Duden - Redewendungen
Zunge
böse Zungen: gehässige Reden führende Menschen: Böse Zungen verbreiteten, sie habe ihr Geld im Bordell verdient. Böse Zungen, oder vielmehr deren Besitzer, behaupten ..., daß ich an einem Buch über Kafka schreibe (Hildesheimer, Legenden 18).————————
das Zünglein an der Waage sein: den Ausschlag geben: Die Aussage der Schwägerin könnte im Prozeß das Zünglein an der Waage sein. Es ist gewiß nicht erfreulich, aber es ist so: Inkompetente, der Spielregeln Unkundige, sind das Zünglein an der Waage unseres Schicksals (Dönhoff, Ära 175).
-Mit »Zünglein« bezeichnete man eine Art kleinen Zeiger in der Mitte des Waagebalkens, der anzeigt, nach welcher Seite sich die Waage neigt.
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eine lose Zunge: die Neigung, freche Bemerkungen zu machen: Die Nachbarin hatte eine lose Zunge, war aber sonst sehr hilfsbereit und freundlich. Ich kannte die Lage in Berlin nicht ..., und ich hätte ... meine lose Zunge hüten sollen (Kantorowicz, Tagebuch I, 255).
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eine scharfe/spitze Zunge: die Neigung, Fähigkeit, bissige, boshafte Bemerkung zu machen: Er kann charmant und liebenswürdig sein, hat aber oft auch eine ziemlich scharfe Zunge. Größte Künstler übertreffen ihre eigentliche Kunst noch mit der ihrer spitzen Zunge (Zwerenz, Kopf 112).
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eine schwere Zunge: [durch Alkoholgenuß, Müdigkeit o. ä. bedingte] Mühe beim Sprechen: Die letzten Worte hatte er zwar laut, doch bereits mit schwerer Zunge ausgestoßen (Thieß, Legende 185).
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etwas auf der Zunge haben: nahe daran sein, etwas auszusprechen: Sie hatte eine bissige Bemerkung auf der Zunge, sagte aber schließlich nur: »Hm!«. Wie die Hauptstadt von Texas heißt? Einen Moment, ich habe es auf der Zunge ...
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etwas auf der Zunge zergehen lassen: etwas mit großem Genuß, schwärmerisch sagen: »Die Frau hat Beine, sage ich dir, einfach toll!« schwärmte er und ließ das Wort »Beine« genüßlich auf der Zunge zergehen. »... ein Meister des idioma gentile«, sagte Settembrini mit äußerstem Genuß, indem er die heimatlichen Silben langsam auf der Zunge zergehen ließ (Th. Mann, Zauberberg 136).
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etwas brennt jmdm. auf der Zunge: es drängt jmdn., etwas zu sagen: Die Neuigkeit brannte ihm auf der Zunge, er mußte sie jemandem erzählen.
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jmdm. auf der Zunge liegen: von jmdm. fast ausgesprochen werden: Es lag ihm auf der Zunge, wie das Mädchen hieß, aber er kam in diesem Moment einfach nicht darauf. Die Frage nach dem Haus lag ihm auf der Zunge, aber er wartete noch (Jaeger, Freudenhaus 25).
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jmdm. die Zunge lösen/lockern: jmdn. gesprächig machen: Zwei, drei Hundertmarkscheine würden ihr schon die Zunge lockern. Sie sagte mir nicht, wie sie den Matrosen zum Sprechen brachte, aber es ist anzunehmen, daß der Alkohol auch in diesem Fall die Zunge gelöst hat (Menzel, Herren 96).
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jmdm. hängt die Zunge zum Hals[e] heraus (ugs.): jmd. hat großen Durst: Nach zwei Stunden Training hing uns allen die Zunge zum Halse heraus.
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jmdm. klebt die Zunge am Gaumen: jmd. hat großen Durst: Ist das heiß heute! Mir klebt die Zunge am Gaumen. Nach drei Stunden Fahrt in dem stickigen Bus klebte uns allen die Zunge am Gaumen.
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jmdm. leicht/glatt/schwer von der Zunge gehen: von jmdm. leicht/glatt/schwer ausgesprochen werden können: Die Entschuldigung vor versammelter Mannschaft ist ihr gewiß nicht leicht von der Zunge gegangen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie glatt ihm seine Lobhudeleien von der Zunge gehen. Es geht den Beamten schwer von der Zunge: Er soll sich von seiner Familie verabschieden, er wird vorläufig nicht wiederkommen. Haftbefehl (Spoerl, Maulkorb 124).
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jmdm./nach jmdm. die Zunge herausstrecken: jmdn. durch Zeigen der Zunge [schadenfroh] verhöhnen: Pfui, du Lümmel, du kannst doch nicht einfach deiner Tante die Zunge herausstrecken!
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mit tausend Zungen reden/predigen: mit großer Beredsamkeit reden/predigen: Ach, könnte ich mit tausend Zungen reden, um dir zu sagen, wie sehr ich mich nach dir sehne! Sie drohte, flehte, schmeichelte, predigte mit tausend Zungen, aber er ließ sich nicht erweichen.
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seine Zunge hüten: sich vor einer unbedachten Äußerung hüten: Hüten Sie Ihre Zunge, mein Freund, diese unfreundliche Anspielung auf meine Vorfahren will ich nicht gehört haben!
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seine Zunge im Zaum halten: schweigen, nichts Unbedachtes sagen: Sie hätte wenigstens bei der Beerdigung mal ihre Zunge im Zaum halten können.
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sich an/bei etwas die Zunge abbrechen/zerbrechen: etwas nur mit Mühe und sehr holprig aussprechen können: Sie hat so einen komplizierten ausländischen Namen, an dem man sich die Zunge zerbricht. Lieber Himmel, Anton, Sie werden sich bei Ihrem Satzstil noch einmal die Zunge abbrechen (Bernstorff, Leute 6).
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sich auf die Zunge beißen: im letzten Moment eine Äußerung unterdrücken: Einiges hätte ich dem Großmaul gern erwidert, aber ich biß mir auf die Zunge und schwieg. Gustl biß sich auf die Zunge. Sonst wäre ihm herausgefahren: »Sie wären damit bestimmt auch nicht zufrieden.« (Kühn, Zeit 207).
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sich die Zunge aus dem Hals rennen (ugs.): bis zur Erschöpfung rennen: So etwas Blödes - ich renne mir die Zunge aus dem Hals, und die Bahn hat eine dreiviertel Stunde Verspätung!
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sich eher die Zunge abbeißen: um keinen Preis [etwas sagen, verraten]: Eher beißt sich der Alte die Zunge ab, als daß er einen Fehler zugibt. ... ehe Procop in seiner Geheimgeschichte etwas Gutes über Justinian sagt, beißt er sich lieber die Zunge ab (Thieß, Reich 484).
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das Herz auf der Zunge haben/tragen.
mit gespaltener Zunge reden.
jmdm. das Wort von der Zunge nehmen.
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