Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
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Haar
Haar, das; -[e]s, -e [mhd., ahd. hār, eigtl. = Raues, Struppiges, Starres]: 1. beim Menschen u. bei den meisten Säugetieren auf der Haut [dicht] wachsendes, feines, fadenförmiges Gebilde aus Hornsubstanz: graue, (geh.:) silberne, weiße -e an der Schläfe; die -e wachsen, fallen ins Gesicht, hängen in die Stirn, fallen [ihm] aus; [sich] ein graues H. auszupfen, ausreißen; [sich] die -e schneiden lassen; [sich] die -e waschen, trocknen, föhnen, färben, tönen; die -e kämmen, bürsten, toupieren; Kreti hat -e auf der Brust (hat eine behaarte Brust; Bieler, Bonifaz 150); Spr krause -e, krauser Sinn (wer krause Haare hat, ist eigenwillig); lange -e, kurzer Verstand (wer lange Haare hat, hat nicht viel Verstand, Intelligenz; meist auf Frauen bezogen); Ü einer ihrer Aussprüche ... sträubte ihm die -e (verursachte in ihm ein Gefühl des Schauderns, des Entsetzens; Musil, Mann 1294); *jmdm. stehen die -e zu Berge/sträuben sich die -e (ugs.; jmd. ist in höchstem Maße erschrocken, entsetzt); ein H. in der Suppe/in etw. finden (ugs.; an einer sonst guten Sache etw. entdecken, was einem nicht passt); kein gutes H. an jmdm., etw. lassen (ugs.; nur Schlechtes über jmdn., etw. sagen; alles, was jmd. tut, schlecht finden, kritisieren; vgl. keinen guten Faden an jmdm. lassen [↑"Faden" 1]); jmdm. die -e vom Kopf fressen (ugs. scherzh.; 1. auf jmds. Kosten sehr viel essen. 2. kaum satt zu bekommen sein); -e auf den Zähnen haben (von schroffer, herrschsüchtiger, streitbar-aggressiver, rechthaberischer Wesensart sein [u. sich auf diese Weise behaupten]; meist auf Frauen bezogen; vermutl. hergeleitet von starker Behaarung als Zeichen von Männlichkeit, die sich sogar auf den Zähnen [älter: auf der Zunge] zeige); -e lassen [müssen] (ugs.; nur mit gewissen Einbußen etw. durchführen, ein gestecktes Ziel erreichen können; bezogen auf die Haare, die einem bei einer Schlägerei ausgerissen werden): -e lassen musste vor allem die SPD (Spiegel 50, 1975, 25); sich über, wegen, (seltener:) um etw. keine grauen -e wachsen lassen (ugs.; sich wegen etw. keine unnötigen Sorgen machen, sich über etw. nicht im Voraus aufregen, grämen); sich die -e raufen (vor Ratlosigkeit, Verzweiflung nicht wissen, was man tun soll); jmdm. kein H./niemandem ein H. krümmen [können] (ugs.; niemandem etw. zuleide tun [können]); an einem H. hängen (ugs.; sehr unsicher sein; in Bezug auf das Gelingen von einer bloßen Kleinigkeit abhängen); etw. an/bei den -en herbeiziehen (ugs.; etw. anführen, was nicht od. nur sehr entfernt zur Sache gehört; Begründungen von sehr weit herholen); sich an den eigenen -en aus dem Sumpf ziehen (↑"Sumpf");auf ein H./aufs H. (ugs.; ganz genau, exakt): In Hans Castorps Fall glich der erste Oktobertag auf ein H. dem letzten Septembertag (Th. Mann, Zauberberg 316); sich in die -e fahren/geraten/kriegen (ugs.; Streit miteinander anfangen, bekommen): wegen mir, da haben sie (= Eltern) sich in die -e gekriegt (Schmidt, Strichjungengespräche 83); sich in den -en liegen (ugs.; sich heftig streiten); um ein H. (ugs.: 1. es hätte nicht viel gefehlt, und ...; beinahe, fast: um ein H. wäre es schief gegangen; In seinem Schrecken hätte Klingbeil um ein H. einen Auffahrunfall verursacht [Prodöhl, Tod 230]. 2. ganz wenig, eine winzige Kleinigkeit: er ist nur um ein H. größer als seine Schwester); nicht [um] ein H., [um] kein H. (ugs.; nicht, um nichts): er hat sich [um] kein H. geändert; Silvi wurde ... um kein H. besser als wie immer behandelt (R. Walser, Gehülfe 139); ums H. (um ein ↑"Haar" 1): ums H. hätte er (= der Reporter) seinen „Aufsager“ geschmissen (Spiegel 1/2, 1977, 21). 2. a) die Gesamtheit der Haare auf dem Kopf des Menschen; das Kopfhaar: sie hat schönes, blondes, rotes, braunes, schwarzes, helles, dunkles, lockiges, krauses, glattes, volles H.; das H. lang, kurz, offen, [in der Mitte] gescheitelt tragen; die Zöglinge haben alle kurz geschnittenes H., nur Lucien trägt sein H. schulterlang (Ziegler, Kein Recht 366); Die Ukrainerin band sich Blumen ins H. (Lentz, Muckefuck 205); b) (bei den meisten Säugetieren) Behaarung; Fell: das weiche, seidige H. des Hundes; Mit diesem (= dem Striegel) fahre ich dem Pferde am ganzen Körper ... gegen das H. (Dwinger, Erde 79). 3. (Bot.) haarähnliches Gebilde, das in großer Zahl bes. Blätter u. Stängel bestimmter Pflanzen bedeckt: die Unterseite der Blätter ist mit -en bedeckt.