Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zypern
Zypern⃟ Fläche: 9 251 km2
Einwohner: (1995) 800 000
Hauptstadt: Nikosia
Verwaltungsgliederung: 4 Bezirke im S-Teil, 2 im N-Teil
Amtssprachen: Neugriechisch bzw. Türkisch
Nationalfeiertag: 1. 10.
Währung: 1 Z.-Pfund (Z£) = 100 Cents (c); im türkisch besetzten Teil: 1 Türkisches Pfund/Türkische Lira (TL.) = 100 Kuruş (krş.)
Zeitzone: MEZ + 1 Std.
(Cypern, ngrch. Kypros, amtlich ngrch. Kypriaki Dimokratia, türk. Kɪbrɪs Cumhuriyeti, engl. Republic of Cyprus), Inselstaat im östl. Mittelmeer. De facto ist Z. geteilt in ein griechisch-zypr. Gebiet (5 896 km2, 620 000 Ew.) im S und ein türkisch-zypr. Gebiet (proklamiert zur »Türk. Rep. Nord-Z.«; 3 355 km2, 180 000 Ew.) nördlich der Linie Lefka, Nikosia, Famagusta.
Staat und Recht: Nach der formal noch gültigen Verf. von 1960 ist Z. eine präsidiale Rep. mit zwei sich selbst verwaltenden Volksgruppen; de facto besteht Z. jedoch aus zwei politisch, wirtschaftlich und verwaltungsmäßig getrennten Teilen, dem internat. anerkannten grch.-zypr. S-Teil und dem türkisch-zypr. N-Teil, der als Türk. Rep. Nord-Z. (am 15. 11. 1983 proklamiert) nur von der Türkei anerkannt wird.
Griechisch-zypr. Teil: Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive (Reg.chef) ist der Präs. (auf fünf Jahre direkt gewählt). Er ernennt und entlässt die Mitgl. des Kabinetts. Die Legislative liegt beim Repräsentantenhaus, bestehend aus 80 Abg., auf fünf Jahre gewählt, davon 56 für den grch. Bevölkerungsteil und 24 für die türk. Zyprer (vakant). Einflussreichste Parteien: Demokrat. Sammlung (DISY), Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL), Demokrat. Partei (DIKO), Vereinigte Demokrat. Union (EDEK).
Türkisch-zypr. Teil: Nach der Verf. vom 5. 5. 1985 liegt die Legislative bei der Gesetzgebenden Versammlung (50 Abg., für fünf Jahre gewählt), die Exekutive bei der Reg. unter Vorsitz des MinPräs. Der auf fünf Jahre direkt gewählte Präs. hat als Staatsoberhaupt im Wesentlichen repräsentative Funktionen. Wichtigste Parteien: Nat. Einheitspartei (UBP), Demokrat. Partei (DP), Republikanisch Türk. Partei (CTP).
Landesnatur: Z. ist die drittgrößte Mittelmeerinsel. Im N erhebt sich hinter einer schmalen Küstenebene steil die N- oder Kyreniakette (im Kyparisso 1 024 m ü. M.). Südlich davon erstreckt sich eine weite Ebene (Mesaoria), das frühere Hauptanbaugebiet Zyperns. An sie schließt sich das Troodosgebirge an (im Olympos 1 951 m ü. M.), das nach W, S und O allmählich in unterschiedlich breite Küstenebenen übergeht. Z. hat typisch mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern; durchschnittlich 480 mm Jahresniederschläge, im Troodos bis 1 000 mm.
Bevölkerung: Auf Z. leben Griechen (größtenteils Orthodoxe), die mit rd. 80 % in der Überzahl sind, und muslim. Türken, die etwa 18 % der Bev. stellen, ferner Armenier, Maroniten u. a. Aus dem kulturell und historisch begründeten Ggs. erwuchs die polit. Krise, die zur De-facto-Teilung der Insel mit der Umsiedlung eines Teils der Bev. geführt hat. In den griechisch-zypr. Teil kamen 1974 etwa 160 000 grch. Zyprer aus dem türk. N-Teil, außerdem etwa 70 000 Flüchtlinge aus dem Libanon. Umgekehrt flohen etwa 50 000 türk. Zyprer aus dem S in den türkisch-zypr. Teil der Insel. Außerdem wurden hier rd. 80 000 Türken aus Anatolien angesiedelt und 30 000 türk. Soldaten stationiert; nur etwa 500 Griechen blieben; im grch. Z. dagegen leben über 90 000 türk. Zyprer. - Im griechisch-zypr. Gebiet besteht neunjährige Schulpflicht; Univ. in Nikosia (grch. Teil); vier Univ. im türk. Teil.
