Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zwangsarbeit
Zwangsarbeit,»i. Allg. jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat« (Definition der Internat. Arbeitsorganisation [IAO] von 1930); i. e. S. ein selbstständiger Typ der schweren Freiheitsstrafe. In Dtl. setzt Art. 12 Abs. 2 und 3 GG der Z. grundrechtl. Grenzen; danach sind Arbeitszwang, bei dem es um die zwangsweise Heranziehung zu einer bestimmten Arbeit oder einzelnen Dienstleistungspflichten geht, und Z., bei der es um den Zwang zur Arbeit überhaupt geht, ohne dass dieser inhaltlich oder zeitlich begrenzt ist, zu unterscheiden. Z. ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig und muss sich dabei im Rahmen der Menschenwürde und der Verhältnismäßigkeit halten. Die im Strafvollzugs-Ges. vorgesehene Arbeitspflicht hat keinen Sanktionscharakter, sondern soll der Vorbereitung des Gefangenen auf eine Erwerbstätigkeit in Freiheit dienen. Sie ist ihrerseits mit Disziplinarmaßnahmen durchsetzbar und wird in gewissem Umfang entlohnt. Sowohl von Z. als auch von Arbeitszwang sind die im Rahmen der Notstandsverfassung zulässigen Dienstverpflichtungen zu unterscheiden. Entsprechende Bestimmungen zur Arbeitspflicht kennen auch Österreich und die Schweiz.
In diktatorisch regierten Staaten wurde bes. im 20. Jh. die Z. als polit. Machtmittel missbraucht. Das kommunist. Reg.-System der UdSSR entwickelte seit 1917 ein weit verzweigtes Netz von Straflagern (Archipel GULAG), in dem die Insassen bestimmter Lager unter meist inhumanen Bedingungen Z. verrichten mussten. - Mit der Verschärfung des Arbeitskräftemangels im nat.-soz. Dtl. bes. ab 1942 wurden zur Sicherung der erforderl. landwirtsch., industriellen und militär. Produktion Millionen von Menschen (im August 1944: 7,8 Mio.) v. a. aus den besetzten Gebieten zur Z. nach Dtl. deportiert bzw. in diesen Gebieten direkt zur Z. herangezogen. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen lagen insgesamt weit unter dem für dt. Arbeitskräfte übl. Standard; Arbeitskräfte aus Polen und der Sowjetunion wurden aus rassenideolog. Gründen meist unter völlig menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigt. Auch Kriegsgefangene und Häftlinge in den Konzentrationslagern wurden unter hohen Verlusten (»Vernichtung durch Arbeit«) zur Z. herangezogen. Die von den Nationalsozialisten eingesetzten Zwangsarbeiter haben im Regelfall Entschädigungen nach dem Bundesentschädigungs-Ges. (BEG) i. d. F. v. 29. 6. 1956 für die mit der Z. verbundene Freiheitsentziehung erhalten. Dadurch sind (nach bisheriger Rechtsprechung) auch weitergehende Vergütungsansprüche für die geleistete Z. mit abgegolten, da das BEG nach dem Willen des Gesetzgebers eine abschließende Regelung darstellt. Soweit Zwangsarbeiter des Nationalsozialismus, von denen heute noch mehr als eine Million zumeist in Osteuropa leben, nicht nach dem BEG entschädigt worden sind, können sie möglicherweise einen Anspruch auf Vergütung für geleistete Z. aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung geltend machen, für den die Bundesrep. Dtl. als Rechtsnachfolgerin des Dt. Reiches einstehen muss. Bereits seit Ende der 1980er-Jahre leisteten einzelne dt. Unternehmen freiwillige Entschädigungszahlungen. - Im Zuge der revolutionären gesellschaftl. Veränderungen in China (seit 1949), in ganz Vietnam und Kambodscha (seit 1975) wurden die Gegner einer marxistisch-leninist. Gesellschaftsordnung im Sinne einer polit. Bestrafung zu Z. verurteilt.
▣ Literatur:
Heusler, A.: Z. in der Münchener Kriegswirtschaft 1939-1945. München 1991.
⃟ Konzentrationslager u. dt. Wirtschaft 1939-1945, hg. v. H. Kaienburg. Opladen 1996.
⃟ Gruner, W.: Der geschlossene Arbeitseinsatz dt. Juden. Zur Z. als Element der Verfolgung 1938-1943. Berlin 1997.
In diktatorisch regierten Staaten wurde bes. im 20. Jh. die Z. als polit. Machtmittel missbraucht. Das kommunist. Reg.-System der UdSSR entwickelte seit 1917 ein weit verzweigtes Netz von Straflagern (Archipel GULAG), in dem die Insassen bestimmter Lager unter meist inhumanen Bedingungen Z. verrichten mussten. - Mit der Verschärfung des Arbeitskräftemangels im nat.-soz. Dtl. bes. ab 1942 wurden zur Sicherung der erforderl. landwirtsch., industriellen und militär. Produktion Millionen von Menschen (im August 1944: 7,8 Mio.) v. a. aus den besetzten Gebieten zur Z. nach Dtl. deportiert bzw. in diesen Gebieten direkt zur Z. herangezogen. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen lagen insgesamt weit unter dem für dt. Arbeitskräfte übl. Standard; Arbeitskräfte aus Polen und der Sowjetunion wurden aus rassenideolog. Gründen meist unter völlig menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigt. Auch Kriegsgefangene und Häftlinge in den Konzentrationslagern wurden unter hohen Verlusten (»Vernichtung durch Arbeit«) zur Z. herangezogen. Die von den Nationalsozialisten eingesetzten Zwangsarbeiter haben im Regelfall Entschädigungen nach dem Bundesentschädigungs-Ges. (BEG) i. d. F. v. 29. 6. 1956 für die mit der Z. verbundene Freiheitsentziehung erhalten. Dadurch sind (nach bisheriger Rechtsprechung) auch weitergehende Vergütungsansprüche für die geleistete Z. mit abgegolten, da das BEG nach dem Willen des Gesetzgebers eine abschließende Regelung darstellt. Soweit Zwangsarbeiter des Nationalsozialismus, von denen heute noch mehr als eine Million zumeist in Osteuropa leben, nicht nach dem BEG entschädigt worden sind, können sie möglicherweise einen Anspruch auf Vergütung für geleistete Z. aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung geltend machen, für den die Bundesrep. Dtl. als Rechtsnachfolgerin des Dt. Reiches einstehen muss. Bereits seit Ende der 1980er-Jahre leisteten einzelne dt. Unternehmen freiwillige Entschädigungszahlungen. - Im Zuge der revolutionären gesellschaftl. Veränderungen in China (seit 1949), in ganz Vietnam und Kambodscha (seit 1975) wurden die Gegner einer marxistisch-leninist. Gesellschaftsordnung im Sinne einer polit. Bestrafung zu Z. verurteilt.
▣ Literatur:
Heusler, A.: Z. in der Münchener Kriegswirtschaft 1939-1945. München 1991.
⃟ Konzentrationslager u. dt. Wirtschaft 1939-1945, hg. v. H. Kaienburg. Opladen 1996.
⃟ Gruner, W.: Der geschlossene Arbeitseinsatz dt. Juden. Zur Z. als Element der Verfolgung 1938-1943. Berlin 1997.