Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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Herz
Hẹrz, das; -ens (med. auch stark gebeugt: des Herzes, dem Herz), -en [mhd. herz(e), ahd. herza, altes idg. Wort]: 1. a) Organ, das den Blutkreislauf durch regelmäßige Zusammenziehung u. Dehnung antreibt u. in Gang hält: ein gesundes, kräftiges, gutes, schwaches H.; Beinahe acht Monate lang hat ein Kalb mit einem künstlichen, elektrisch angetriebenen -en (Kunstherzen) überlebt (Spiegel 2, 1984, 161); das H. schlägt [regelmäßig], klopft, pocht, hämmert, flattert; sein H. hat versagt, arbeitet nicht mehr; ihr H. ist angegriffen, nicht ganz in Ordnung; Der Wärter fühlte, wie sein H. in schweren, unregelmäßigen Schlägen ging (Hauptmann, Thiel 17); Als nach vier Minuten Massage auf Leben und Tod das H. ansprang (Hackethal, Schneide 39); das H. wollte ihm vor Freude zerspringen (geh.; er war freudig erregt); ihm stockte das H. vor Schreck (geh.; er erschrak heftig); vor Angst schlug ihr das H. bis zum Hals [hinauf]; sein H. krampfte sich bei dem Anblick zusammen; der Arzt hat das H. untersucht, abgehorcht; ein H. verpflanzen; eine Operation am offenen -en (am Herzen bei geöffnetem Brustkorb); sie hat es schon seit Jahren am Herz[en], mit dem Herz[en] (ugs.; ist herzkrank); jmdn. ans, an sein H. drücken (geh.; an sich, an die Brust drücken, umarmen); Ü er hat schon viele -en gebrochen (oft Erfolg bei Frauen gehabt); *jmdm. dreht sich das H. im Leib[e] herum (jmd. ist über etw. sehr bekümmert, von etw. schmerzlich berührt); jmdm. blutet das H. (jmd. ist von etw. schmerzlich berührt u. voller Mitleid): beim Anblick der hungernden Kinder blutete ihm das H.; jmdm. lacht das H. im Leib[e] (jmd. ist über etw. sehr erfreut, von etw. freudig angetan); das, jmds. H. schlägt höher (jmd. ist erwartungsvoll, voller freudiger Erregung): der Anblick ließ sein H., ließ die -en höher schlagen; jmdm. das H. brechen (geh.; jmdm. unerträglich großen Kummer bereiten [sodass es ihm die Lebenskraft raubt]): der tragische Tod des einzigen Kindes brach ihr das H.; jmdm. das H. abdrücken (geh.; jmdn. sehr bedrücken): Der tüchtigen Ex-Briefträgerin Eva Kluge hätte es das H. abgedrückt, wenn sie gehört hätte, wie sehr sie und ihr ehemaliger Liebling Karlemann in der Leute Munde waren (Fallada, Jeder 159); das H. auf dem rechten Fleck haben (eine vernünftige, richtige Einstellung haben; ein tüchtiger, hilfsbereiter, uneigennütziger Mensch sein); jmdn., etw. auf H. und Nieren prüfen (ugs.; jmdn., etw. gründlich, eingehend prüfen; nach Psalm 7, 10); jmdn. (ein Kind) unter dem -en tragen (dichter.; ein Kind erwarten; schwanger sein); b) als Speise dienendes ↑"Herz" (1 a) bestimmter Schlachttiere: ein Pfund H. kaufen; es gab [gedünstetes] H. in Burgundersoße. 