Wirtschaft, Verkehr: Im griechisch-zypr. Teil konnten die durch die Ereignisse von 1974 entstandenen wirtsch. Verluste und Disproportionen schnell überwunden werden. Bei einer niedrigen Inflationsrate ist die ökonom. Leistungsfähigkeit höher als die der gesamten Insel vor 1974. Getreide- und Kartoffelanbau erfolgen in der zentralen Ebene, der Mesaoria, die aber künstlich bewässert werden muss. Zitruskulturen sind um Limassol, Rebflächen in den südl. und östl. Troodosvorbergen konzentriert. Die Ind. ist der Hauptwirtschaftszweig mit Textil-, Schuh-, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung sowie dem Bauwesen. Größter Betrieb ist die Erdölraffinerie in Larnaka. Der Bergbau auf Kupfer- und Chromerz wurde eingestellt, abgebaut werden u. a. noch Marmor, Bentonit, Gips. Z. entwickelt sich zunehmend zu einem Offshorefinanzzentrum. Im internat. Schiffsregister steht das Land an dritter Stelle. Größter Devisenbringer ist der sich ständig ausweitende Tourismus (Zentren Limassol, Larnaka, Pafos). - Der türkisch-zypr. Teil ist ohne Wirtschaftshilfe der Türkei kaum lebensfähig, obwohl die landwirtschaftlich wertvollsten Anbaugebiete und die wichtigsten Ind.schwerpunkte nach der fakt. Teilung des Landes zum N-Teil kamen. Bei einer hohen Inflationsrate liegt das Pro-Kopf-Einkommen nur bei einem Drittel des vergleichbaren Wertes im Süden. Hauptanbau- und Hauptexportprodukte sind Zitrusfrüchte; weiterhin Anbau von Tabak und Gemüse. Die vorhandene Kapazität der Ind.standorte Nikosia, Famagusta und Kythrea wird aus Mangel an Arbeits- und Fachkräften nur zu einem Teil ausgelastet. Der ehem. bed. Tourismus beginnt sich wieder zu entwickeln. - Auf Z. gibt es keine Eisenbahn. Durch die Demarkationslinie wurde das Straßennetz zerschnitten. Im griechisch-zypr. Teil ist das Straßennetz 9 800 km lang (davon 50 % asphaltiert), im türkisch-zypr. Teil 6 000 km (über 80 % asphaltiert). Der vor der Teilung als Haupthafen von Z. geltende Hafen von Famagusta dient nur noch dem türkisch-zypr. Teil. Für den griechisch-zypr. Teil wurden Limassol und Larnaka (beide seit 1990/91 Freihäfen) als Tiefwasserhäfen ausgebaut. Da der internat. Flughafen von Nikosia auf der Demarkationslinie liegt, kann er derzeit nur von den UN benutzt werden. Im S wurde der Militärflughafen von Larnaka zum internat. Flughafen ausgebaut, 1983 der von Pafos eröffnet. Im N wurde östlich von Nikosia der Flughafen Ercan und 1986 der von Geçitkala eingerichtet.
