Duden - Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden
Bein
Bein, das; -[e]s, -e, (landsch., südd., österr. auch: -er) [mhd., ahd. bein, H. u.]: 1. zum Stehen u. Fortbewegen dienende Gliedmaße bei Mensch u. Tier (die beim Wirbeltier u. beim Menschen vom Hüftgelenk bis zu den Zehen reicht): das rechte, linke B.; gerade, krumme, schlanke, dicke -e; ein künstliches B.; die -e spreizen, von sich strecken, anziehen, übereinander schlagen; ich habe mir das linke B. gebrochen; Beim Aufstehen jammert er dann meistens drauflos, weil ihm die -e einschlafen (gefühllos werden; Zenker, Froschfest 185); er hat im Krieg ein B. verloren; der Hund hob das B.; sich mühsam auf die -e stellen; Friedrich hüpfte ... auf einem B. und hatte Mühe, in die Arbeitshose zu finden (H. Gerlach, Demission 63); R auf einem B. kann man nicht stehen (ein Glas Alkohol genügt nicht [bei der Aufforderung od. dem Wunsch, ein zweites Glas zu trinken]); Ü Als ich schon mit einem B. im Traum war, klopfte es ans Fenster (Bieler, Bonifaz 93); Er steht bereits mit einem B. (schon fast) in der Nationalmannschaft; Im Moment bin ich nur froh, mir ein zweites B. verschafft zu haben. Das Schreiben bringt ja auch eine Kleinigkeit ein (Hörzu 46, 1982, 109); Neben der gesetzlichen Rentenversicherung und den privaten Lebensversicherungen haben Betriebsrenten als „drittes B.“ der Altersversicherung in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen (Hörzu 3, 1982, 60); *kein B. (landsch., bes. schweiz.; kein Mensch); jmdm. [lange] -e machen (ugs.; 1. jmdn. fortjagen: Sie waren wie Brüder zu mir. Sie machten jedem Kerl, der mir dumm kam, -e [Christiane, Zoo 103]. 2. jmdn. antreiben, sich schneller zu bewegen: das Vorurteil ..., dass Beamte nur arbeiten, wenn man ihnen Beine macht [Woche 14. 11. 97, 40]; jüngere -e haben (ugs.; besser als ein Älterer laufen können); ein langes B. machen (Fußball; den ballführenden Gegner durch einen Spreiz- oder Grätschschritt vom Ball zu trennen suchen); ein/das B. stehen lassen (Fußball; den ballführenden Gegner über ein Bein fallen lassen); [nur] ein linkes/rechtes B. haben (Fußball; nur mit dem linken/rechten Bein richtig schießen können, Schusskraft haben); die -e breit machen (ugs.; (von Frauen) geschlechtlich verkehren): Weil ich keine Lust mehr hatte, die -e breit zu machen, bin ich kriminell geworden (Spiegel 44, 1989, 102); sich die -e vertreten (ugs.; nach langem Sitzen ein wenig hin u. her gehen): Zwei Herren kamen heraus und vertraten sich auf dem Flur die -e (Becker, Tage 125); sich kein B. ausreißen (ugs.; sich [bei der Arbeit] nicht besonders anstrengen); jmdm. ein B. stellen (1. jmdn. durch Vorstellen eines Beines zum Stolpern bringen: Wenn dir dein Hintermann ein B. stellt, dann drehst du dich ... um und schlägst ihm deine Fußspitze unters Kinn [H. Weber, Einzug 190]. 2. jmdm. durch eine bestimmte Handlung Schaden zufügen; jmdn. hereinlegen); -e bekommen/gekriegt haben (ugs.; plötzlich abhanden gekommen od. gestohlen worden sein); die -e in die Hand/unter die Arme nehmen (ugs.; ganz schnell [weg]laufen); die -e unter jmds. Tisch strecken (ugs.; sich von jmdm. ernähren lassen; von jmdm. versorgt werden); sich die -e nach etw. ablaufen/abrennen/wund laufen (ugs.; in dauerndem [vergeblichen] Bemühen hinter einer Sache her sein, viele Gänge wegen etw. machen); sich die -e abstehen; sich die -e in den Leib/Bauch stehen (ugs.; lange stehen u. auf etw. warten müssen); alles, was -e hat (ugs.; jeder, der laufen kann); jmdm. [mit etw.] am B. hängen (ugs.; eine belastende Verpflichtung für jmdn. sein); etw. noch am B. haben (ugs.; etwas noch bezahlen müssen, als Verpflichtung haben; nach dem früheren Brauch, sich kleine Lasten am Bein festzubinden); jmdm., sich etw. ans B. hängen/binden (ugs.; jmdm., sich etwas aufbürden und ihn, sich dadurch in der Aktivität hemmen; die Wendung nimmt darauf Bezug, dass dem Vieh auf nicht eingezäunter Weide die Vorderbeine zusammengebunden werden und ein Holzklotz an die Beine gebunden wird, um es in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken. Auch Gefangene schmiedete man früher an einen Klotz, um ihnen die Bewegungsfreiheit zu nehmen); etw. ans B. binden (ugs.; etwas darangeben, einbüßen; die Wendung meint eigentlich, dass etwas, was man sich ans Bein bindet, nicht bis zum Herzen dringen kann, dass man sich also etwas nicht zu Herzen gehen lässt und es leicht verschmerzt): Sie haben viele Stunden Freizeit ans B. gebunden (NNN 26. 