2. (meist geh.) in der Vorstellung dem Herzen (1 a) zugeordnetes, in ihm lokalisiert gedachtes Zentrum der Empfindungen, des Gefühls, auch des Mutes u. der Entschlossenheit: ein gütiges, gutes, treues, fröhliches, mutiges, tapferes, warmes (gütiges), goldenes (treues), edles (großmütiges), weiches (mitleidiges), kaltes (gefühlloses), hartes (mitleidloses) H.; einsames H. (Person, die sich einsam fühlt) sucht Partnerin zum Verwöhnen; Sein H. war angefüllt gewesen mit gespannter Freude (er war freudig erregt, voll freudiger Spannung; Feuchtwanger, Erfolg 536); sein Schicksal rührte, bewegte, ergriff die -en der Menschen; er wollte nicht sagen, was ihm das H. bedrückte; obwohl das Thema sein H. bedrängt (Werfel, Bernadette 265); Halte dein H. im Zaum (bezähme dich, dein Gefühl) ... und wirf nicht dein Auge auf eines anderen Habe (Th. Mann, Tod u. a. Erzählungen 224); diese Frau hat kein H./ein H. aus Stein (ist herz-, mitleid-, gefühllos); er hat das H. eines Löwen (er ist sehr mutig, tapfer); er steht ihrem -en sehr nahe (sie empfindet sehr viel für ihn); er nahm traurigen -ens (traurig) Abschied; kannst du das reinen/(veraltend:) reines -ens (mit gutem Gewissen) behaupten?; im Grunde seines -ens (im Innersten) hatte er das schon immer verabscheut; Das war eine Verheißung, die sich den Menschen ins H. grub (ins Innerste drang; Feuchtwanger, Erfolg 542); Er wollte ja diese verstockte junge Frau wohl nur ins H. treffen (sie im Innersten anrühren, treffen; Musil, Mann 1354); die junge Sportlerin hatte sich in die -en des Publikums geturnt (hatte mit ihrer Leistung die Sympathien des Publikums gewonnen); Man gehe Kurven mit mehr H. (beherzter) an, wenn man auf der Innenseite sitze (ADAC-Motorwelt 5, 1982, 128); seine Worte kamen von -en (waren aufrichtig, ehrlich gemeint); zu -en gehende (herzbewegende) Worte; R man kann einem Menschen nicht ins H. sehen (es lässt sich nie genau ergründen, was ein anderer denkt, fühlt); Spr wes das H. voll ist, des geht der Mund über (wenn jmd. von etw. sehr angetan, berührt, begeistert ist, dann muss er es auch zum Ausdruck bringen; nach der lutherschen Übers. von Matth. 12, 34); *ein H. und eine Seele sein (unzertrennlich, sehr einig miteinander sein; nach Apg. 4, 32): Für Pacecoi gab es nur Tino ... Sie waren in allem ein H. und eine Seele (Borell, Romeo 258); jmds. H. hängt an etw. (jmd. möchte etw. sehr gerne haben, behalten): lass ihm doch das Spielzeug, wenn sein H. so sehr daran hängt!; jmds. H. gehört einer Sache (geh.; jmds. Interesse ist ganz auf etw. gerichtet; jmd. betreibt etw. mit Leidenschaft, lebt für etw.): sein H. gehört der Musik, dem Fußball; jmdm. ist, wird das H. schwer/jmdm. ist, wird [es] schwer ums H. (jmd. ist, wird sehr traurig, hat großen Kummer); jmdm. rutscht, fällt das H. in die Hose[n] (ugs., oft scherzh.; jmd. bekommt plötzlich Angst; volkst. scherzh. Bezug auf das Sinken des Muts, wobei wohl die Vorstellung mitspielt, dass Angst auf die Eingeweide schlägt u. zur unfreiwilligen Entleerung des Darms führen kann); alles, was das H. begehrt (alles, was man sich wünscht, was man nur haben möchte, wozu man Lust hat); das H. in die Hand/in beide Hände nehmen (seinen ganzen Mut zusammennehmen); nicht das H. haben, etw. zu tun (es nicht über sich bringen, nicht den Mut haben, etw. zu tun): er hatte nicht das H., ihr die Nachricht zu überbringen; (auch ohne Verneinung:) komm nur her, wenn du das H. [dazu] hast!; sich ein H. fassen (all seinen Mut