Geschichte: Dank seiner geograph. Lage berührten sich seit jeher auf der Insel Z. (grch. Kypros, in hethit., akkad. und ägypt. Zeugnissen Alasia, hebr. Kittim, nach der phönik. Stadt Kition) die kulturellen und polit. Strömungen Europas und des Orients. Seit Ende der Jungsteinzeit bestimmte der Kupferbergbau (u. a. in Kalavassos) die Entwicklung der Insel: die Bez. des Metalls ist aus dem Namen der Insel herzuleiten (»aes Cyprium«). Seit Beginn der Bronzezeit (etwa 2300 v. Chr.) vermittelte Z. zw. Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Syrien sowie Ägypten. Seit etwa 1400 v. Chr. gehörte Z. in den Kulturkreis Mykenes. Etwa ab 1200 war es von Achäern, später von Griechen aus Kleinasien (Gründung u. a. von Salamis), seit etwa dem 10. Jh. von Phönikern besiedelt (Entstehung von Burgsiedlungen, die von Stadtkönigen beherrscht wurden). Ab 709 v. Chr. stand Z. zeitweilig unter assyr., ab 569 v. Chr. unter ägypt., ab 538 v. Chr. unter pers. Oberhoheit; es fiel 333 v. Chr. (Schlacht von Issos) an Alexander d. Gr., 294 v. Chr. an das Ptolemäerreich (Ägypten). Ab 58 v. Chr. römisch, gehörte Z. zur Prov. Cilicia (Kilikien). Durch die Missionsreise des Paulus wurde Z. 45 n. Chr. zu einem der ersten Missionsgebiete und hatte zu Beginn des 4. Jh. bereits drei Bischofssitze (die Selbstständigkeit der zypr. Kirche wurde 431 anerkannt). Nach Teilung des Röm. Reiches (395 n. Chr.) fiel es an Ostrom (Byzanz), nach arabisch-byzantin. Auseinandersetzungen um Z. (ab 647/649) stand es 688-965 unter gemeinsamer Herrschaft von Byzanz und dem Kalifat, dann unter der alleinigen Oberhoheit von Byzanz. - Während des 3. Kreuzzuges 1191 von Richard I. Löwenherz erobert, kam Z. 1193-1489 als Kreuzfahrerstaat unter die Herrschaft der frz. Dynastie Lusignan (Zurückdrängung des byzantin. Einflusses, Öffnung zum Abendland), danach unter die Herrschaft Venedigs, das Z. nach türk. Eroberung 1570/71 im venezianisch-osman. Sonderfrieden 1573 an die Osmanen abtrat. Allmählich entstand eine starke türk. Minderheit. Nach dem Russisch-Türk. Krieg (1877/78) wurde die Insel ab 4. 6. 1878 (bei formeller Anerkennung der türk. Oberhoheit) von Großbritannien verwaltet und nach dem Eintritt des Osman. Reiches in den Ersten Weltkrieg am 5. 11. 1914 von Großbritannien formell annektiert; im Frieden von Lausanne, 24. 7. 1923, von der Türkei und Griechenland anerkannt und seit 1. 5. 1925 brit. Kronkolonie. Unter Führung der orth. Kirche seit dem 19. Jh. zunehmende Forderungen nach Anschluss (»Enosis«) an Griechenland: erfolgloser Aufstand Sept. 1931, Unruhen nach 1945 (seit 1950 unter Führung des Erzbischofs Makarios III.). Seit 1955 Guerillakampf der griechisch-nationalist. Widerstandsorganisation E. O. K. A. unter G. Grivas gegen die brit. Kolonialmacht; 19./23. 2. 1959 britisch-griechisch-türk. Dreimächtevertrag (Z.-Abkommen) über die Unabhängigkeit von Z. und die Stationierung grch. und türk. Truppen. - Am 16. 8. 1960 Proklamation der Unabhängigkeit durch Staatspräs. Makarios (Beibehaltung der brit. Hoheitsrechte auf zwei militär. Stützpunkten; ab 14. 3. 1961 Commonwealth-Mitgl.). Nachdem Makarios das (durch die Verf. von 1960 garantierte) Proporzsystem hinsichtlich Reg. und Verw. entsprechend dem Bevölkerungsanteil (70 : 30) zugunsten der grch. Bevölkerungsmehrheit ändern wollte, kam es zu blutigen Kämpfen zw. den Volksgruppen der Griechen und Türken (21. 12. 