Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zucker
Zucker[zu italien. zucchero, entlehnt aus arab. sukkar], kristallines, wasserlösl., meist süß schmeckendes Kohlenhydrat aus der Reihe der Mono- und Oligosaccharide. Bei den Monosacchariden unterscheidet man nach der Anzahl der Kohlenstoffatome Triosen, Tetrosen, Pentosen, Hexosen und Heptosen. Von den Pentosen, C5H10O5, sind Arabinose, Xylose, Ribose und Desoxyribose bekannte Vertreter. Arabinose und Xylose sind Bausteine pflanzl. Polysaccharide, Ribose und Desoxyribose sind Bausteine der Nucleinsäuren. Hexosen, C6H12O6, kommen natürlich in der Glucose, Mannose, Galaktose und Fructose vor. Die wichtigste natürl. Heptose, C7H14O7, ist die in allen grünen Pflanzen enthaltene Seduheptulose. I. e. S. ist Z. die Bez. für das Disaccharid Saccharose, das v. a. aus Z.-Rüben und Z.-Rohr (Rüben-Z. bzw. Rohr-Z.) gewonnen wird.Gewinnung: Die auf einen Z.-Gehalt von 15 bis 20 % gezüchteten Rüben werden gewaschen, geschnitzelt und nach dem Gegenstromprinzip bis auf einen Restgehalt von 0,2 bis 0,3 % Z. extrahiert. Als Nebenprodukt bleiben die entzuckerten Schnitzel zurück, sie sind ein gutes Viehfutter. Der mechanisch vorgereinigte Rohsaft wird mit Löschkalk versetzt; die so gefällten bzw. zerstörten Z.-Begleitstoffe werden nach Einleiten von Kohlendioxid (Karbonatation I) mit dem gebildeten Calciumcarbonat als Scheideschlamm (Düngemittel) entfernt. Nach anschließender Karbonatation II mit Feinfiltration und Ionenaustausch zur optimalen Entkalkung wird der gereinigte Dünnsaft (12-15 % Trockenmasse) mehrstufig zu Dicksaft mit 65-68 % Trockenmasse eingedampft und dreimal zu Roh-Z. kristallisiert, der noch von Dicksaft (Sirup) umgeben ist; zurück bleibt die Melasse. Roh-Z. wird durch Abwaschen der Sirupreste (Affination) zu Weiß-Z. (Affinade), der durch Wiederauflösen, Aktivkohlebehandlung und erneute Kristallisation in Z.-Raffinerien die hochreine Raffinade ergibt. - Z.-Rohr (mit 12-17 % Saccharose) wird zerkleinert und ausgepresst (2-3 % Rest-Z.), der Rückstand (Bagasse) dient v. a. als Brennstoff oder unter Gewinnung des Zuckerrohrwachses zur Produktion von Papier, Pappe u. a.; Zuckerrohrrohsaft wird zur Z.-Herstellung ähnlich wie Zuckerrübenrohsaft aufgearbeitet. Das Bleichen von Z. oder ein Zusatz opt. Aufheller ist in Dtl. nicht zulässig.Z.-Arten und Handelsprodukte: Laut Zuckerarten-Verordnung vom 8. 3. 1976 (i. d. F. v. 22. 12. 1981) werden in Dtl. unterschieden: raffinierter Z. (raffinierter Weiß-Z., Raffinade), Z. (Weiß-Z.), Halbweiß-Z., Flüssig-Z., Invertflüssig-Z., Invertzuckersirup, Glucosesirup, getrockneter Glucosesirup, kristallwasserhaltige Dextrose (kristallwasserhaltiger Trauben-Z.) und kristallwasserfreie Dextrose. Dabei entspricht die Raffinade der EWG-Qualitätsstufe I und der Weiß-Z. der EWG-Qualitätsstufe II. Im Wesentlichen von der Form abgeleitete Handelsprodukte sind Würfel-Z., Puder-Z., Gelier-Z. (Raffinade mit Pektinzusatz), Kandis-Z., Hagel-Z., Z.-Hüte, Vanille-Z. (Mischung aus Z. und Vanillemark).Wirtschaft: Die Weltzuckerproduktion betrug 1996 (Rohzuckerwert) 36,6 Mio. t Rüben-Z. und 87,06 Mio. t Rohr-Z.; wichtigste Produktionsländer waren davon (jeweils in Mio. t) für Rüben-Z. Frankreich (4,93), Dtl. (4,6), die USA (3,5) und Ukraine (2,9) und für Rohr-Z. Indien (17,1), Brasilien (14,7), Thailand (6,1), China (5,6) und Australien (5,6).Geschichte: Die Kristallisation von Z. aus dem Saft des Z.-Rohrs wurde im 4. Jh. n. Chr. in Indien entdeckt. Die Araber vervollkommneten die Raffinationsmethoden, zur Zeit der Kreuzzüge gelangten der Z. und die Kenntnis der Z.-Gewinnung nach Europa. Die Möglichkeit der Gewinnung von Z. aus Rüben wurde 1747 von A. S. Marggraf entdeckt. Mit der Kontinentalsperre (1806) kam es in Frankreich und Dtl. zur Gründung von Rübenzuckerfabriken.
▣ Literatur:
Hobhouse, H.: Fünf Pflanzen verändern die Welt. Chinarinde, Z., Tee, Baumwolle, Kartoffel. A. d. Engl. München 41996.
▣ Literatur:
Hobhouse, H.: Fünf Pflanzen verändern die Welt. Chinarinde, Z., Tee, Baumwolle, Kartoffel. A. d. Engl. München 41996.