Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zwölftontechnik
Zwölftontechnik(Dodekaphonie), um 1920 von A. Schönberg entwickelte »Kompositionstechnik mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen«. Dies setzt die temperierte Stimmung voraus, welche die Oktaven in 12 gleiche Intervalle teilt. Grundlage der Z. ist eine Reihe, die alle Töne der chromat. Skala (ohne Wiederholung eines Tones) enthält. Aus einer Reihe können, da die Rhythmisierung und die Oktavlage frei bestimmbar sind, die verschiedensten musikal. Gedanken (Motive, Themen u. a.) abgeleitet werden. Die Reihe erscheint in 48 grundsätzlich gleichberechtigten Gestalten: in ihrer Original- oder Grundgestalt, in der Umkehrung, in der rückläufigen Gestalt (Krebs) oder in der umgekehrten rückläufigen Gestalt (Umkehrung des Krebses), die jeweils auf die 12 versch. Stufen transponiert werden können. Die Satztechnik der Z. ist überwiegend polyphon. Vorausgesetzt ist die grundsätzl. Gleichberechtigung aller Akkorde, d. h. das quantitative und bedeutungsmäßige Überwiegen der Dissonanz und (damit eng verbunden) die Atonalität (atonale Musik). In Z. komponierten nach Schönberg A. Berg, A. von Webern, H. Eisler, E. Krenek, L. Dallapiccola u. a., nach 1947 auch H. W. Henze, W. Fortner, I. Strawinsky u. a. Galt es zunächst, eine Komposition aus nur einer einzigen Reihe zu entwickeln, so leitete Schönberg bereits seit 1929 Nebenformen aus Reihenteilen ab; Berg entwickelte in »Lulu« aus einer Reihe neue Reihen, während Krenek versuchte, den Reihenzwang zu brechen, indem er einzelne Töne innerhalb bestimmter Gruppen nach bestimmten Regeln umstellte. Die Übertragung der Reihenidee von der Tonhöhe auf die anderen Eigenschaften der Töne führte zur seriellen Musik. - Die von J. M. Hauer unabhängig von Schönberg seit 1918 entwickelte Z. beruht nicht auf Reihen, sondern auf Tropen. Jede Trope besteht aus zwei sich zu einer Zwölftongruppe ergänzenden Sechstongruppen, innerhalb deren die Töne allerdings beliebig umgestellt werden können. Die Aufeinanderfolge der Tropen (es gibt insgesamt 44) ist keinen bestimmten Regeln unterworfen.
Literatur:
Eimert, H.: Lehrbuch der Z. Wiesbaden 91981.
Milstein, S.: Arnold Schoenberg: notes, sets, forms. Cambridge u. a. 1992.
Schönberg, A.: Stil u. Gedanke. Tb.-Ausg., hg. v. I. Vojtech. Frankfurt am Main 1992.
Wuorinen, C.: Simple composition. Leipzig u. a. 1994.
Schmidt, Matthias: Theorie u. Praxis der Z. Laaber 1998.
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