1963; Austritt der türk. Vertreter aus der Reg. und Rückzug der türk. Volksgruppe in Enklaven). Im März 1964 Entsendung einer UN-Friedenstruppe; Bildung eigener Streitkräfte durch die türk. Zyprer (Z.-Türken) als Gegengewicht gegen die griechisch-zypr. Nationalgarde, im Dez. 1967 Errichtung der »Provisor. türkisch-zypr. Verw.«; Juni 1968 Aufnahme von Verhandlungen zw. R. Denktasch und G. Klerides u. a. über polit. Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Z.-Türken. Am 15. 7. 1974 Putsch der von grch. Offizieren befehligten Nationalgarde und Flucht Makarios' ins Ausland (bis Dez. 1974); am 20. 7. Landung türk. Truppen an der N-Küste, die trotz eines von den USA und der ergebnislosen Genfer Z.-Konferenz (25. 7.-14. 8. 1974; Großbritannien, Griechenland, Türkei) vermittelten Waffenstillstandes rd. 40 % des zypr. Territoriums im N und NO der Insel besetzten. In der Folgezeit entstanden, v. a. durch Flucht und Vertreibung zahlreicher grch. Zyprer (Z.-Griechen) aus dem N, nahezu geschlossene Siedlungsgebiete der beiden Volksgruppen. Im türkisch besetzten Teil erfolgte am 13. 2. 1975 die einseitige Proklamation des Türk. Föderationsstaates von Z. (nur von der Türkei anerkannt; Präs.: Denktasch, 1985, 1990 und 1995 wieder gewählt), am 15. 11. 1983 der Türk. Rep. Nord-Z. - Nach Makarios' Tod wurde S. Kiprianu (1977-88) Präs. der völkerrechtlich allein anerkannten Rep. Z.; die zypr. Türken und die Türkei betrachteten ihn aber nur als Repräsentanten des griechisch-zypr. Teils. Er lehnte verfassungspolit. Vorschläge der zypr. Türken (Umwandlung Z.s in eine Konföderation bzw. zwei separate Staaten) ab. Am 22. 2. 1988 wurde G. Vassiliou zum Präs. gewählt; er leitete neue polit. Verhandlungen mit der türk. Volksgruppe im N ein. Die Parlamentswahlen im Mai 1991 festigten die Stellung der konservativen DISY unter Klerides als stärkste Partei; Klerides wurde am 14. 2. 1993 zum Präs. gewählt (Wiederwahl am 15. 2. 1998).
Die am 5. 5. 1985 im türkisch-zypr. Teil (N-Teil) durch Volksentscheid angenommene Verf. hielt die Umwandlung Z.s in einen Bundesstaat offen. - In den von den UN 1984/85, 1988-92 und seit 1993/94 verstärkten Vermittlungsversuchen (1997 wieder aufgenommen) zur Lösung des Z.-Konflikts (»Volksgruppengespräche«) wird die Überwindung der Teilung und der Ausgleich zw. Z.-Griechen und -Türken gefordert. Der angestrebte EU-Beitritt Z.s (Aufnahmeantrag in die EG Juli 1990) und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 31. 3. 1998 riefen neue Spannungen hervor. Der türk. Norden bekräftigte seine Absicht, sich der Türkei anschließen zu wollen, und bildete 1998 mit dieser eine Freihandelszone. Inzwischen gilt Z., trotz der ungelösten Z.-Frage, als aussichtsreichster Kandidat für die nächste EU-Erweiterung (Ende 2002); dabei drängt die EU aber auf die Überwindung der Teilung der Insel.
▣ Literatur:
Schneider, A.: Z. 8 000 Jahre Geschichte: archäolog. Schätze, byzantin. Kirchen, got. Kathedralen. Köln 21989.
⃟ Gallas, K.: Byzantin. Griechenland. Festland, Inselwelt, Z. Dortmund 1993.
⃟ Gallas, K.: Z., Beiträge v. K. Hillenbrand. Nürnberg 1994.
⃟ Pfeifer, H.-G.: Z. Kultur u. Geschichte, Landschaft u. Brauchtum auf der Insel der Aphrodite. München 1994.
⃟ Z. Der »vergessene« europ. Konflikt, hg. v. K. Liebe. Unkel 1994.
⃟ Piller, M.: Z., die ungelöste Krise. Pfaffenweiler 1997.
⃟ Tzermias, P.: Geschichte der Republik Z. Tübingen 31998.
