Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zwingli
Zwịngli,Ulrich (Huldrych), schweizer. evang. Theologe, Reformator der deutschsprachigen Schweiz, * Wildhaus (Kt. St. Gallen) 1. 1. 1484, Ȅ bei Kappel am Albis 11. 10. 1531; Studium der scholast. Theologie (Via antiqua) in Wien und Basel; 1506-16 Pfarrer in Glarus und Feldprediger in den Schlachten von Novara (1513) und Marignano (1515); seit 1516 Leutpriester (Seelsorger ohne eigene Pfarrstelle) in Einsiedeln, seit 1519 am Großmünster in Zürich; 1515 Bekanntschaft mit Erasmus von Rotterdam; gelangte über dessen Schriften zu einer humanist. Auffassung des Christentums, entwickelte jedoch in der Folgezeit schrittweise über Paulus und Augustinus, beeinflusst auch durch persönl. Erlebnisse (Erkrankung in der Pestzeit [1519/20]) und die Lektüre von Schriften Luthers, ein reformator. Verständnis des Evangeliums; trat 1522 mit einer gegen das Fastengebot gerichteten Schrift (»Von erkiesen und fryheit der spysen«) erstmals öffentlich im Sinne der Reformation auf; entwickelte in der Folge unabhängig von Luther und konsequenter als dieser ein kirchl. Reformprogramm, das er seit 1523 in Zürich im Bündnis mit dem Rat der Stadt durchsetzte. Nach der Hl. Schrift als der »(Richt-)Schnur Christi« sollte alles beseitigt werden, was sich nicht aus ihr begründen ließ; Heiligenbilder, Klöster, Prozessionen, Orgelspiel, Gemeindegesang, Firmung, Letzte Ölung u. a. wurden abgeschafft, das Abendmahl auf vier Sonntage im Jahr beschränkt. Von Zürich aus breitete sich die reformator. Bewegung in der deutschsprachigen Schweiz aus und entwickelte sich zu einem eigenständigen Zweig der Reformation. Z.s Versuch, die Reformation in der ganzen Schweiz durchzusetzen, führte zu polit. Konflikten mit den katholisch gebliebenen Kantonen und schließlich zum 2. Kappeler Krieg, in dem Z. als Feldprediger auf der Seite Zürichs fiel. - Die Theologie Z.s betont die unbedingte Souveränität Gottes, Glaube ist Zeichen seiner Erwählung. Gott kann aber auch Nichtchristen zum Heil erwählen. Die Sakramente werden als Zeichenhandlungen des Menschen angesehen, in denen sich diese symbolisch an das durch Jesus Christus erworbene Heil erinnern (theolog. Hauptgegensatz zu Luthers Lehre von der Realpräsenz; Abendmahl). Das Verhältnis von Staat und Kirche wird vergleichbar dem Verhältnis von Leib und Seele beschrieben. Bürger- und Christengemeinde stehen als christl. »Polis« unter dem Evangelium als dem neuen Gesetz Jesu Christi, weshalb für Z., anders als bei Luther angelegt (Zweireichelehre), ihre systematisch-theolog. Trennung in zwei separate Bereiche (»Reiche«) nicht möglich ist.
Literatur:
Haas, M.: Huldrych Z. u. seine Zeit. Leben u. Werk des Zürcher Reformators. Zürich 31982.
Gäbler, U.: Huldrych Z. Eine Einführung in sein Leben u. sein Werk. München 1983.
Aland, K.: Die Reformatoren Luther, Melanchthon, Z., Calvin. Gütersloh 41986.
Stephens, P.: Z. Einführung in sein Denken. A. d. Engl. Zürich 1997.
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