des Bedauerns o. Ä.): Du lieber H. - über dieses entsetzliche Nationaldenken sind wir doch hinaus! (Hörzu 44, 1974, 12); weiß der H.! (ugs.; Ausruf der Bestätigung, Bekräftigung); [das] weiß der [liebe] H., mag der [liebe] H. wissen (ugs.; da bin ich ratlos, wer soll das wissen; es ist unbekannt, unklar [wer, wie usw.] ): Wie ich wieder rauskam aus dem Schrebergartenhaus, weiß der H. (Degener, Heimsuchung 108); Woher Essen, Heizung für die nächste Woche zu nehmen ist, das weiß der liebe H. (Fallada, Mann 222); um [des] -s willen! (1. Ausruf des Erschreckens, der Abwehr. 2. Ausdruck einer inständigen Bitte: Paul hat ... ihn beschworen, um -s willen genügend Kisten mitzubringen [Plenzdorf, Legende 233]); (Flüche:) H. noch ein!; H. noch [ein]mal!; H., Herrgott, Sakrament!; (derb:) H., Arsch und Zwirn/Wolkenbruch!; (scherzh.:) H., Gesäß und Nähgarn!; (salopp:) H., Sack [Zement]!; (salopp veraltend:) H., Bomben, Element!; (salopp:) H., Kreuz, Donnerwetter! [zur Verstärkung der nachfolgenden Begriffe]. 3. [fest angebrachte] zum Teil hinten u. an den Seiten heruntergezogene Überdachung aus Stoff, Leder o. Ä.; Baldachin: ein Thron mit einem kostbaren H.; ein Bett mit vier hohen Säulen, einem kleinen H. aus Chintz (Baum, Paris 46); die Kutsche hatte einen mit Samt beschlagenen H. 4. (Kfz-T.) innere Bespannung des Verdecks im Auto: ein einfaches Roadsterverdeck ohne H. (auto 7, 1965, 40).
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