zusammennehmen, sich überwinden [um etw. Unangenehmes zu tun, in Angriff zu nehmen]); sein H. an jmdn., etw. hängen (geh.; jmdm., einer Sache seine ganze Aufmerksamkeit, Liebe zuwenden); sein H. [an jmdn.] verlieren (geh.; sich in jmdn. verlieben): Ariadne sah den Todgeweihten, und des Minos Tochter verlor ihr H. an ihn (Ceram, Götter 82); jmdm. sein H. schenken (dichter.; jmdn. sehr lieben, jmdm. seine ganze Liebe zuwenden): Hier ... war ihm erlaubt ..., sein H. einem bewunderten, älteren, klügeren Freunde zu schenken (Hesse, Narziß 40); sein H. für jmdn., etw. entdecken (geh.; unvermutet Interesse für jmdn., etw. zeigen; sich [plötzlich] für jmdn., etw. begeistern; nach dem Lustspiel „Sie hat ihr Herz entdeckt“ von Wolfgang Müller von Königswinter, 1865): erst in späteren Jahren entdeckte er sein H. für die Kunst; ein H. für jmdn., etw. haben (jmdm. gegenüber mitfühlend, hilfsbereit sein): er hat ein H. für Kinder, für die Welt des Theaters; ... lebte ein größerer Dichter, der wirklich ein H. für die Armen gehabt hat (Thieß, Reich 36); jmdm. sein H. ausschütten (sich jmdm. anvertrauen; jmdm. seine Not od. seine Sorgen schildern; nach 1. Sam. 1, 15); jmdm. das H. schwer machen (jmdn. sehr traurig machen): Warum willst du dir und mir das H. schwer machen, indem du dich an alles erinnerst? (Fallada, Herr 54); das H. auf der Zunge haben/tragen (geh.; alles aussprechen, was einen bewegt; offenherzig, zu gesprächig sein); jmds. H./alle -en im Sturm erobern (geh.; jmds. Sympathie/alle Sympathien schnell gewinnen, schnell bei allen beliebt sein); jmdm. das H. zerreißen (geh.; jmdn. tief schmerzen); seinem -en einen Stoß geben (den inneren Widerstand überwinden u. sich rasch zu etw. entschließen): Diaghilew gibt seinem -en einen Stoß und besucht Nijinsky (Riess, Cäsar 336); seinem -en Luft machen (ugs.; sich vom Ärger befreien; das, was einen ärgert u. bedrückt, aussprechen); leichten -ens (leicht; ohne dass es einem schwer fällt): da konnte er leichten -ens zustimmen; schweren/blutenden -ens (nur sehr ungern; tief bekümmert): sie ließ das Kind nur schweren -ens allein weggehen; jmdm. am -en liegen (für jmdn. ganz persönlich von großer Wichtigkeit sein): die Kinder und ihre Erziehung liegen ihm besonders am -en; jmdm. jmdn., etw. ans H. legen (jmdn. bitten, sich um jmdn. od. etw. besonders zu kümmern): vor der Abreise legte sie ihm noch einmal die Blumen, die Pflege der Blumen ans H.; jmdm. ans H. gewachsen sein (jmdm. besonders lieb geworden sein): Sie hätte sich gern ein wenig um den Chef gekümmert, der ihr seit gestern Abend sehr ans H. gewachsen war (H. Weber, Einzug 351); etw. auf dem -en haben (ein persönliches Anliegen haben): na, was hast du denn auf dem -en?; Wunderlich merkte sofort, dass der Kleine etwas auf dem -en hatte (Apitz, Wölfe 87); jmdm. aus dem -en gesprochen sein (jmds. Meinung, Ansicht genau entsprechen): was du da sagst, ist mir [ganz] aus dem -en gesprochen; aus seinem -en keine Mördergrube machen (offen aussprechen, was man denkt u. fühlt; frei nach der lutherschen Übers. von Matth. 