Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zirkus
Zịrkus[lat. zu grch. »Kreis«] der,
1) im röm. Altertum lang gestreckte Arena für Wagen- und Pferderennen (zirzensische Spiele). Auf der einen Schmalseite lagen das Eingangstor, daneben beiderseits die Carceres (Pferdeschuppen), darüber die Loge für die Veranstalter und in der Nähe die Schiedsrichtertribüne. Auf der zweiten, halbrunden Schmalseite befand sich die Porta triumphalis, durch die der Sieger die Arena verließ. - Der größte Z. des Altertums war der Circus maximus in Rom. Er war etwa 600 m lang und 150 m breit und fasste in augusteischer Zeit rd. 60 000 Zuschauer. Z.-Bauten gab es in der Kaiserzeit in fast allen größeren Städten.
2) ein i. d. R. mobiles Unternehmen, das, in einem Zwei- oder Viermastzelt (Chapiteau), ausgestattet mit einer Manege und ansteigenden Sitzreihen, Tierdressuren (u. a. Raubtiere), Reitkünste (u. a. hohe Schule), Akrobatik, Artistik und Clownerien anbietet sowie außerhalb der Vorstellungen eine Tierschau. Z. besitzen oft (v. a. für den Winter) feste Gebäude an ihrem Standort. - Als Begründer der noch heute gültigen Z.-Form gilt der Brite Philip Astley (* 1742, ✝ 1814), der 1768 bei London eine Reitschule gründete, in der auch Kunstreiterei vorgeführt wurde. Diese Vorführungen wurden schrittweise durch Auftritte von Seiltänzern, anderen Akrobaten und Clowns ergänzt, sodass ab 1770 von Z.-Vorführungen im heutigen Sinne gesprochen werden kann. Astley baute 1803 in London ein festes Z.-Gebäude; den von ihm in Paris gegr. Z. übernahm 1789 Antonio Franconi (* 1737, ✝ 1836), der mit Tourneen die europ. Z.-Kunst beeinflusste; 1807 gründeten seine Söhne in Paris das feste Z.-Gebäude »Cirque Olympique«. Nach 1845 wurde der dt. Z. tonangebend. Ernst Jakob Renz (* 1815, ✝ 1892) gründete in Berlin, Breslau, Bremen und Hamburg feste Z. Ein weiteres bekanntes Unternehmen war der von Paul Vincenz Busch (* 1850, ✝ 1927) gegr. »Z. Busch«. Ende des 19. Jh. wurden in den USA große Wander-Z. gegr., in denen in mehreren Manegen gleichzeitig Vorführungen stattfanden. Das bekannteste Unternehmen dieser Art wurde von dem amerikan. Schausteller Phineas Taylor Barnum (* 1810, ✝ 1891) gegründet. Große Wander-Z. in Dtl. sind u. a. »Z. Sarrasani«, »Z. Krone« und der 1976 gegr. »Z. Roncalli«; in der Schweiz arbeitet das vom dem Artisten Friedrich Knie (* 1784, ✝ 1850) gegr. Unternehmen seit 1919 unter dem Namen »Schweizer National Circus Knie«. Große internat. Bedeutung erlangte der »Moskauer Staats-Z.« durch Clowns wie Oleg K. Popow (* 1930) sowie durch die Perfektion der artist. Darbietungen. Außerdem wird in den letzten Jahren der poetisch-fantast. Z. gepflegt, z. B. von A. Heller.
Literatur:
Günther, E.u. Winkler, D.: Zirkusgeschichte. Ein Abriß der Geschichte des dt. Z. Berlin (Ost) 1986.
Schmitt, Winfried Christian u. Degener, V. W.: Z. Geschichte u. Geschichten. München 1991.
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