Einwohner: (1995) 800 000
Hauptstadt: Nikosia
Verwaltungsgliederung: 4 Bezirke im S-Teil, 2 im N-Teil
Amtssprachen: Neugriechisch bzw. Türkisch
Nationalfeiertag: 1. 10.
Währung: 1 Z.-Pfund (Z£) = 100 Cents (c); im türkisch besetzten Teil: 1 Türkisches Pfund/Türkische Lira (TL.) = 100 Kuruş (krş.)
Zeitzone: MEZ + 1 Std.
(Cypern, ngrch. Kypros, amtlich ngrch. Kypriaki Dimokratia, türk. Kɪbrɪs Cumhuriyeti, engl. Republic of Cyprus), Inselstaat im östl. Mittelmeer. De facto ist Z. geteilt in ein griechisch-zypr. Gebiet (5 896 km2, 620 000 Ew.) im S und ein türkisch-zypr. Gebiet (proklamiert zur »Türk. Rep. Nord-Z.«; 3 355 km2, 180 000 Ew.) nördlich der Linie Lefka, Nikosia, Famagusta.
Staat und Recht: Nach der formal noch gültigen Verf. von 1960 ist Z. eine präsidiale Rep. mit zwei sich selbst verwaltenden Volksgruppen; de facto besteht Z. jedoch aus zwei politisch, wirtschaftlich und verwaltungsmäßig getrennten Teilen, dem internat. anerkannten grch.-zypr. S-Teil und dem türkisch-zypr. N-Teil, der als Türk. Rep. Nord-Z. (am 15. 11. 1983 proklamiert) nur von der Türkei anerkannt wird.
Griechisch-zypr. Teil: Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive (Reg.chef) ist der Präs. (auf fünf Jahre direkt gewählt). Er ernennt und entlässt die Mitgl. des Kabinetts. Die Legislative liegt beim Repräsentantenhaus, bestehend aus 80 Abg., auf fünf Jahre gewählt, davon 56 für den grch. Bevölkerungsteil und 24 für die türk. Zyprer (vakant). Einflussreichste Parteien: Demokrat. Sammlung (DISY), Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL), Demokrat. Partei (DIKO), Vereinigte Demokrat. Union (EDEK).
Türkisch-zypr. Teil: Nach der Verf. vom 5. 5. 1985 liegt die Legislative bei der Gesetzgebenden Versammlung (50 Abg., für fünf Jahre gewählt), die Exekutive bei der Reg. unter Vorsitz des MinPräs. Der auf fünf Jahre direkt gewählte Präs. hat als Staatsoberhaupt im Wesentlichen repräsentative Funktionen. Wichtigste Parteien: Nat. Einheitspartei (UBP), Demokrat. Partei (DP), Republikanisch Türk. Partei (CTP).
Landesnatur: Z. ist die drittgrößte Mittelmeerinsel. Im N erhebt sich hinter einer schmalen Küstenebene steil die N- oder Kyreniakette (im Kyparisso 1 024 m ü. M.). Südlich davon erstreckt sich eine weite Ebene (Mesaoria), das frühere Hauptanbaugebiet Zyperns. An sie schließt sich das Troodosgebirge an (im Olympos 1 951 m ü. M.), das nach W, S und O allmählich in unterschiedlich breite Küstenebenen übergeht. Z. hat typisch mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern; durchschnittlich 480 mm Jahresniederschläge, im Troodos bis 1 000 mm.
Bevölkerung: Auf Z. leben Griechen (größtenteils Orthodoxe), die mit rd. 80 % in der Überzahl sind, und muslim. Türken, die etwa 18 % der Bev. stellen, ferner Armenier, Maroniten u. a. Aus dem kulturell und historisch begründeten Ggs. erwuchs die polit. Krise, die zur De-facto-Teilung der Insel mit der Umsiedlung eines Teils der Bev. geführt hat. In den griechisch-zypr. Teil kamen 1974 etwa 160 000 grch. Zyprer aus dem türk. N-Teil, außerdem etwa 70 000 Flüchtlinge aus dem Libanon. Umgekehrt flohen etwa 50 000 türk. Zyprer aus dem S in den türkisch-zypr. Teil der Insel. Außerdem wurden hier rd. 80 000 Türken aus Anatolien angesiedelt und 30 000 türk. Soldaten stationiert; nur etwa 500 Griechen blieben; im grch. Z. dagegen leben über 90 000 türk. Zyprer. - Im griechisch-zypr. Gebiet besteht neunjährige Schulpflicht; Univ. in Nikosia (grch. Teil); vier Univ. im türk. Teil.