21, 13): sie sollen antworten, ohne aus ihrem -en eine Mördergrube zu machen (Hörzu 41, 1976, 20); aus tiefstem -en (geh.; sehr, aufrichtig): etw. aus tiefstem -en bedauern, verabscheuen; sich in die -en [der Menschen] stehlen (geh.; die Sympathie, Zuneigung vieler gewinnen); jmdn. ins/in sein H. schließen (jmdn. lieb gewinnen, sehr gern haben): Wenn Jockum erst einmal jemand ins H. geschlossen hat, dann ist sein Vertrauen grenzenlos (Tikkanen [Übers.], Mann 73); jmdn. ins H. treffen (ugs.; jmdn. zutiefst verletzen, sehr kränken): dieser Vorwurf traf ihn ins H.; mit H. und Hand (veraltet; sowohl mit herzlicher Zuneigung wie mit entsprechenden Handlungen; voll u. ganz; aus dem Gedicht „Mein Vaterland“ von Hoffmann von Fallersleben, 1839); mit halbem -en (geh.; ohne rechte innere Beteiligung, mit wenig Interesse): Schon seit Anfang des Jahres waren viele der Redakteure nur noch mit halbem -en bei der gewohnten Arbeit (Leonhard, Revolution 270); er gab seine Zustimmung nur mit halbem -en; es nicht übers H. bringen, etw. zu tun (zu etw. nicht fähig sein): Wir müssten ihn längst entlassen haben, bringen es aber nicht übers H. (Grzimek, Serengeti 130); sich etw. vom -en reden (geh.; über etw., was einen bedrückt, mit einem anderen sprechen): er musste sich einmal seinen Kummer vom -en reden; von -en gern (sehr gern); von [ganzem] -en (1. sehr herzlich, aufrichtig: jmdm. von [ganzem] -en danken, alles Gute wünschen. 2. aus voller Überzeugung: dazu kann ich von ganzem -en Ja sagen; nach Matth. 22, 37); sich etw. zu -en nehmen (1. etw. beherzigen: er nahm sich ihre Worte, Ermahnungen zu -en. 2. etw. schwer nehmen: nimm dir die Sache doch nicht so zu -en; nach 2. Sam. 13, 20); ∙ jmdm. aufs H. fallen (deprimierend auf jmdn. wirken): Man musste einen Tag länger wegen der Zurüstungen warten. Lenz fiel das aufs H. (Büchner, Lenz 91). 3. geliebte Person, Liebling (meist in der Anrede): „Du verwöhnst mich viel zu sehr, mein H.!“ sagte er lächelnd (Wendtland, Eisprinzeßchen 41). 4. a) zentraler innerster Teil von höheren Pflanzen: das H. des Salats hat die zartesten Blätter; b) innerster Bereich von etw.; ↑"Zentrum" (1), Mittelpunkt: im -en eines Landes, von Europa liegen, gelegen sein; Die Straße liegt im -en Brüssels (Zivildienst 5, 1986, 8); c) ↑"Zentrum" (2), Herz-, Kernstück: Thermodrucker, separate Eingabetastatur und Armbanduhr. Letztere ist sozusagen das H. des Systems (Tages Anzeiger 28. 7. 84, 29); die Cafeteria bildet das H. der Grünanlage. 5. Figur, Gegenstand in Herzform: schokoladene -en; ein H. aus Marzipan; an einer Kette trug sie ein kleines H. aus Gold; ein H. zeichnen, malen; den Teig ausrollen und -en ausstechen; *Tränendes H. (Pflanze mit hellgrünen, fiederteiligen Blättern u. meist rosa u. weiß gefärbten, herzförmigen Blüten in hängenden Trauben; Herzblume). 6. a) [dritthöchste] Farbe im Kartenspiel; Cœur: H. sticht, ist Trumpf; nach diesem Stich hätte er H. ziehen, spielen müssen; b) Spiel mit Karten, bei dem ↑"Herz" (6 a) Trumpf ist: er hat [ein] H. ohne zwei gespielt; dieses H. wirst du verlieren; c) Spielkarte mit ↑"Herz" (6 a) als Farbe: er hat sein einziges H. abgeworfen; er hat noch mindestens drei H. auf der Hand.