9. 87, 1); jmdm. ans B. pinkeln (salopp; jmdn. schmähen, kritisieren); wieder auf den -en sein (wieder [ganz] gesund sein): Carlo hat so lange bei uns gearbeitet, bis Guido wieder auf den -en war (Erné, Fahrgäste 130); viel auf den -en sein (viel unterwegs sein; [in einer Tätigkeit mit Stehen oder Umherlaufen] sehr beschäftigt sein); auf den -en sein (draußen, auf der Straße sein): die ganze Stadt war auf den -en; [wieder] auf die -e kommen (1. sich aufrichten, aufstehen. 2. [wieder] gesund werden. 3. wirtschaftlich wieder hochkommen, festen Fuß fassen); jmdn., sich [wieder] auf die -e bringen/stellen (1. jmdn., sich [wieder] aufrichten: der hätte womöglich geglaubt, ein Wasserguss könne den vermeintlichen Simulanten May am ehesten auf die -e bringen [Loest, Pistole 24]; ich stellte mich mühsam auf die -e. 2. jmdn., sich [innerlich] stärken, wieder aufrichten: wir werden auch die Franzosen wieder auf die -e bringen [Kuby, Sieg 336]); jmdn. auf die -e bringen (jmdn. herauslocken, zusammenbringen): Tausende von Menschen auf die -e bringen; etw. [wieder] auf die -e bringen (etw. [wieder] in einen guten Zustand bringen): er hat die Firma wieder auf die -e gebracht; etw. auf die -e stellen (etw. in bewundernswerter Weise zustande bringen): Was der Pädagoge mit rund 30 Schülerinnen und Schülern ... auf die -e gestellt hat, kann sich sehen lassen: eine umfassende Studie (Spiegel 33, 1976, 87); jmdm. auf die -e helfen (1. einem Gestürzten wieder aufhelfen. 2. jmdm. helfen, eine Schwäche od. Krankheit zu überwinden. 3. jmdm. finanziell helfen, damit er wieder wirtschaftlich vorankommt); immer wieder auf die -e fallen (ugs.; aus allen Schwierigkeiten immer wieder ohne Schaden hervorgehen; nach der Beobachtung, dass Katzen bei einem Sturz meist auf die Beine fallen und sich deshalb nur selten Schäden zuziehen); sich nicht [mehr]/kaum [noch] auf den -en halten können (vor Müdigkeit, Schwäche dem Umfallen nahe sein): Die Frau, die sich selbst kaum auf den -en halten kann, versucht ihn zu trösten und wieder aufzurichten (Strauss, Niemand 101); auf eigenen -en stehen (selbstständig, unabhängig sein); auf schwachen -en stehen (schwach, unsicher sein); schwach auf den -en (1. nicht gesund, von (schwerer) Krankheit geschwächt. 2. ugs.; unbewiesen, ungesichert); in die -e gehen (1. ugs.; die Beine schwer machen, belasten; die Beweglichkeit der Beine hemmen: Alkohol, der Weg geht in die -e. 2. zum rhythmischen [Sich]bewegen, zum Tanzen anregen: wenn Swing oder Charleston den Gästen in die -e gehen [Zivildienst 10, 1986, 33]); mit beiden -en im Leben/[fest] auf der Erde stehen (Realist, Praktiker sein; sich in jeder Lage zurechtfinden); mit dem linken B. zuerst aufgestanden sein (ugs.; schlechter Laune sein, an allem etw. auszusetzen haben; das Aufstehen mit dem verkehrten Bein galt als schlechtes Vorzeichen); mit einem B. im Gefängnis stehen (1. etw., was hart an der Grenze des Erlaubten ist, getan haben. 2. einen risikoreichen Beruf haben, bei dem eine Unachtsamkeit o. Ä. schwer wiegende Folgen hat, die einem eine Gefängnisstrafe einbringen kann); mit einem B. im Grab[e] stehen (schwer krank od. in großer Gefahr sein); von einem B. aufs andere treten (ugs.; ungeduldig warten müssen). 2. a) der Teil eines Möbelstücks, eines Gerätes o. Ä., mit dem es auf dem Boden steht: ein Hocker mit vier abstehenden -en; Er schaukelte auf dem Küchenstuhl, bis sich die hinteren -e lockerten (Fels, Sünden 94); die -e des Stativs in sich zusammenschieben; b) (Jargon) untere, die Bewegung vermittelnde Teile des Autos (Achsschenkel, Räder, Reifen): der Porsche 911 ... bekam für die Vorderradaufhängung ... die -e von McPherson (auto 6, 1965, 31); Die -e Ihres Autos ... sind auch ein bisschen Aufmerksamkeit wert ... Vor allem aber: immer nur gute -e kaufen: Reifen von ... (Spiegel 16, 1966, 137). 3. Hosenbein: eine Hose mit engen, weiten -en. 4. (nord- u. md.) Fuß: er hat mich aufs B. getreten. 5. (südd., österr., schweiz., Med. in Zus., sonst veraltet) Knochen: der Hund nagt an einem B.; Hüttenrauch, Haut und B., wie er war, wäre vom Schragen geweht (Muschg, Gegenzauber 51); Der Schnee ... wurde eine harte Kruste; die Äste zog es zu Boden, alles war hart wie B. (Steimann, Aperwind 91); *jmdm. in die -e fahren (jmdm. durch alle Glieder, durch den ganzen Körper gehen): Die Aufregung ... war ihr in die -e gefahren (Ossowski, Liebe ist 66).
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