Wirtschaft, Verkehr: Im griechisch-zypr. Teil konnten die durch die Ereignisse von 1974 entstandenen wirtsch. Verluste und Disproportionen schnell überwunden werden. Bei einer niedrigen Inflationsrate ist die ökonom. Leistungsfähigkeit höher als die der gesamten Insel vor 1974. Getreide- und Kartoffelanbau erfolgen in der zentralen Ebene, der Mesaoria, die aber künstlich bewässert werden muss. Zitruskulturen sind um Limassol, Rebflächen in den südl. und östl. Troodosvorbergen konzentriert. Die Ind. ist der Hauptwirtschaftszweig mit Textil-, Schuh-, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung sowie dem Bauwesen. Größter Betrieb ist die Erdölraffinerie in Larnaka. Der Bergbau auf Kupfer- und Chromerz wurde eingestellt, abgebaut werden u. a. noch Marmor, Bentonit, Gips. Z. entwickelt sich zunehmend zu einem Offshorefinanzzentrum. Im internat. Schiffsregister steht das Land an dritter Stelle. Größter Devisenbringer ist der sich ständig ausweitende Tourismus (Zentren Limassol, Larnaka, Pafos). - Der türkisch-zypr. Teil ist ohne Wirtschaftshilfe der Türkei kaum lebensfähig, obwohl die landwirtschaftlich wertvollsten Anbaugebiete und die wichtigsten Ind.schwerpunkte nach der fakt. Teilung des Landes zum N-Teil kamen. Bei einer hohen Inflationsrate liegt das Pro-Kopf-Einkommen nur bei einem Drittel des vergleichbaren Wertes im Süden. Hauptanbau- und Hauptexportprodukte sind Zitrusfrüchte; weiterhin Anbau von Tabak und Gemüse. Die vorhandene Kapazität der Ind.standorte Nikosia, Famagusta und Kythrea wird aus Mangel an Arbeits- und Fachkräften nur zu einem Teil ausgelastet. Der ehem. bed. Tourismus beginnt sich wieder zu entwickeln. - Auf Z. gibt es keine Eisenbahn. Durch die Demarkationslinie wurde das Straßennetz zerschnitten. Im griechisch-zypr. Teil ist das Straßennetz 9 800 km lang (davon 50 % asphaltiert), im türkisch-zypr. Teil 6 000 km (über 80 % asphaltiert). Der vor der Teilung als Haupthafen von Z. geltende Hafen von Famagusta dient nur noch dem türkisch-zypr. Teil. Für den griechisch-zypr. Teil wurden Limassol und Larnaka (beide seit 1990/91 Freihäfen) als Tiefwasserhäfen ausgebaut. Da der internat. Flughafen von Nikosia auf der Demarkationslinie liegt, kann er derzeit nur von den UN benutzt werden. Im S wurde der Militärflughafen von Larnaka zum internat. Flughafen ausgebaut, 1983 der von Pafos eröffnet. Im N wurde östlich von Nikosia der Flughafen Ercan und 1986 der von Geçitkala eingerichtet.
