Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
Buch
Buch Sn std. (8. Jh. ), mhd. buoch, ahd. buoh f./n./ m. , as. bōk Stammwort. Aus g. * bōk-(ō) f. , auch in gt. boka f. "Buchstabe", gt. bokos "Schriftstück, Buch", anord. bók f. (ursprünglich Wurzelnomen) "gesticktes Kissen, Buch", ae. bōc f. (auch n. ) (ursprünglich Wurzelnomen) "Buch", afr. bōk "Buch", as. bōk f. Sg. "Schrifttafel", sonst f./n. Pl. "Buch, Bücher"; auch althochdeutsch kann der Plural (normalerweise neutrum, aber auch maskulinum und femininum) für ein einzelnes Buch gebraucht werden (in einen buachon usw. ). Auszugehen ist ersichtlich von einem femininen Wurzelnomen mit der Bedeutung "Buchstabe" (so gotisch und in Spuren althochdeutsch). Dessen Verwendung im Plural mit der Bedeutung "Schriftstück, Buch" (eindeutig im Gotischen, aber auch im Altsächsischen und Althochdeutschen) entspricht dem Gebrauch von gr. grámma n. und l. littera f. und ist deshalb wohl von den alten Sprachen entlehnt. Daraus wird offenbar im Westgermanischen ein Singular gebildet, der auch vom Altnordischen übernommen wird. Möglicherweise hat dazu beigetragen, daß in echt germanischer Ausdrucksweise der Singular * bōk- auch "etwas, auf dem Zeichen (Buchstaben) stehen" bedeuten konnte. Darauf könnte die altnordische Bedeutung "gesticktes Kissen" weisen (ob sie nun echt nordisch oder aus dem Westgermanischen entlehnt ist, vgl. as. bōkon "sticken"). Für diesen Singular setzt sich im Deutschen das sporadisch auch außerhalb bezeugte Neutrum durch. Die Bedeutung "Buchstabe" (die im übrigen auch in die slavischen Sprachen entlehnt wird, vgl. russ. búkva f. usw. ) wird im Westgermanischen und im Anschluß daran im Altnordischen (zur Bezeichnung lateinischer Buchstaben gegenüber den Runen) verdeutlicht durch * staba- m. , das auch für sich allein "Buchstabe" bedeuten konnte. Diese Bedeutung "Buchstabe, Zeichen", aus der sich alle anderen herleiten lassen, kann mit dem Wort "Buche" (so die übliche Etymologie) aus formalen und sachlichen Gründen nichts zu tun haben: aus formalen Gründen, weil das Wort * bōk-s "Buchstabe" ursprünglich ein Wurzelnomen war und die angebliche Grundlage * bōkō "Buche" ein femininer ō-Stamm; aus sachlichen, weil nirgends das Schreiben von Runen (um das es ursprünglich gegangen sein muß) auf Buchentafeln bezeugt ist. Andererseits kann die allgemeinere Bedeutung "Zeichen" aus "Loszeichen, Los" stammen, wie etwa der lett. Neologismus burts "Buchstabe", eigentlich "Zauberzeichen", zu lit. bùrtai m. Pl. "Los, Zauberei, Wahrsagerei", zu lit. bùrti "zaubern, weissagen" (zum Sachlichen vgl. für das Germanische v.a. Tacitus Germania 10). Deshalb kann sich das germanische Wort vergleichen mit ai. bhága- "Wohlstand, Glück, Besitz", avest. baga- "Anteil, Los", mit Langvokal ai. bhāgá- "Anteil, Los, Schicksal", avest. bāga- "Anteil" (auch Wurzelnomina sind bezeugt, allerdings mit weniger genauer Bedeutungsentsprechung), zu ai. bhájati "teilt zu". Kollektivum: Bücherei. Ebenso nndl. boek, ne. book, nschw. bok, nisl. bók; "buchen", "Buchstabe".
✎ RGA 4 (1981), 34-37;
Seebold (1981), 290-292;
Ebbinghaus, E. A. GL 22 (1982), 99-103;
Peeters, Ch. GL 22 (1982), 266;
LM 2 (1983), 802-811;
Seebold, E. in Brogyanyi/Krömmelbein (1986), 527-532;
Ebbinghaus, E. A. AJGLL 3 (1991), 51-56;
Röhrich 1 (1991), 274f.;
Szemerényi, O. FS Meid (1989), 368-378 (anders [Entlehnung aus dem Türkischen]);
Griepentrog (1995), 59-77. gemeingermanisch iz.
✎ RGA 4 (1981), 34-37;
Seebold (1981), 290-292;
Ebbinghaus, E. A. GL 22 (1982), 99-103;
Peeters, Ch. GL 22 (1982), 266;
LM 2 (1983), 802-811;
Seebold, E. in Brogyanyi/Krömmelbein (1986), 527-532;
Ebbinghaus, E. A. AJGLL 3 (1991), 51-56;
Röhrich 1 (1991), 274f.;
Szemerényi, O. FS Meid (1989), 368-378 (anders [Entlehnung aus dem Türkischen]);
Griepentrog (1995), 59-77. gemeingermanisch iz.