Geschichte: Dank seiner geograph. Lage berührten sich seit jeher auf der Insel Z. (grch. Kypros, in hethit., akkad. und ägypt. Zeugnissen Alasia, hebr. Kittim, nach der phönik. Stadt Kition) die kulturellen und polit. Strömungen Europas und des Orients. Seit Ende der Jungsteinzeit bestimmte der Kupferbergbau (u. a. in Kalavassos) die Entwicklung der Insel: die Bez. des Metalls ist aus dem Namen der Insel herzuleiten (»aes Cyprium«). Seit Beginn der Bronzezeit (etwa 2300 v. Chr.) vermittelte Z. zw. Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Syrien sowie Ägypten. Seit etwa 1400 v. Chr. gehörte Z. in den Kulturkreis Mykenes. Etwa ab 1200 war es von Achäern, später von Griechen aus Kleinasien (Gründung u. a. von Salamis), seit etwa dem 10. Jh. von Phönikern besiedelt (Entstehung von Burgsiedlungen, die von Stadtkönigen beherrscht wurden). Ab 709 v. Chr. stand Z. zeitweilig unter assyr., ab 569 v. Chr. unter ägypt., ab 538 v. Chr. unter pers. Oberhoheit; es fiel 333 v. Chr. (Schlacht von Issos) an Alexander d. Gr., 294 v. Chr. an das Ptolemäerreich (Ägypten). Ab 58 v. Chr. römisch, gehörte Z. zur Prov. Cilicia (Kilikien). Durch die Missionsreise des Paulus wurde Z. 45 n. Chr. zu einem der ersten Missionsgebiete und hatte zu Beginn des 4. Jh. bereits drei Bischofssitze (die Selbstständigkeit der zypr. Kirche wurde 431 anerkannt). Nach Teilung des Röm. Reiches (395 n. Chr.) fiel es an Ostrom (Byzanz), nach arabisch-byzantin. Auseinandersetzungen um Z. (ab 647/649) stand es 688-965 unter gemeinsamer Herrschaft von Byzanz und dem Kalifat, dann unter der alleinigen Oberhoheit von Byzanz. - Während des 3. Kreuzzuges 1191 von Richard I. Löwenherz erobert, kam Z. 1193-1489 als Kreuzfahrerstaat unter die Herrschaft der frz. Dynastie Lusignan (Zurückdrängung des byzantin. Einflusses, Öffnung zum Abendland), danach unter die Herrschaft Venedigs, das Z. nach türk. Eroberung 1570/71 im venezianisch-osman. Sonderfrieden 1573 an die Osmanen abtrat. Allmählich entstand eine starke türk. Minderheit. Nach dem Russisch-Türk. Krieg (1877/78) wurde die Insel ab 4. 6. 1878 (bei formeller Anerkennung der türk. Oberhoheit) von Großbritannien verwaltet und nach dem Eintritt des Osman. Reiches in den Ersten Weltkrieg am 5. 11. 1914 von Großbritannien formell annektiert; im Frieden von Lausanne, 24. 7. 1923, von der Türkei und Griechenland anerkannt und seit 1. 5. 1925 brit. Kronkolonie. Unter Führung der orth. Kirche seit dem 19. Jh. zunehmende Forderungen nach Anschluss (»Enosis«) an Griechenland: erfolgloser Aufstand Sept. 1931, Unruhen nach 1945 (seit 1950 unter Führung des Erzbischofs Makarios III.). Seit 1955 Guerillakampf der griechisch-nationalist. Widerstandsorganisation E. O. K. A. unter G. Grivas gegen die brit. Kolonialmacht; 19./23. 2. 1959 britisch-griechisch-türk. Dreimächtevertrag (Z.-Abkommen) über die Unabhängigkeit von Z. und die Stationierung grch. und türk. Truppen. - Am 16. 8. 1960 Proklamation der Unabhängigkeit durch Staatspräs. Makarios (Beibehaltung der brit. Hoheitsrechte auf zwei militär. Stützpunkten; ab 14. 3. 1961 Commonwealth-Mitgl.). Nachdem Makarios das (durch die Verf. von 1960 garantierte) Proporzsystem hinsichtlich Reg. und Verw. entsprechend dem Bevölkerungsanteil (70 : 30) zugunsten der grch. Bevölkerungsmehrheit ändern wollte, kam es zu blutigen Kämpfen zw. den Volksgruppen der Griechen und Türken (21. 12. 1963; Austritt der türk. Vertreter aus der Reg. und Rückzug der türk. Volksgruppe in Enklaven). Im März 1964 Entsendung einer UN-Friedenstruppe; Bildung eigener Streitkräfte durch die türk. Zyprer (Z.-Türken) als Gegengewicht gegen die griechisch-zypr. Nationalgarde, im Dez. 1967 Errichtung der »Provisor. türkisch-zypr. Verw.«; Juni 1968 Aufnahme von Verhandlungen zw. R. Denktasch und G. Klerides u. a. über polit. Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Z.-Türken. Am 15. 7. 1974 Putsch der von grch. Offizieren befehligten Nationalgarde und Flucht Makarios' ins Ausland (bis Dez. 1974); am 20. 7. Landung türk. Truppen an der N-Küste, die trotz eines von den USA und der ergebnislosen Genfer Z.-Konferenz (25. 7.-14. 8. 1974; Großbritannien, Griechenland, Türkei) vermittelten Waffenstillstandes rd. 40 % des zypr. Territoriums im N und NO der Insel besetzten. In der Folgezeit entstanden, v. a. durch Flucht und Vertreibung zahlreicher grch. Zyprer (Z.-Griechen) aus dem N, nahezu geschlossene Siedlungsgebiete der beiden Volksgruppen. Im türkisch besetzten Teil erfolgte am 13. 2. 1975 die einseitige Proklamation des Türk. Föderationsstaates von Z. (nur von der Türkei anerkannt; Präs.: Denktasch, 1985, 1990 und 1995 wieder gewählt), am 15. 11. 1983 der Türk. Rep. Nord-Z. - Nach Makarios' Tod wurde S. Kiprianu (1977-88) Präs. der völkerrechtlich allein anerkannten Rep. Z.; die zypr. Türken und die Türkei betrachteten ihn aber nur als Repräsentanten des griechisch-zypr. Teils. Er lehnte verfassungspolit. Vorschläge der zypr. Türken (Umwandlung Z.s in eine Konföderation bzw. zwei separate Staaten) ab. Am 22. 2. 1988 wurde G. Vassiliou zum Präs. gewählt; er leitete neue polit. Verhandlungen mit der türk. Volksgruppe im N ein. Die Parlamentswahlen im Mai 1991 festigten die Stellung der konservativen DISY unter Klerides als stärkste Partei; Klerides wurde am 14. 2. 1993 zum Präs. gewählt (Wiederwahl am 15. 2. 1998).
Die am 5. 5. 1985 im türkisch-zypr. Teil (N-Teil) durch Volksentscheid angenommene Verf. hielt die Umwandlung Z.s in einen Bundesstaat offen. - In den von den UN 1984/85, 1988-92 und seit 1993/94 verstärkten Vermittlungsversuchen (1997 wieder aufgenommen) zur Lösung des Z.-Konflikts (»Volksgruppengespräche«) wird die Überwindung der Teilung und der Ausgleich zw. Z.-Griechen und -Türken gefordert. Der angestrebte EU-Beitritt Z.s (Aufnahmeantrag in die EG Juli 1990) und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 31. 3. 1998 riefen neue Spannungen hervor. Der türk. Norden bekräftigte seine Absicht, sich der Türkei anschließen zu wollen, und bildete 1998 mit dieser eine Freihandelszone. Inzwischen gilt Z., trotz der ungelösten Z.-Frage, als aussichtsreichster Kandidat für die nächste EU-Erweiterung (Ende 2002); dabei drängt die EU aber auf die Überwindung der Teilung der Insel.
▣ Literatur:
Schneider, A.: Z. 8 000 Jahre Geschichte: archäolog. Schätze, byzantin. Kirchen, got. Kathedralen. Köln 21989.
⃟ Gallas, K.: Byzantin. Griechenland. Festland, Inselwelt, Z. Dortmund 1993.
⃟ Gallas, K.: Z., Beiträge v. K. Hillenbrand. Nürnberg 1994.
⃟ Pfeifer, H.-G.: Z. Kultur u. Geschichte, Landschaft u. Brauchtum auf der Insel der Aphrodite. München 1994.
⃟ Z. Der »vergessene« europ. Konflikt, hg. v. K. Liebe. Unkel 1994.
⃟ Piller, M.: Z., die ungelöste Krise. Pfaffenweiler 1997.
⃟ Tzermias, P.: Geschichte der Republik Z. Tübingen 31998.